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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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den Deal der USA eingeweiht waren.»
    «Ich weiß nicht», meinte Astrid. «Zeugen haben ausgesagt, dass die Leute vom Dutchbat sich von Anfang an gar nicht gerührt haben, als Mladić mit seinen Truppen aufmarschierte, lange bevor sie überhaupt irgendwelche Anweisungen von oben hätten kriegen können.»
    «Das stimmt wohl», bestätigte Bonhoeffer. «Und das lässt den Schluss zu, dass irgendeiner aus der Führungsriege des Dutchbat in Srebrenica einen direkten Draht zu den USA oder zu Mladić gehabt haben muss. So», meinte er und schob ihr das Bild wieder hin, «und jetzt schau dir mit dem Hintergrund noch einmal das Foto an. Der Mann, dem euer Bouma da zuprostet, ist nämlich Ratko Mladić.»
     
    Peter Cox hatte sich zwei Stunden freigenommen und zuerst einmal den Anzug, den er morgen auf der Beerdigung tragen wollte, in die Schnellreinigung gebracht.
    Irina war recht verständnisvoll gewesen. Er hatte ihr gestern Abend eine Mail geschickt und ihr gesagt, dass er nun doch keinen Urlaub nehmen konnte, zumindest vorläufig nicht. Sie sollte gleich wissen, dass man in seinem Beruf flexibel sein musste. Und sie schien damit kein Problem zu haben, hatte gleich geantwortet und gemeint, vielleicht sei der Fall ja bald abgeschlossen, und dann könnten sie sich ein paar schöne Tage machen – es gäbe doch so viele reizvolle Städte in der Umgebung –, und bis dahin wisse sie sich schon zu beschäftigen. Das hatte nett geklungen, trotzdem war ihm mulmig gewesen. Er konnte sie doch nicht gleich allein in seiner Wohnung lassen! Später einmal vielleicht, wenn sie sich besser kannten. Hoffentlich zog sich der Fall nicht noch länger hin.
    Im Moment war keine Lösung in Sicht. Zu dumm, dass die Drogenfahndung anscheinend Scheuklappen trug. Nächtelang hatten sie Unkrigs Anwesen observiert und dabei nur ein paar Dealer kommen und gehen sehen.
    Aber da gab es doch jemanden, der auch die Augen aufhielt, der wusste, was auf der Schanz und drumherum vor sich ging – diesen Voss –, mit dem musste man sich ausführlicher unterhalten.
    Er schaute auf die Uhr, der Anzug war frühestens in einer Stunde fertig.
     
    Auf der Wiese vor der Schanz tummelten sich Schlittschuhläufer. Wenn man in Bewegung blieb, konnte man es inzwischen wieder gut draußen aushalten.
    Cox schloss seinen Wagen ab und betrachtete das Treiben. Kinder hatten mehrere Schlitten aneinander gebunden und zogen sich gegenseitig mit dieser schlingernden Schlange übers Eis. Am Dorfeingang kam ihm ein Junge entgegen, warm eingepackt in einen Overall und mit knallroten Fäustlingen an den Händen.
    «Kannst du mir sagen, wo Herr Voss wohnt?»
    « Herr Voss?» Der Junge lachte ihm frech ins Gesicht. «Da hinten an der Ecke», half er dann gnädig und zeigte auf das Haus mit dem abblätternden Putz und den schmutzigen Fensterscheiben. Cox schellte und wartete, erst nach dem dritten Klingeln ertönte der Türsummer. Als er die Tür aufstieß, schlug ihm Schimmelgeruch entgegen.
    «Was wollen Sie?», kam eine Stimme von oben.
    Am Kopf der Treppe stand eine ältere Frau in einer ausgeleierten Jerseyhose und einem Kasack aus glitschigem Synthetikstoff. Cox zückte seinen Ausweis und hielt ihn ihr entgegen. «Ich bin von der Kripo. Frau Voss?»
    «Ja, und was wollen Sie?»
    «Ich möchte mit Ihrem Sohn sprechen. Ist er da?»
    «Wo soll der wohl sonst sein?» Sie drehte sich um und verschwand in der Wohnung, ließ die Tür aber offen. Cox stieg die knarrenden Stufen hoch, das Treppengeländer war klebrig, die Wände dunkel von Fliegendreck.
    Sie wartete im düsteren Flur.
    «Er ist in seinem Zimmer, aber in die Räuberhöhle lass ich Sie nicht rein. Nicht mal Manns genug, seine eigenen Sachen in Ordnung zu halten! Und auf wen fällt das nachher zurück?»
    Energisch drängte sie sich an ihm vorbei und klopfte an eine Tür. «Klaus, komm raus!»
    Scharfer Schweißgeruch stieg Cox in die Nase. Ihr Haar war silberblond und strohig von zu häufigem Färben. Die Wohnzimmertür stand halb offen, und der Fernseher lief auf höchster Lautstärke. Cox erhaschte einen Blick auf einen Mann im Trainingsanzug, die Jacke hing offen über einem fleckigen Unterhemd. Er saß auf dem Sofa, die Beine hochgelegt, und hielt nachlässig eine Bierflasche in der Hand.
    «Klaus!» Jetzt bollerte die Mutter gegen die Tür. «Nun aber mal dalli! Hier ist Polizei für dich.» Sie wandte Cox ihr Gesicht zu, die Wimpern waren zu Fliegenbeinen getuscht. «Was hat der Versager denn jetzt wieder

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