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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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Frau Michalkow die eine und Herr Iwanow die andere Hand des Kindes. Und beide zogen ihn in unterschiedliche Richtungen. Das Ganze wirkte wie ein wenig einfallsreich gestaltetes Cover eines Ratgebers über Scheidungskinder.
    Ich erlöste Boris, indem ich mich zu ihm kniete. Er schaute mich ein wenig erschrocken an. Wahrscheinlich befürchtete er, dass ich gleich ebenfalls einen Kuss einfordern und ihm diverse Dinge zum Essen aufdrängen wollte. Ich sagte ihm »Hallo« und hielt ihm die Hand hin. Frau Michalkow ließ los, Boris gab mir die Hand, und Herr Iwanow nutzte die Gelegenheit, seinen Sohn ins Wohnzimmer zu ziehen, wo er ihn auf das Sofa setzte: »Du jetzt essen.«
    Zum ersten Mal sprach Boris.
    Mit leiser Stimme sagte er: »Ich hab keinen Hunger. Ich möchte nichts essen.«
    Die Art, wie er das von sich gab, ließ mich vermuten, dass er diese beiden Sätze hier sehr häufig sagte bzw. sagen musste.
    »Warum du nichts essen? Wir extra gekocht für dich!« Herr Iwanow klang sehr vorwurfsvoll.
    Frau Michalkow kam hinzu und stellte mit einem »Da!« ein Tablett mit diversen Schüsseln und Tellern vor Boris.
    Er murmelte: »Ich hab keinen Hunger. Ich möchte nichts essen.«
    Frau Michalkow klagte etwas Russisches, fühlte Boris’ Stirn und schaute mich vorwurfsvoll an. »Krank! Kind krank!«
    Herr Iwanow lamentierte, dass all das doch für Boris gekocht worden war und er das nun essen solle. »Russisches Essen! Gut für dich! Nix deutsches Zeug! Wir extra für dich gemacht. Du essen jetzt!«
    Ich wollte gerade einschreiten, als Dimitri und Iwan nach Hause kamen. Auch sie baten Boris um einen Kuss, taten dies aber nur einmal und auch nicht mit der Vehemenz der Erwachsenen. Boris schien erleichtert, sie zu sehen, und wuselte hinter ihnen her in Iwans Zimmer.
    Frau Michalkow und Herr Iwanow setzten sich auf das Sofa und schalteten den Fernseher ein. Sie starrten auf den Bildschirm, und ihr leerer Gesichtsausdruck ließ mich vermuten, dass sie umgehend vergessen hatten, dass gerade ihr jüngster Sohn zu Besuch war und sie doch eigentlich nun Zeit mit ihm …
     
    Fast eine Stunde lang spielte Boris mit seinen großen Brüdern in Iwans Zimmer. Sie bauten mit ihm eine Autobahn, zeigten ihm, wie man kleine Autos driften lassen konnte, und begannen dann auf Boris’ Bitte mit ihm zu malen.
    Es war eine harmonische und nette Interaktion. Die beiden großen Brüder stellten sich als wirklich großartige Spielkameraden für Boris heraus. Aber ich musste nun der Spielverderber sein. Schließlich war ich hier, um die Interaktion der Eltern mit ihrem Kind zu beobachten. Diese hatte aber bislang lediglich exakt zehn Minuten gedauert und war davon abgesehen nicht gerade positiv verlaufen. Herr Iwanow und Frau Michalkow saßen seit über einer Stunde vor dem Fernseher und hatten nicht ein einziges Mal nach Boris geschaut.
    Ich wartete noch eine weitere halbe Stunde, um ihnen die Möglichkeit zu geben, von selbst auf die Idee zu kommen, sich mit ihrem Sohn zu beschäftigen. Schließlich hatte ich ihnen vorab erklärt, warum ich beim Besuchskontakt dabei sein wollte.
    Als nichts geschah, ging ich zurück zum Wohnzimmer und fragte, ob es möglich wäre, dass sie vielleicht etwas mit Boris gemeinsam tun könnten. Herr Iwanow erklärte daraufhin: »Kein Problem. Darf mit uns fernsehen.«
    »Vielleicht könnten Sie ja etwas im Kinderzimmer mit ihm machen. Malen oder etwas spielen?«
    Frau Michalkow hatte mich nicht verstanden und ließ sich von Herrn Iwanow übersetzen. Die beiden diskutierten eine Weile (mich beschlich dabei das Gefühl, dass es unter anderem darum ging, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte) und begaben sich dann Richtung Kinderzimmer.
    Herr Iwanow blieb im Türrahmen stehen. Ich glaube, er hatte diesen Raum noch nie betreten – und er hatte offenbar auch nicht vor, das zu ändern. Von der Tür aus wies er die Kinder an, jetzt aber mal aufzuräumen und nicht lauter Quatsch zu machen. Dann wandte er sich um und schlurfte wieder ins Wohnzimmer. Frau Michalkow hatte sich neben Boris gesetzt. Sie schaute auf das Feuerwehrauto, das dieser gerade malte.
    »Was das?«
    »Ein Feuerwehrauto.«
    »Was???«
    Dimitri erklärte mit Händen und Füßen und einem lauten »Tatütataaa«, bis seine Mutter verstanden hatte.
    Sie sah abermals auf Boris’ Bild.
    »Das falsch!«
    Sie nahm ihrem Sohn den Stift ab, strich sein gemaltes Feuerwehrauto durch und malte ein ihrer Ansicht nach »richtiges« Feuerwehrauto

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