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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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auch eine Arbeit oder so was. Also, zu mir können die jedenfalls nicht mehr. Und zu dem da (sie zeigte auf Herrn Dickmann) können die auch nicht. Weil die ja auch nicht bei mir sind.« Daraufhin stand sie auf und verkündete: »Ich verlange Gerechtigkeit! Jawohl!«
    Ihr Anwalt flüsterte ihr etwas zu, das wurde aber ignoriert.
    »Ich fordere, dass meine Kinder in ein Heim oder eine Pflegefamilie oder sonst wohin kommen.«
    Der Anwalt zupfte an ihrem Ärmel und schaute entschuldigend in die Runde, während die Mutter fortfuhr.
    »Sie sind das Gericht, und Sie müssen gerecht sein. Also können die Kinder gar nicht zu dem da.«
    Sprach es und verließ mit einem »Mehr habe ich nicht zu sagen« den Gerichtssaal.
    Unter dem fassungslosen Blick des Gerichts stürzte nun auch noch Frau Dickmann senior mit einem » MOOOOOMENTMALFROLLEIN !!« zur Tür und brüllte ihrer Schwiegertochter hinterher, dass sie eine versoffene Schlampe ohne Hirn sei, hier gar nichts zu sagen hätte und schon sehen würde, was sie davon hätte. Dann hielt sie kurz inne, schmetterte noch einige wüste Beschimpfungen in den mittlerweile leeren Flur des Gerichtsgebäudes, kam zurück und setzte sich wieder.
    Richter Nauerz sah mich mit leerem Blick an, Frau Hellmann wühlte in ihrer Tasche und hatte ihre blonden langen Haare wie den Vorhang einer Umkleidekabine vor ihr Gesicht gehängt, während der Anwalt der Mutter vor sich hin starrte und Herr Kuben, mein Lieblingsanwalt und Vertreter des Vaters, schmunzelnd auf seinem iPhone herumtippte.
     
    Mein Lieblingsanwalt war er, weil er sich stets sehr für seine Mandanten einsetzte, leidenschaftliche Schriftsätze verfasste, dabei aber immer an einer für die Kinder sinnvollen Lösung interessiert war und auch einiges dafür zu tun bereit war. Daneben hatte er einen herrlichen Sinn für Humor, der mich mehr als einmal um ein Haar dazu gebracht hätte, in einer Verhandlung laut zu lachen (wirklich nur um ein Haar – noch nie wirklich!).
     
    Frau Dickmann ließ sich wieder neben mir auf den Stuhl plumpsen, und Herr Nauerz bat mich fortzufahren. Ich rückte unbewusst ein Stück von Frau Dickmann weg, als ich zu dem Teil kam, in dem es um ihren Sohn ging.
    Gerade wollte ich beginnen, wohl wissend, dass mich Frau Dickmann senior nach jedem Halbsatz unterbrechen würde, doch dann kam mir die Idee, in der nun folgenden Einschätzung der Erziehungsfähigkeit des Herrn Dickmann so viele Fremdwörter und Fachtermini zu verwenden wie nur irgend möglich und die Sätze so kompliziert zu formulieren, dass ich Mühe hatte, mir selbst zu folgen. Natürlich hasse ich es, wenn Menschen sich in Anwesenheit fachfremder oder weniger gebildeter Personen so ausdrücken, dass sie kaum zu verstehen sind. Und ich tue das in mündlichen Verhandlungen selbstverständlich normalerweise nicht, denn ich möchte ja, dass mich alle verstehen. Außer an diesem Tag. Diesmal wollte ich ausschließlich vom Richter und den Anwälten verstanden werden. Dass Herr Dickmann mir nicht folgen konnte, nahm ich billigend in Kauf. Ich hatte mit ihm vor einigen Tagen ein ausführliches Abschlussgespräch gehabt und ihm alles genau erklärt. Er wusste also ohnehin schon, was ich sagen würde.
     
    Als ich fertig war, mich gerade einigermaßen zufrieden zurücklehnte und mir für meinen gelungenen Plan innerlich auf die Schulter klopfte, stupste mich Frau Dickmann mit ihrem dicken Zeigefinger schmerzhaft an die Schulter.
    Ich hatte sie mit meinem hochgestochenen Gerede nicht etwa ermüdet, wie ich angenommen hatte, sondern noch wütender gemacht.
    »Sagen Sie mal, Sie haben doch nicht mehr alle Latten am Zaun!«
    Vielleicht nicht, aber dafür ist mein Zaun plastikdeckchen- und gruselclownfrei, das sagte ich natürlich nicht laut.
    Hätte ich auch gar nicht gekonnt, denn Frau Dickmann redete nun ohne Punkt und Komma. Davon, dass die Frau Sachverständige dringend, und zwar am besten heute noch, in eine Anstalt eingewiesen werden müsse, dass der »Mischael« alles alleine könne und sie als Mischaels Mutter schließlich bestimmen werde, wo ihr Sohn wohne.
    Herr Kuben grinste mich an und schaffte es schließlich, Frau Dickmann mit erhobener Stimme und strengem Blick zu unterbrechen. »Sagen Sie, verehrte Frau Dickmann, könnten Sie vielleicht noch einmal genauer erläutern, aus welchen Gründen Sie meinen, die Frau Sachverständige sollte sich psychiatrisch behandeln lassen?«
    Frau Hellmann verschwand umgehend wieder hinter ihrem Haarvorhang, ich

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