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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Barmherzigkeit? Oder aus Boshaftigkeit? Hast du dir vorgestellt, es wäre ein größerer Spaß, mich hier fallenzulassen statt in London, wo ich immerhin ein Bett gehabt hätte?«
    »Es war weder das eine noch das andere«, entgegnete sie. »Hoffnung war's, fehl am Platz wie immer.« Sie blickte auf die Leinwand.
    Er sah es. »Ich habe mit ihr Tee getrunken. Mehr nicht.«
    »Ich glaube dir.«
    »Warum bist du dann so böse? Ich mache auch keine Szene, weil du bei Robin gegessen hast.«
    »Ich bin nicht böse, Jack. Es langweilt mich einfach. Es langweilt mich, das Publikum zu sein, das du so dringend brauchst. Manchmal glaube ich, dass du mich nur deshalb geheiratet hast; nicht weil du Sicherheit wolltest, sondern weil du die Emotionen eines anderen brauchst, um deine Kreativität zu stimulieren.« Sie lachte bitter. »Dann hättest du aber keine Ärztin heiraten sollen. Wir werden in dieser Hinsicht bei unserer Arbeit genug gefordert; da brauchen wir das zu Hause nicht auch noch.«
    Er musterte sie scharf. »Und jetzt ist es wohl soweit? Ich bekomme den Marschbefehl, oder? Pack deine Sachen, Jack, und lass dich hier nie wieder blicken.«
    Sie l ächelte das Mona-Lisa-Lächeln, das ihn als erstes betört hatte. Er meinte vorhersagen zu können, was sie sagen würde: Es ist dein Leben, entscheide selbst. Sarahs Stärke und Schwäche lagen in ihrer Überzeugung, jeder Mensch sei so selbstsicher und zielbewusst wie sie selbst.
    »Ja«, sagte sie. »Das war's. Ich hatte mir vorgenommen, endgültig Schluss zu machen, wenn du je wieder mit Sally anfangen würdest. Ich möchte die Scheidung.«
    Seine Augen wurden schmal. »Wenn es hier um Sally ginge, hättest du mir vor zwei Wochen das Ultimatum gestellt. Ich habe damals kein Geheimnis daraus gemacht, was ich vorhatte.«
    »Ich weiß«, sagte sie müde, den Blick wieder auf das Bild gerichtet. »Selbst für den Verrat brauchst du jetzt Publikum.«
    Er war weg, als sie am n ächsten Morgen herunterkam. Auf dem Küchentisch lag ein Brief.
    »Schick die Scheidungspapiere an Keith Smollett. Du kannst Dir ja einen anderen Anwalt suchen. Ich werde halbe-halbe verlangen, gewöhn Dich also nicht zu sehr an das Haus. Das Atelier r äume ich aus, sobald ich was andres gefunden habe. Wenn Du mich nicht sehen willst, solltest Du die Schlösser nicht austauschen. Ich lasse den Schlüssel da, wenn ich meine Sachen geholt habe.«
    Sarah las den Brief zweimal durch und warf ihn in den M üll.
    Jane Marriott, die Sprechstundenhilfe in der Praxis in Fontwell, sah auf, als Sarah die T ür zum leeren Wartezimmer öffnete. Sarah machte montags nachmittags und freitags vormittags in Fontwell Dienst, und da sie mehr auf ihre Patienten einging als ihre männlichen Kollegen, hatte sie großen Zulauf. »Es sind ein paar Nachrichten für Sie da«, sagte Jane. »Ich hab sie Ihnen auf den Schreibtisch gelegt.«
    »Danke.« Vor Janes Empfangstisch blieb sie stehen. »Wer ist der Erste?«
    »Mr. Drew. Um dreiviertel neun. Danach wird's bis halb zwölf ziemlich hektisch, und hinterher warten leider noch zwei Hausbesuche. Aber ich hab den Leuten gesagt, dass Sie erst um die Mittagszeit kommen können.«
    »Okay.«
    Jane, eine pensionierte Lehrerin in den Sechzigern, musterte Sarah mit m ütterlicher Besorgnis. »Sie haben wohl wieder mal nicht gefrühstückt, hm?«
    Sarah l ächelte. »Ich frühstücke nie. Seit ich aus der Schule bin nicht mehr.«
    »Sie sehen abgespannt aus. Sie arbeiten zu viel, meine Liebe. Sie müssen lernen, mit Ihren Kräften hauszuhalten.«
    Sarah st ützte ihre Ellbogen auf den Empfangstisch und legte ihr Kinn auf ihre gefalteten Hände. »Sagen Sie, Jane, wenn es den Himmel gibt, wo genau ist er?« Sie sah aus wie eine der Achtjährigen, die Jane früher unterrichtet hatte, fragend, ein wenig zaghaft, aber zuversichtlich, dass Mrs. Marriott die Antwort wissen würde.
    »Du lieber Gott! So eine Frage hat mir keiner mehr gestellt, seit ich als Lehrerin aufgehört habe.« Sie steckte den Wasserkocher ein und löffelte Kaffeepulver in zwei Tassen. »Ich habe den Kindern immer erklärt, er sei in den Herzen, die man zurücklässt. Je mehr Menschen es gäbe, die sie liebten, desto mehr Herzen würden sich die Erinnerung an sie bewahren. Ich wollte sie damit eigentlich nur dazu bringen, nett miteinander umzugehen.« Sie lachte leise. »Aber ich dachte immer, Sie seien eine Ungläubige, Sarah. Woher dieses plötzliche Interesse am Jenseits?«
    »Ich war gestern auf Mrs. Gillespies

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