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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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würdest. In so einem Fall ist die Abmachung, denke ich, null und nichtig. Bis jetzt habe ich dich sechs Jahre unterstützt, zwei Jahre vor unserer Heirat und vier danach, und die Entscheidung zu heiraten war so sehr deine wie meine. Soweit ich mich erinnere, feierten wir damals gerade deinen ersten größeren Verkauf. Deinen einzigen größeren Verkauf«, fügte sie hinzu. »Das stimmt doch, nicht wahr? Ich kann mich nicht erinnern, dass du seitdem ein Bild verkauft hast.«
    »Bosheit steht dir nicht, Sarah.«
    »Nein«, stimmte sie zu. »So wenig wie es dir steht, dich wie ein verwöhnter Fratz aufzuführen. Du sagst, es hat sich nichts geändert, aber da täuschst du dich. Alles hat sich geändert. Früher habe ich dich bewundert. Jetzt verachte ich dich. Ich fand dich amüsant. Jetzt langweilst du mich. Ich liebte dich. Jetzt tust du mir nur leid.« Sie lächelte entschuldigend. »Ich war auch fest überzeugt, dass du es schaffen würdest. Jetzt glaube ich das nicht mehr. Und das liegt nicht daran, dass ich von deiner Malerei weniger halte; ich halte weniger von dir. Du hast weder das Engagement noch die Disziplin, ein Großer zu werden, Jack, weil du dauernd vergisst, dass Genie nur ein Prozent Inspiration ist und neunundneunzig Prozent harte Arbeit. Ich bin nicht deshalb eine gute Ärztin, weil ich ein besonderes Talent zur Diagnose habe, sondern weil ich mir die Finger wund arbeite. Du bist nicht deshalb ein schlechter Maler, weil es dir am Talent fehlt, sondern weil du ganz einfach zu faul und zu hochm ütig bist, dich wie wir anderen auch auf die Knie runterzulassen und dir deinen Ruf zu verdienen.«
    Das dunkle Gesicht verzog sich zu einem sp öttischen Lächeln. »Ah, da steckt wohl Hewitt dahinter? Ein gemütliches kleines Abendessen mit Cock Robin und Gemahlin, und dann kriegt Jack den Marsch geblasen. Mensch, das ist vielleicht eine schleimige Kröte. Der war doch im Nu in deinem Bett, wenn nicht die süße kleine Mary und die lieben Kinderchen seine Tür bewachen würden.«
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagte sie kalt. »Das hast du einzig und allein dir selbst zuzuschreiben. Bei mir war an dem Tag Schluss, an dem ich Sally Bennedict zu einem Schwangerschaftsabbruch ins Krankenhaus überweisen musste. Den Mord an deinen außerehelichen Kindern empfehlen zu müssen, noch dazu, um einem egoistischen Flittchen wie Sally Bennedict aus der Patsche zu helfen, das geht mir denn doch etwas zu weit, Jack. Sie hat das Ironische der Situation weidlich genossen, das kannst du mir glauben.«
    Er starrte sie mit einem Ausdruck des Entsetzens an, und sie sah, dass sie ihn ausnahmsweise einmal getroffen hatte. Er hat es nicht gewusst, dachte sie. Das sprach immerhin für ihn. »Du hättest es mir sagen sollen«, sagte er lahm.
    Sie lachte mit echter Erheiterung. »Warum denn? Du warst nicht mein Patient, Jack. Sally war meine Patientin. Und sie hatte nicht die geringste Absicht, dein kleines Überraschungsei auszutragen und sich ihre Chancen bei der Royal Shakespeare Company zu verderben. Man kann nicht die Julia spielen, wenn man im sechsten Monat schwanger ist, Jack, und so weit wäre sie bei Beginn der Spielzeit gewesen. Ich habe natürlich meine ärztliche Pflicht getan und ihr vorgeschlagen, es mit dir zu besprechen, zu einer Beratungsstelle zu gehen, aber genauso gut hätte ich an eine Wand reden können. Ich glaube, Krebs wäre ihr lieber gewesen als eine Schwangerschaft.« Ihr Lächeln war verzerrt. »Und mal ganz offen, wie du reagieren würdest, war uns beiden klar. Es war das einzige Mal in meiner Praxis, dass ich sicher war, das arme Kind würde, falls es geboren werden sollte, von beiden Eltern zurückgewiesen werden. Also habe ich sie ans Krankenhaus überwiesen, und da wurde die Sache im Handumdrehen erledigt.«
    Er zog den Pinsel ziellos zwischen den Farben auf seiner Palette herum. »War das der Grund für den plötzlichen Umzug hier herunter?«
    »Ein Grund, ja. Ich hatte das ungute Gefühl, Sally würde die erste von vielen sein.«
    »Und der andere Grund?«
    »Ich dachte, dir würde das ländlich sittliche Dorset nicht gefallen. Ich hoffte, du würdest in London bleiben.“
    »Du hättest mit mir reden sollen«, sagte er wieder. »Zarte Hinweise sind bei mir verschwendet.«
    »Das stimmt.«
    Er legte die Palette und den Pinsel auf einen Hocker und wischte sich die H ände an einem mit Terpentin getränkten Küchentuch ab. »Und warum hast du mir diese Gnadenfrist von einem Jahr eingeräumt? Aus

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