Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
ging wie ein Lauffeuer durch das Dorf. Es nahm seinen Anfang am Sonntag nach dem Morgengottesdienst, aber wer genau es angezündet hatte, blieb ein Geheimnis. Es gab jedoch keinen Zweifel daran, dass Violet Orloff diejenige war, die am Rande anmerkte, dass Jack Blakeney ins Cedar House gezogen war. Sein Wagen hatte die ganze Nacht in der Einfahrt gestanden, und es sah aus, als würde er dort bis auf weiteres bleiben. Der Tratsch begann.
    Jane Marriott bem ühte sich, ein harmloses Gesicht zu machen, als Sarah am Mittwoch zur Mittagszeit überraschend in die Praxis kam. »Ich habe Sie gar nicht erwartet«, sagte sie. »Müssen Sie nicht nach Beeding?«
    »Ich musste im Gemeindehaus meine Fingerabdrücke abgeben.«
    »Kaffee?«
    »Sie haben es ja sicher schon gehört.«
    Jane schaltete den Wasserkochtopf ein. »Was? Das von der Erbschaft oder das von Jack?«
    Sarah lachte ohne Heiterkeit. »Das erleichtert das Leben ungemein. Ich habe gerade eine Stunde lang in der Schlange vor dem Gemeindehaus gestanden und mir plumpe Anspielungen von Leuten angehört, die man schon vor Jahren als hirntot hätte diagnostizieren müssen. Soll ich Ihnen mal erzählen, was man derzeit allem Anschein nach glaubt? Jack hat mich verlassen und ist zu Joanna gezogen, weil er genauso entsetzt ist wie alle anderen, dass ich meine Position als Mathildas Ärztin dazu benutzt habe, sie zu überreden, ihre Pflicht gegenüber ihrer Familie zu meinen Gunsten zu vergessen. Es handelt sich dabei, wohlgemerkt, um denselben Jack Blakeney, den noch in der letzten Woche alle von Herzen verabscheut haben, weil er sich von seiner armen Frau aushalten ließ.«
    »Ach Gott«, sagte Jane.
    »Als nächstes werden sie sagen, ich hätte die alte Hexe umgebracht, bevor sie ihr Testament wieder ändern konnte.«
    »Worauf Sie sich verlassen können«, sagte Jane nüchtern. »Es hat keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken.«
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«
    Jane reichte ihr eine Tasse schwarzen Kaffee. »O doch. Erst heute Morgen haben zwei hier im Wartezimmer sich darüber ausgelassen. Es hört sich ungef ähr so an: Keiner der Einheimischen hatte einen Anlass, Mathilda in den letzten zwölf Monaten mehr als gewöhnlich zu verabscheuen, folglich ist es unwahrscheinlich, dass einer von ihnen sie ermordet hat. Es muss daher jemand gewesen sein, der neu im Dorf ist, und Sie sind die einzige Neue mit einem Motiv, die Zugang zu ihr hatte. Ihr Mann, der um sich und Mrs. Lascelles fürchtet, ist ins Cedar Home gezogen, um sie zu beschützen. Ruth ist im Internat sicher. Und schließlich wäre auch noch zu fragen, wieso Victor Sturgis unter so sonderbaren Umständen gestorben ist.«
    Sarah starrte sie ungl äubig an. »Es ist tatsächlich Ihr Ernst.«
    »Leider ja.«
    »Heißt das, dass ich auch Victor getötet haben soll?«
    Jane nickte.
    »Wie denn? Indem ich ihn mit seiner eigenen Zahnprothese erstickt habe?«
    »Das scheint die allgemeine Theorie zu sein.« Jane begann plötzlich zu kichern. »O Gott, das ist doch überhaupt nicht zum Lachen. Der arme alte Kerl, es war schon schlimm genug, dass er die Prothese verschluckt hat, aber die Vorstellung, wie Sie mit einem Dreiundneunzigjährigen ringen, um ihm sein künstliches Gebiss in die Kehle zu rammen -« sie brach ab, um sich die Augen zu wischen - »unmöglich. Die Welt ist voll von sehr dummen und sehr neidischen Menschen, Sarah. Sie missgönnen Ihnen Ihr Glück.«
    Sarah sah sie an. »Finden Sie denn, dass ich Glück habe?«
    »Aber ja. Das ist doch wie ein Gewinn im Lotto.«
    »Was würden Sie mit dem Geld tun, wenn Mathilda es Ihnen hinterlassen hätte?«
    »Reisen. Mir die Welt anschauen, ehe sie im Dreck versinkt.«
    »Das scheint die bevorzugte Wahl zu sein. Es muss etwas damit zu tun haben, dass wir auf einer Insel leben. Alle wollen runter.«
    Sie r ührte ihren Kaffee um und leckte dann zerstreut ihren Löffel ab.
    Jane konnte ihre Neugier nicht z ügeln. »Und was werden Sie damit anfangen?«
    Sarah seufzte. »Ich werd's wahrscheinlich brauchen, um einen guten Anwalt zu bezahlen.«
    Am selben Abend fuhr Sergeant Cooper auf dem Heimweg im Mill House vorbei. Sarah bot ihm ein Glas Wein an, das er annahm. »Wir haben einen Brief über Sie bekommen«, sagte er, während sie einschenkte.
    Sie reichte ihm das Glas. »Von wem?«
    »Ohne Unterschrift.«
    »Und was steht drin?«
    »Dass Sie einen alten Mann namens Victor Sturgis wegen seines Walnussschreibtischs ermordet haben.“
    Sarah zog ein

Weitere Kostenlose Bücher