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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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sein, die sich über eine so lange Zeit der Abkühlung hinweg auf dem Siedepunkt hält.«
    »Nicht wenn Mrs. Lascelles labil ist«, murmelte Cooper.
    »Mathilda wurde nicht in einem Anfall rasender Wut getötet«, sagte Sarah bedächtig. »Alles, bis zu den Pflanzen, wurde mit größter Sorgfalt arrangiert. Sie haben selbst gesagt, es sei schwierig gewesen, das Gesteck ohne fremde Hilfe anzubringen.«
    Cooper leerte sein Glas und stand auf. »Mrs. Lascelles arbeitet in London als selbständige Floristin. Sie ist auf Brautsträuße und Kränze spezialisiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gesteck aus ein paar Maßliebchen und Brennnesseln ein Problem für sie wäre.« Er ging zur Tür. »Gute Nacht, Dr. Blakeney. Danke, ich finde schon selbst hinaus.«
    Sarah starrte in ihr Weinglas und lauschte dem Ger äusch seiner Schritte im Flur. Sie h ätte am liebsten laut geschrien, hatte aber Angst, es zu tun. Ihr Kartenhaus war ihr niemals so wacklig erschienen.
    In jeder Bewegung, die Joanna machte, war eine aufreizende Sinnlichkeit, und Jack vermutete, dass sie schon früher als Modell gearbeitet hatte, wahrscheinlich für Fotos. Für Geld oder zur Selbstbestätigung? Er vermutete letzteres. Sie war unglaublich eitel.
    Sie war wie besessen von Mathildas Schlafzimmer und Mathildas Bett und bem ühte sich krampfhaft, die Haltung ihrer Mutter vor den aufgetürmten Kissen nachzuahmen. Dennoch hätte der Gegensatz zwischen den beiden Frauen nicht größer sein können. Mathildas Sexualität war vorsichtig und zurückhaltend gewesen, vor allem wohl, weil sie kein Interesse an ihr hatte; Joannas war mechanisch und aufdringlich, so als könnten dieselben visuellen Reize alle Männer bei jeder Gelegenheit auf dieselbe Weise in Erregung versetzen. Es war Jack unmöglich festzustellen, ob sie aus Verachtung gegen ihn oder aus Verachtung für die Männer im allgemeinen diese Nummer abzog.
    »Ist Ihre Frau prüde?« fragte sie abrupt, nachdem er eine lange Zeit schweigend gezeichnet hatte.
    »Warum fragen Sie?«
    »Weil das, was ich tue, Sie schockiert.«
    Er war erheitert. »Sarah hat eine sehr unverklemmte und gesunde Libido. Was Sie tun, schockiert mich kein bisschen, es beleidigt mich. Es passt mir nicht, als ein Mann eingeordnet zu werden, den man mit billigem pornographischen Posieren auf Touren bringen kann.«
    Sie blickte von ihm weg zum Fenster, auf eine merkw ürdige Weise in sich selbst vertieft. Der Blick ihrer hellen Augen war in die Ferne gerichtet. »Dann sagen Sie mir, was Sarah tut, um Sie aufzuregen«, sagte sie schließlich.
    Er musterte sie einen Moment mit unergr ündlicher Miene. »Sie interessiert sich dafür, was ich mit meiner Arbeit zu erreichen versuche. Das finde ich aufregend.«
    »Davon rede ich nicht. Ich rede von Sex.«
    »Ach so«, erwiderte er entschuldigend. »Dann reden wir aneinander vorbei. Ich sprach von Liebe.«
    »Ach, wie reizend.« Sie lachte kurz auf. »Sie müssten sie eigentlich hassen, Jack. Sie hat bestimmt einen anderen, sonst hätte sie Sie nicht an die Luft gesetzt.«
    »Hass durchdringt alles«, entgegnete er ruhig. »Er lässt keinen Raum für etwas anderes.« Mit einer trägen Bewegung warf er ihr ein abgerissenes Blatt seines Skizzenblocks zu. Es fiel neben dem Bett zu Boden. »Lesen Sie das«, forderte er sie auf. »Falls es Sie interessiert, es ist meine Einschätzung Ihres Charakters nach drei Sitzungen. Ich zeichne bei der Arbeit meine Eindr ücke auf.«
    Mit einem auffallenden Mangel an Neugier - die meisten Frauen, dachte er, h ätten eifrig zugegriffen - hob sie das Blatt auf und warf einen flüchtigen Blick auf beide Seiten. »Es ist nichts drauf.«
    »Eben.«
    »Das ist billig.«
    »Ja«, stimmte er zu, »aber Sie haben mir nichts zu malen gegeben.« Er reichte ihr den Block. »Ich mache keine Akte im Playboy-Stil, aber das ist das einzige, was Sie mir bisher geboten haben, abgesehen von der öden Dauervorführung eines Elektrakomplexes oder, genauer gesagt, eines halben Elektrakomplexes. Anhänglichkeit an einen Vater ist nicht vorhanden, nur eine zwanghafte Feindseligkeit gegen eine Mutter. Sie haben, seit ich hier bin, von nichts anderem geredet.« Er zuckte die Achseln. »Nicht einmal Ihre Tochter kommt in Ihrem Stück vor. Sie haben das arme Kind nicht ein einziges Mal erwähnt, seit sie wieder in der Schule ist.«
    Joanna stand vom Bett auf, zog ihren Morgenrock über und ging zum Fenster. »Sie verstehen gar nichts«, sagte sie.
    »Ich verstehe genau«,

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