Die Schale der Winde
an, aber er grinste, als habe sie sich vor ihm verneigt. Tatsächlich nickten ihm die Gelben überraschenderweise alle zu. »Und Corele natürlich«, fuhr Cadsuane fort. »Jeder hat seinen Teil beigetragen, einschließlich einiger Dinge, die vermutlich seit der Zerstörung nicht mehr getan wurden.« Ihre Stimme wurde hart. »Ohne diese drei wärt Ihr inzwischen tot, und Ihr könntet noch immer sterben, wenn Ihr Euch nicht an ihre Anweisungen haltet. Ihr müßt Euch ausruhen und dürft Euch nicht anstrengen.« Plötzlich knurrte Rands Magen laut, und sie fügte hinzu: »Wir konnten Euch nur ein wenig Wasser und Brühe einflößen, seit Ihr verletzt wurdet. Zwei Tage ohne Nahrung ist für einen kranken Mann eine lange Zeit.«
Zwei Tage. Nur zwei. Er vermied es, Adley anzusehen. »Ich stehe auf«, sagte er.
»Ich werde nicht zulassen, daß sie dich umbringen, Schafhirte«, sagte Min mit eigensinnigem Funkeln in den Augen, »und ich werde auch nicht zulassen, daß du dich umbringst.« Sie legte ihre Arme um seine Schultern, als wollte sie ihn am Fleck festhalten.
»Wenn der Car'a'carn aufstehen will«, sagte Amys tonlos, »werde ich Nandera die Töchter des Speers vom Gang hereinbringen lassen. Somera und Enaila werden ihm gern genau die Hilfe zuteil werden lassen, die er braucht.« Um ihren Mund spielte ein leichtes Lächeln. Sie war einst selbst eine Tochter des Speers gewesen und wußte ausreichend über diese besonderen Umstände Bescheid. Weder Kiruna noch Bera lächelten. Sie sahen Rand stirnrunzelnd wie einen vollkommen Narren an.
»Junge«, sagte Cadsuane trocken, »ich habe schon mehr von Euren unbehaarten Hinterbacken gesehen, als mir lieb ist, aber wenn Ihr sie vor uns allen zur Schau stellen wollt, wird vielleicht sogar jemand Gefallen daran finden. Wenn Ihr jedoch aufs Gesicht fallt, muß ich Euch den Hintern versohlen, bevor ich Euch wieder ins Bett stecke.« Samitsus und Coreles Mienen nach zu urteilen, würden sie ihr nur zu gern dabei helfen.
Narishma und Adley starrten Cadsuane entsetzt an, während Flinn an seiner Jacke zog, als ringe er mit sich. Dashiva brach jedoch in rauhes Lachen aus. »Wenn Ihr wollt, daß wir die Frauen hinausschaffen...« Der Mann mit dem glatten Gesicht begann Stränge vorzubereiten, keine Schilde, aber komplizierte Gewebe aus Geist und Feuer, die vermutlich jedermann, den sie berührten, zu große Schmerzen bereiten würden, als daß er noch daran denken könnte, die Macht zu lenken.
»Nein«, sagte er rasch. Bera und Kiruna würden der schlichten Aufforderung zu gehen gehorchen, und wenn Corele und Samitsu geholfen hatten, ihn am Leben zu erhalten, schuldete er ihnen mehr als Schmerzen. Wenn Cadsuane jedoch glaubte, seine Nacktheit würde ihn daran hindern aufzustehen, sollte sie sich auf eine Überraschung gefaßt machen. Er war ohnehin im Zweifel, ob die Töchter des Speers ihm überhaupt noch Anstand gelassen hatten. Mit einem Lächeln für Min entwand er sich ihren Armen, warf das Laken zurück und kletterte auf Amys' Seite aus dem Bett.
Die Weise Frau preßte den Mund zusammen. Er konnte fast sehen, wie sie überlegte, ob sie die Töchter des Speers rufen sollte. Bera warf Amys einen gequälten, unsicheren Blick zu, während Kiruna sich mit geröteten Wangen hastig umwandte. Rand schritt langsam zum Schrank. Langsam, weil er erwartete, daß er Cadsuane vielleicht eine Gelegenheit zum Eingreifen verschaffte, wenn er sich zu schnell bewegte.
»Pah!« murrte sie hinter ihm. »Ich schwöre, ich sollte dem sturen Jungen den Hintern versohlen.« Jemand brummte, was Zustimmung oder auch Mißbilligung für sein Handeln bedeuten konnte.
»Ah, aber es ist solch ein hübscher Hintern, nicht wahr?« sagte jemand anderer in singendem murandianischen Akzent. Es mußte Corele gewesen sein.
Gut, daß sein Kopf im Schrank steckte. Vielleicht hatten die Töchter des Speers ihm doch nicht soviel Anstand genommen wie er geglaubt hatte. Licht! Sein Gesicht fühlte sich so heiß wie ein Hochofen an. In der Hoffnung, daß seine Bewegungen jegliches Schwanken verbergen würden, zog er sich eilig an. Sein Schwert stand an die Rückwand des Schranks gelehnt, der Schwertgürtel um die dunkle Scheide aus Wildschweinleder geschlungen. Er berührte das lange Heft und nahm seine Hand dann wieder fort.
Er wandte sich barfuß um, während er noch sein Hemd schloß. Min saß in ihrer engen grünen Seidenhose noch immer im Schneidersitz auf seinem Bett und konnte sich, ihrer Miene nach zu
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