Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)
das doch immer gemacht! Aber nicht mit mir! Das können Sie mal schön vergessen! Der Mischael bleibt, wo er ist!«
»Aber es geht doch um …«
»Ja, das will ich gar nicht wissen, worum es Ihnen geht, hören Sie mal! Sie mit Ihren verrückten Ideen! Vielleicht sollten SIE ja mal in eine Anstalt gehen! Aber nicht mein Mischael! Das kommt nicht in die Tüte! Nicht mit mir!«
»Frau Dickmann, Ihr Sohn …«
»Ja, eben! MEIN Sohn! Und da hab ich ja wohl ein Wörtchen mitzureden! Da brauchen Sie nicht zu denken, Sie könnten hier die Bestimmerin sein! Das kommt überhaupt nicht in Frage! Das ist MEIN Sohn und da werden wir ja wohl mal sehen!«
Sie legte auf.
Da hatte ich nun endlich einmal einen einsichtigen Vater, der bereit war, über seinen Schatten zu springen und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung anzunehmen, um das Beste für seine Kinder zu tun, und dann stellten sich zwei Frau Dickmanns in den Weg. Beide mit wenig sinnvollen Argumenten, aber dafür umso entschlossener.
Es wurde eine lange Gerichtsverhandlung. Mit einigen Überraschungen.
Zunächst mussten alle Beteiligten eine halbe Stunde auf die Mutter der Kinder warten, die sich mit einem genuschelten »nzschönvielverkehr« entschuldigte.
Doch dann flogen die Türen vom Gerichtssaal auf, und in meinem Kopf ertönte das musikalische Thema von Darth Vader, gespielt auf quietschenden Windrädern. Frau Dickmann senior hatte beschlossen, höchstpersönlich der Verhandlung beizuwohnen. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes und ich führten hinter Frau Dickmanns Rücken pantomimisch so etwas wie die Apokalypse auf, aber da der Richter gar nicht von seinen Akten aufsah, verpasste er das Schauspiel und damit auch unsere Bedenken gegen eine Teilnahme von Frau Dickmann senior an der Verhandlung. So nickte er schließlich nur und diktierte den Zusatz ins Protokoll, dass die Mutter des Kindervaters ebenfalls der Verhandlung beiwohnen werde.
Sie setzte sich in Ermangelung eines Platzes neben ihrem Sohn auf den Stuhl neben mir und raunte mir zu: »So, jetzt werden wir ja mal sehen, Fräulein!«
Ich dachte zunächst, ich hätte mich verhört, sah dann aber das verkrampfte Gesicht der Mitarbeiterin des Jugendamtes, Frau Hellmann, die sich nur mit Mühe das Lachen verkniff.
Noch bevor der Richter beginnen konnte, ergriff Frau Dickmann senior das Wort. »Also eins sag ich Ihnen, Herr Richter, der Mischael, der kommt mir nicht in so eine Anstalt! Das können Sie mal schön vergessen! Der kann das alles ganz alleine! Der braucht keine Hilfe! Und verrückt ist der schon gar nicht! Das ist höchstens die Frau Seeberg hier! Da sollten Sie mal jemanden schauen lassen, ob die nicht vielleicht in eine Anstalt muss! Das beantrage ich hiermit!«
Der Richter, Herr Nauerz, war ein recht junger, aber glücklicherweise sehr gelassener Familienrichter, der sich nicht schnell aus der Fassung bringen ließ. Auch nicht von Mischaels Mutter. Nun war ihm aber anzusehen, dass er sich gerade dafür verfluchte, Frau Dickmann die Teilnahme an der Verhandlung erlaubt zu haben.
»Frau Dickmann, erlauben Sie, dass wir jetzt erst einmal diese Familiensache verhandeln, bevor Sie irgendwelche Anträge stellen, ja?«
An Herrn und Frau Dickmann und deren Anwälte gewandt, fragte der Richter, ob jemand berechtigte Zweifel an der Kompetenz der Sachverständigen habe oder ob jemand einen Antrag auf Befangenheit oder Ähnliches stellen wolle. Dies wurde zunächst von allen verneint. Außer natürlich von Frau Dickmann senior. Und wie! Sie ließ sich abermals ausschweifend über mich aus und stachelte dadurch auch die Mutter der Kinder an, ihre Meinung über mich kundzutun. Sie sei ja ebenfalls der Meinung, dass die Frau Seeberg doch sehr seltsame Ideen habe, dass sie das mit der Anstalt auch voll nicht gut fände und vom Richter erwarte, dass er eine gerechte Lösung finden solle, nämlich die, dass die Kinder weder bei ihr noch beim Vater, sondern »irgendwo anders in einem Heim oder so was« wohnen sollten.
Herr Nauerz nickte langsam, eröffnete leise seufzend die Verhandlung und bat mich um eine kurze Zusammenfassung der Begutachtungsergebnisse.
Es folgte eine weitere Überraschung: Nach meinen Ausführungen bezüglich der Erziehungsfähigkeit der Mutter der Kinder erklärte diese nämlich, sie hätte sich ohnehin überlegt, dass sie die Kinder nicht mehr bei sich haben wolle. »Das ist mir alles zu stressig. Jetzt, wo die weg sind, geht’s mir viel besser. Vielleicht suche ich mir ja
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