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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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ein Spitzenjahrgang, du Idiot. Den soll man mit Verstand genießen, nicht nachmittags um fünf am Küchentisch runterkippen. Du hast ihn bestimmt nicht atmen lassen, sondern ihn eingeschenkt wie Limonade.«
    Cooper r äusperte sich. »Tut mir wirklich leid, Dr. Blakeney. Wir haben extra gesagt, dass uns Tee lieber wäre.«
    »Sie hinterhältige Ratte«, sagte Jack mit unerschütterlich guter Laune. »Gesabbert haben Sie, als ich Ihnen die Flasche unter die Nase gehalten habe. Nun komm schon, Sarah, trink auch einen Schluck. Wir lechzen alle nach dem zweiten Glas, dachten aber, es wäre taktvoller, auf dich zu warten, ehe wir die nächste Flasche aufmachen.«
    »Wenn du das getan hättest, hättest du nichts zu lachen gehabt, mein Lieber.« Sie stellte ihre Handtasche auf den Boden und schlüpfte aus ihrem Mantel. »Also gut, gib her. Aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass er nicht genießbar ist. Er braucht mindestens noch drei Jahre.« Sie setzte sich auf den freien Stuhl, zog das Glas zu sich heran und schwenkte es, mit einer Hand bedeckt, leicht herum, um das Bukett freizusetzen. Dann sog sie mit Kennermiene das Aroma ein. »Wer hat Zigarrenkiste gerochen?«
    »Ich«, sagte Cooper nervös.
    »Gut. Im Buch steht, das Bukett sollte etwas von rauchigem Eichen- und Zedernholz haben. Johannisbeere?«
    »Auch ich«, sagte Cooper.
    »Haben Sie schon öfters Weinproben gemacht?« Er schüttelte den Kopf. »Dann sollten Sie damit anfangen. Sie haben offensichtlich eine Nase dafür.«
    »Ruth und ich haben die Kräuter und Gewürze entdeckt«, sagte Jack. »Und - wie lautet dein Urteil?«
    Sarah kostete einen Schluck. »Köstlich«, sagte sie, »aber eine zweite Flasche machst du bestimmt nicht auf. Im Buch steht, er braucht noch drei Jahre, und ich halte mich an das Buch. Wenn du nachfüllen willst, kannst du eine Flasche aus der Weinkiste nehmen. Was tut ihr überhaupt alle hier?« Ihr Blick flog zu Ruth. »Sollten Sie nicht in der Schule sein?« Unbehagliches Schweigen antwortete ihr. »Ruth ist von der Schule geflogen«, sagte Jack. »Wir wollten dich eigentlich fragen, ob sie hier bei uns wohnen kann, bis sich eine dauerhafte Lösung findet.«
    Sarah trank noch einen Schluck Wein und sah ihn dann leicht sp öttisch an. »Bei uns?« fragte sie. »Heißt das, dass du die Absicht hast, mir deine Gesellschaft wieder zuzumuten?«
    Das dunkle Gesicht wurde weich. »Das kommt darauf an, mein Engel.«
    »Ob ich bereit bin, dich wiederaufzunehmen?«
    »Nein. Ob ich zu meinen oder deinen Bedingungen zurückkomme.«
    »Zu meinen«, sagte sie unumwunden, »oder gar nicht.« Er lächelte kaum wahrnehmbar. »Ein Jammer«, murmelte er. Sarah ließ ihren Blick noch einen Moment auf ihm ruhen, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Ruth. »Und warum sind Sie geflogen?«
    Ruth, die ihren Kopf gesenkt gehalten hatte, seit Sarah gekommen war, sah Cooper von unten herauf an. »Der Sergeant weiß es. Er kann es Ihnen sagen.«
    »Ich würde es aber lieber von Ihnen selbst hören.« »Ich habe gegen die Vorschriften verstoßen.« Sie blickte wieder auf ihre Hände hinunter.
    »Gegen alle oder nur gegen eine im besonderen?«
    »Ich habe ohne Genehmigung die Schule verlassen.«
    »Die Zeiten haben sich offenbar nicht geändert. Eine Freundin von mir ist geflogen, weil sie heimlich die Feuerleiter runter kletterte, um mit ein paar Jungs zu reden, die unten standen. Sie wurde damals nur erwischt, weil wir anderen kichernd aus den Fenstern hingen. Wir machten so einen Krach, dass die Hausmutter uns hörte und meine Freundin auf der Stelle feuerte. Sie ist jetzt Prozessanwältin. Eine sehr gute.«
    »Ich hab mit jemandem geschlafen«, flüsterte Ruth, »und die Hausmutter hat gesagt, ich wäre ein schlechter Einfluss für die anderen. Sie hat gesagt, ich wäre eine liederliche Person.«
    Sarah warf Cooper mit hochgezogenen Brauen einen fragenden Blick zu. Der nickte. »Tja, vielleicht haben sich die Zeiten ja doch geändert«, sagte sie sachlich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass von uns eine den Mut gehabt hätte, etwas so Riskantes zu tun, zumal sie uns eingebläut hatten, dass der zukünftige Ehemann immer merkt, ob ein Mädchen noch unberührt ist oder nicht.« Sie lachte. »Mit Knutschflecken und Zungenküssen kannten wir uns bestens aus, aber sonst hatten wir von Tuten und Blasen keine Ahnung. Wir waren überzeugt, wir würden grün im Gesicht werden oder am ganzen Körper einen Ausschlag bekommen, wenn wir einen Mann nicht

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