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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Tür ins Haus fällt.«
    Sie war eben doch noch ein Kind, auch wenn sie nach au ßen erwachsen wirkte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich hasse Sie.«
    Er musterte sie einen Moment lang neugierig, dann ging er, um Joanna zu suchen.
    Keiner konnte Joanna mangelnde Subtilit ät vorwerfen. Sie war eine Frau des Understatement, in Worten, in Taten und auch in ihrer Kleidung. Mit einem Buch auf ihrem Schoß saß sie im dämmrig beleuchteten Wohnzimmer, das Gesicht unbewegt, vom Glanz ihres Haares wie von einer Gloriole umgeben. Ihr Blick flog in Jacks Richtung, als er ins Zimmer trat, aber sie sagte nichts, wies nur mit kurzer Geste zum Sofa. Er zog es vor, am Kamin stehenzubleiben und sie zu betrachten. Eis kam ihm bei ihrem Anblick in den Sinn. Kalt. Funkelnd. Statisch.
    »Was denken Sie?« fragte sie nach einigen Sekunden des Schweigens.
    »Dass Mathilda recht hatte mit dem, was sie über Sie sagte.«
    Ihre grauen Augen waren ohne Ausdruck. »In welcher Hinsicht?«
    »Sie sagte, Sie seien ein Rätsel.«
    Sie l ächelte schwach, erwiderte aber nichts.
    »Ich habe sie gemocht, wissen Sie«, fuhr Jack nach einer kleinen Pause fort.
    »Natürlich. Sie hat Frauen verachtet, aber zu Männern hat sie aufgesehen.«
    Daran, dachte Jack, war viel Wahres. »Aber Sarah hat sie offensichtlich gern gehabt.«
    »Glauben Sie?“
    »Sie hat ihr eine Dreiviertelmillion Pfund hinterlassen. Ich würde sagen, das ist ein ziemlich klares Zeichen dafür, dass sie sie gemocht hat.«
    Joanna lehnte ihren Kopf nach r ückwärts und betrachtete ihn mit unangenehm durchdringendem Blick. »Ich nahm an, Sie hätten Mutter besser gekannt. Sie hat niemanden gemocht. Und warum ihr ein so schlichtes Motiv zuschreiben? Sie hätte ein Vermächtnis von einer Dreiviertelmillion Pfund nur unter dem Gesichtspunkt der Macht betrachtet, die sie sich damit erkaufen konnte, keinesfalls als sentimentales Geschenk an jemanden, der ein bisschen nett zu ihr war. Mutter hat niemals gewollt, dass dieses Testament ihr letztes ist. Es war eine Inszenierung für Ruth und mich. Wir sollten es finden. Geld kann man ebenso wirksam als Machtmittel einsetzen, wenn man damit droht, es zurückzuhalten.«
    Jack rieb sich nachdenklich das Kinn. Sarah hatte etwas sehr Ähnliches gesagt. »Aber warum gerade Sarah? Warum hat sie es nicht einfach einem Hundeheim hinterlassen? Das hätte den gleichen Zweck erfüllt.«
    »Ja, darüber habe ich mir auch meine Gedanken gemacht.« Ihr Blick glitt zum Fenster. »Vielleicht mochte sie Ihre Frau noch weniger als mich. Glauben Sie, Ruth und ich hätten stillgehalten, wenn wir diesen Videofilm gesehen hätten, als meine Mutter noch am Leben war?« Sie strich mit einer Hand in rhythmischer Bewegung ihren Arm hinauf und hinunter, während sie sprach. Es hatte etwas außerordentlich Sinnliches, aber sie schien sich dessen gar nicht bewusst zu sein. Sie drehte ihren Kopf, um Jack wieder
    anzusehen. Ihre Augen wirkten gl äsern. »Ihre Frau wäre in eine unhaltbare Situation geraten.«
    »Was hätten Sie denn unternommen?« fragte Jack neugierig.
    Joanna l ächelte. »Gar nicht viel. Ihre Frau hätte innerhalb von sechs Monaten alle ihre Patienten verloren, wenn sich herumgesprochen hätte, dass sie eine reiche Patientin beschwatzt hatte, ihr ihr gesamtes Vermögen zu vermachen. Sie wird sie übrigens auch so verlieren.«
    »Warum?«
    »Meine Mutter ist unter verdächtigen Umständen gestorben, und Ihre Frau ist die einzige, die von ihrem Tod profitiert.«
    »Sarah hat Mathilda nicht getötet.«
    Joanna l ächelte in sich hinein. »Erzählen Sie das den Leuten von Fontwell.« Sie stand auf und strich glättend über ihr schwarzes Kleid. »Ich bin bereit.«
    Er runzelte die Stirn. »Wofür?«
    »Sex«, antwortete sie sachlich. »Darum sind Sie doch hergekommen, nicht? Wir gehen in Mutters Zimmer. Ich möchte, dass Sie es mit mir genauso machen wie mit ihr.« Ihr seltsamer Blick ruhte auf ihm. »Sie werden es mit mir weit mehr genießen. Meine Mutter hatte für Sex nichts übrig, aber ich denke, das haben Sie schon selbst gemerkt. Sie hat es nie zum Vergn ügen getan, immer nur aus Berechnung. Ein Mann beim Sexualakt war ihr ekelhaft. Wie die Hunde, sagte sie immer.«
    Jack fand die Bemerkung hochinteressant. »Aber Sie sagten doch, sie hätte zu Männern aufgesehen.«
    Joanna l ächelte. »Nur weil sie wusste, wie man sie manipuliert.«
    Die Nachricht, dass Mathilda Gillespie Dr. Blakeney eine Dreiviertelmillion Pfund hinterlassen hatte,

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