Die Schandmaske
steif und fest darauf, dass Sie erben, aber vorher nichts davon wissen sollten. Zu Ihrer Kenntnisnahme - ich habe das übrigens auch der Polizei gesagt -, ich war überzeugt, dass von psychischem Druck oder unzulässiger Beeinflussung keine Rede sein konnte.«
Sarah war entsetzt. »Drei Monate«, wiederholte sie benommen. »Haben Sie das der Polizei auch erzählt?«
Er nickte. »Dort glaubte man ebenfalls, es habe sich um eine plötzliche Laune gehandelt.«
»Ich hätte vielleicht noch beweisen können, dass ich von dem Testament nichts wusste, wenn sie es zwei Tage vor ihrem Tod gemacht hätte«, sagte Sarah. »Aber wenn sie es schon drei Monate vorher geplant hat, kann ich nie im Leben beweisen, dass ich nichts davon wusste.«
John Hapgood, der Banker, r äusperte sich. »Ich habe den Eindruck, Dr. Blakeney, dass Sie sich auf den falschen Punkt konzentrieren. Mrs. Gillespie ist an einem Samstagabend gestorben, wenn ich mich recht erinnere. Wo waren Sie an dem Abend und was haben Sie getan? Wir wollen doch erst einmal sehen, ob Sie überhaupt beweisen müssen, dass Sie nichts von dem Testament wussten.«
»Ich war zu Hause. Ich hatte Nachtdienst. Ich hab nachgesehen, als ich von dem Testament hörte.«
»Und mussten Sie raus?«
»Nein. Ich bekam nur einen Anruf um kurz vor acht. Es war nichts Ernstes und ließ sich am Telefon erledigen.«
»War Ihr Mann bei Ihnen?“
»Nein, er war an dem Wochenende in Stratford. Ich war allein.« Sie lächelte schwach. »Ich bin nicht ganz dumm, Mr. Hapgood. Wenn ich ein Alibi hätte, hätte ich es längst präsentiert.«
»Dann, denke ich, müssen Sie einfach mehr Vertrauen zur Polizei haben, Dr. Blakeney. Trotz allem, was man in den Zeitungen liest, ist sie wahrscheinlich immer noch die beste der Welt.«
Sie musterte ihn am üsiert. »Sie mögen ja recht haben, Mr. Hapgood, aber ich habe leider überhaupt kein Vertrauen in meine Fähigkeit zu beweisen, dass ich Mathilda nicht getötet habe, und ich habe das ungute Gefühl, dass die Polizei das weiß.« Sie hielt ihre Hand in die Höhe und hakte einen Punkt nach dem anderen an ihren Fingern ab. »Ich hatte ein Motiv, ich hatte die Gelegenheit und ich lieferte zumindest die Hälfte der Mittel.« Ihre Augen glitzerten. »Falls Sie es nicht wissen sollten, sie wurde mit Schlaftabletten, die ich verschrieben hatte, betäubt, ehe ihre Pulsadern aufgeschnitten wurden. Hinzu kommt, dass ich ein Jahr lang in der Pathologie gearbeitet habe, weil ich daran dachte, in die Gerichtsmedizin zu gehen, ehe ich mich dafür entschied, Allgemeinärztin zu werden. Ich weiß also sehr genau, wie man einen Selbstmord vortäuschen kann. So, und jetzt sagen Sie mir ein gutes Argument, das ich zu meiner Verteidigung vorbringen kann, wenn die Polizei beschließt, mich zu verhaften.«
Er st ützte sein Kinn auf seine aneinandergelegten Hände. »Hm, das ist ein interessantes Problem.« Seine buschigen weißen Augenbrauen schoben sich zusammen. »Was haben Sie an dem betreffenden Samstag getan?«
»Das Übliche. Hausarbeit, Gartenarbeit. Ich glaube, ich war fast den ganzen Nachmittag draußen und habe die Rosen geschnitten.«
»Hat jemand Sie gesehen?«
»Das ist doch völlig egal«, gab sie gereizt zurück. »Mathilda ist irgendwann am Abend oder in der Nacht getötet worden, und im Dunklen habe ich bestimmt nicht im Garten gearbeitet.«
»Aber was haben Sie denn getan?«
Jack verflucht. Mich in Selbstmitleid gesuhlt. »Ich habe eines der Gästezimmer gestrichen.«
»Nachdem Sie den ganzen Nachmittag im Garten gearbeitet hatten?«
»Jemand musste es ja tun«, sagte sie kurz.
Einen Moment war es still.
»Sie sind offensichtlich ein Workaholic«, sagte Mr. Hapgood lahm. Sie erinnerte ihn an seine Frau, immer auf Achse, immer ruhelos, ohne sich eine Pause zu gönnen, um mal darüber nachzudenken, was sie eigentlich tat.
Sarah l ächelte. »Das sind die meisten Frauen. Wir können die Verantwortung zu Hause nicht einfach abschütteln, weil wir einen Beruf ausüben wollen. Wir haben von beiden Welten den schlechtesten Teil abbekommen, als wir uns aufmachten, die m ännlichen Bastionen zu erobern.« Sie drückte ihre Finger auf ihre müden Augen. »Aber das alles ist für diese Besprechung hier ohne Belang. Soweit ich sehen kann, hat Mathilda mich in eine unmögliche Situation gebracht. Ganz gleich, was ich tue, ich werde die Schuldgefühle wegen ihrer Tochter und ihrer Enkelin niemals loswerden. Gibt es denn keine Möglichkeit für mich,
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