Die Schandmaske
der ganzen Sache aus dem Weg zu gehen und es den beiden zu überlassen, sich um das Geld zu streiten?«
»Sie könnten es ihnen in Form einer Schenkung zurückgeben«, sagte Duggan, »wenn es Ihnen erst einmal gehört. Aber das würde enorme Steuern kosten.« Er lächelte entschuldigend. »Es stünde auch in absolutem Widerspruch zu Mrs. Gillespies Wünschen. Sie wollte nicht, dass Mrs. Lascelles oder ihre Tochter erben.«
Keith griff nach seinem Aktenkoffer. »Ist Dr. Blakeneys Entscheidung eilig«, fragte er, »oder darf ich vorschlagen, wir lassen die ganze Sache noch ein oder zwei Wochen auf sich beruhen, bis die Polizei den Fall geklärt hat? Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Dr. Blakeney eine Entscheidung leichter fallen wird, wenn erst einmal die Leichenschau stattgefunden hat.«
Man trennte sich mit dieser Vereinbarung, auch wenn es f ür Sarah nichts weiter war als der Aufschub einer bereits getroffenen Wahl.
Keith und Sarah a ßen in einem kleinen Restaurant am Fuß des Hügels zu Mittag. »War das Theater, oder hast du wirklich Angst davor, verhaftet zu werden?« fragte Keith, wobei er sie über den Rand seines Glases beobachtete.
Sie zuckte die Achseln. »Spielt das eine Rolle?«
Wie tief die Trennung von Jack sie getroffen hat, dachte er. Er hatte ihre Bitterkeit nie zuvor kennengelernt.
»Natürlich spielt es eine Rolle«, erwiderte er ein wenig scharf. »Wenn du beunruhigt bist, schlage ich vor, ich fahre jetzt gleich mit dir zur Polizei, und wir klären das. Wozu willst du dich wegen etwas quälen, was vielleicht nie geschehen wird?«
Sie l ächelte dünn. »Es war Theater«, sagte sie. »Ich hatte es satt, sie über mich reden zu hören, als wäre ich nicht vorhanden. Ich hätte so tot sein können wie Mathilda. Es ist nur das Geld, das sie interessiert.«
Ungerecht, dachte er. Beide M änner hatten großes Verständnis für die schwierige Situation gezeigt, in der Sarah sich befand, aber sie war entschlossen, in jedem einen Feind zu sehen. Auch in ihm? Unmöglich, das zu sagen. Er drehte sein Glas, so dass das kühle Licht der Wandleuchten durch den roten Wein schimmerte.
»Möchtest du Jack zurückhaben? Bist du deshalb so zornig? Oder bist du nur eifersüchtig, weil er eine andere gefunden hat?“
»Kann man nur eifersüchtig sein?«
»Du weißt, was ich meine.«
Sie l ächelte wieder, bitter diesmal. »Aber nein, ich weiß es nicht, Keith. Ich bin seit Jahren eifersüchtig. Eifersüchtig auf seine Malerei, eifersüchtig auf seine Frauen, eifersüchtig auf seine Begabung, eifersüchtig auf ihn und seine Fähigkeit, jeden Menschen, der ihm begegnet, zu faszinieren. Was ich jetzt empfinde ist ganz anders als die Eifersucht von früher. Vielleicht ist sie noch da, aber dann ist sie von so viel anderen Emotionen überlagert, dass es schwer ist, sie zu erkennen.«
Keith sah sie stirnrunzelnd an. »Was meinst du mit seiner Fähigkeit, jeden Menschen zu faszinieren? Ich kann den Kerl nicht ausstehen, konnte es noch nie.«
»Aber er beschäftigt dich. Du denkst an ihn. Hauptsächlich mit Ärger und Zorn, nehme ich an, aber dennoch. Wie viele andere Männer beschäftigen dich so wie Jack? Der Polizeibeamte, der mir ständig auf den Fersen ist, hat es ganz gut ausgedrückt: Er sagte, Er lässt eine ziemliche Leere zurück .« Sie sah Keith an. »Das ist eine der besten Beschreibungen von ihm, die ich je gehört habe, weil sie zutrifft. Im Augenblick lebe ich in einer Leere, und es macht mir überhaupt keinen Spaß. Zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich nicht, was ich tun soll, und das macht mir angst.«
»Dann zieh einen Schlussstrich und mach die Trennung amtlich. Entschließ dich zu einem neuen Anfang. Ungewissheit macht immer Angst. Gewissheit nicht.«
Mit einem Seufzer schob sie ihren Teller zur Seite. »Du redest wie meine Mutter. Sie hat für jede Gelegenheit ein Sprüchlein parat, und das macht mich wahnsinnig. Versuch doch mal einem zum Tode Verurteilten zu sagen, dass Gewissheit keine Angst macht. Ich bezweifle, dass er dir zustimmen würde.«
Keith bat um die Rechnung. »Auf die Gefahr hin, dass ich wieder ins Fettnäpfchen trete, schlage ich vor, du machst einen langen Spaziergang am Meer und lässt dir die Flausen aus dem Kopf blasen. Deine Gefühle trüben dein Urteil, Sarah. Vergiss zwei Dinge nicht: erstens, du hast Jack gesagt, dass er gehen soll; und zweitens, du hattest gute Gründe, das zu tun. Ganz gleich, wie einsam und zurückgewiesen du dich jetzt
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