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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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mehr. Er sei ihr angeblich lästig, weil sie durch ihn weniger Zeit und kaum mehr Geld habe. Wahrscheinlich werde sie ihn irgendwann einfach nicht mehr von der Schule abholen. Johannes, der sich ohnehin nicht leicht von seiner Mutter trennen konnte, hatte sich am Tag darauf geweigert zur Schule zu gehen. Johannes erschien der Mutter völlig verzweifelt und außer sich, und so hatte sie ihn nicht zur Schule geschickt und sich bei ihrer Arbeitsstelle entschuldigt. Schließlich hatte Johannes ihr bei einer Tasse Kakao alles erzählt.
    »Es ist mir so schwergefallen, da ruhig zu bleiben. Ich wollte ihn ja nicht noch mehr aufregen, aber … Also, in diesem Moment hätte ich den Herrn Eckart am liebsten … Wie kann man so grausam sein und seinem Kind so was … Ach was, egal ob es das eigene Kind ist. Wie kann man so etwas tun?! Und was kommt da noch? Wer so was tut, der …« Sie stockte, gestikulierte und sah sehr verängstigt aus. »Und dann … Also, das war wirklich …«
    Frau Lorenz wurde blass und atmete schwer. Dann sagte sie leise: »Er hat Johannes’ Kaninchen getötet.«
     
    Frau Lorenz’ Eltern lebten auf einem Hof mit Pferden, Katzen und einem großen, freundlichen Hofhund. Johannes besuchte seine Großeltern gerne und hatte irgendwann einen alten Kaninchenstall in der Scheune entdeckt. Er hatte so lange gebettelt, bis sein Großvater mit ihm zum Tierheim gefahren war, wo er sich zwei Kaninchen hatte aussuchen dürfen, die bei den Großeltern gehalten wurden. Johannes hatte sich gut um die Tiere gekümmert und sogar einmal im Sommer bei ihnen in der Scheune übernachten dürfen.
     
    »Herr Eckart wusste genau, wie sehr Johannes an den beiden hängt. Und ich weiß, dass er das war! Ganz sicher! Gerade als ich mit Johannes dasaß und ihm erklären musste, dass ich ihn natürlich bei mir haben und immer von der Schule abholen würde, da rief meine Mutter an. Sie hatte die Kaninchen gefunden.«
    Frau Lorenz hielt sich die Hand vor den Mund. »Ich darf gar nicht daran denken, was gewesen wäre, wenn Johannes das gesehen hätte!«
    Beiden Kaninchen war der Kopf abgetrennt worden. Jemand hatte die Köpfe außen am Stall befestigt und zwei schwarze Pappkreuze danebengehängt. Die Kaninchenkörper lagen zerstückelt im Käfig. Dummerweise hatten die Großeltern sofort alle Spuren der grausamen Tat restlos beseitigt, so dass auch hier nun keine Beweise mehr zu sammeln waren, die auf Herrn Eckart als Täter hätten hindeuten können.
    Dieser Fall war ebenso dramatisch wie komplex. Denn da man Herrn Eckart nichts beweisen konnte, war bislang auch nichts strafrechtlich relevant. Ich würde also weiter an meinem Gutachten arbeiten, und dazu musste ich auch Herrn Eckart treffen. Mir war gar nicht wohl dabei.
     
    Herr Eckart war ein ehemaliger Berufssoldat und arbeitete seit mehreren Jahren für wechselnde Sicherheitsfirmen. Er war groß, durchtrainiert und trug kurzgeschorene Haare, dazu einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte. Fehlte nur noch die Sonnenbrille.
    Er begrüßte mich mit einem viel zu festen Händedruck, und bevor ich meine einleitenden Worte loswerden konnte, hatte er schon begonnen, mir jede Menge Fragen zu stellen. Ob ich für diesen Job denn qualifiziert wäre, wie lange ich ihn schon ausüben würde, wie genau ich nun eigentlich vorgehen wolle, ob ich überhaupt selbst Kinder hätte und was ich ihm für Fragen stellen wolle. Letztere wolle er nämlich sowieso vorher schriftlich haben und erst einmal überprüfen, ob diese so zulässig seien.
    Ich hatte natürlich schon des Öfteren mit offensiv auftretenden Personen zu tun gehabt und legte Herrn Eckart zunächst in ruhigem Ton meine fachlichen wie gerichtlich relevanten Kompetenzen dar. Die Frage danach war schließlich nicht unberechtigt. Gerade wollte ich ihm auch das grundsätzliche Vorgehen erläutern, als er mir mit eiskalter Stimme dazwischen fuhr: »Eins ist klar: Ich werde diesen Prozess gewinnen. Aber sie als Frau werden das versuchen zu verhindern. Sie haben ein Problem mit Männern.«
    Es dauerte fast eine Stunde, bis ich überhaupt mit einer Begutachtung beginnen konnte. Herr Eckart stellte mir immer wieder provokante Fragen zu meiner Person und sparte nicht mit Tiraden auf die Justiz, Psychologen und Frauen im Allgemeinen.
    Als ich ihm erklärte, dass ich die Gespräche gewöhnlich mit dem Einverständnis meiner Gesprächspartner aufzeichnen würde und ihn um ebendieses Einverständnis bat, war ich erstaunt.

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