Die Schanz
unbehaglich.
«Ich muss dat Teil hier anknipsen, du has’ do’ nix dagegen.»
«Nee, nee …»
Ackermann schaltete das Bandgerät ein und zog das Mikrofon heran. «Vernehmung des Landwirtes Heinrich Ingenhaag am 18. November 2002 um 11 Uhr 08 durch Kommissar Josef Quirinus Ackermann.»
«Quirinus?» Ingenhaag machte kugelrunde Augen.
«Klappe!»
Ackermann schlug den Fragenkatalog auf, den Cox ihm noch schnell in die Hand gedrückt hatte, und begann: «Herr Ingenhaag, ist Ihnen der Niederländer Willem Bouma, Oberst a. D., wohnhaft Martin-Schenk-Straße 3, bekannt?»
«Was ist kaputt?»
Aber Ackermann starrte nur auf sein Papier und kratzte sich an der Nase. «Dat kann man weglassen … dat auch», murmelte er, «äh, hier ja!» Er schaute hoch.
«Herr Ingenhaag, wann und in welchem Zusammenhang haben Sie Willem Bouma zum letzten Mal gesehen? Bitte geben Sie die genaue Uhrzeit an.»
«Was sprichst du denn so komisch?»
Wieder beachtete Ackermann ihn nicht, halblaut las er die nächsten Zeilen.
«Okay, also, Herr Ingenhaag, wo waren Sie am 3. September letzten Jahres nach 19 Uhr?»
Ingenhaag ließ sich jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen, aber das schien Ackermann überhaupt nichts auszumachen. Er nickte nachsichtig, als Ingenhaag ihm erzählte, dass er Bouma schon mindestens drei Monate nicht mehr gesehen hätte, hakte nicht nach, als der Bauer vorgab, sich nicht an die Tage erinnern zu können, an denen die Anschläge auf Bouma verübt worden waren, und war glänzender Laune, als er endlich das Bandgerät abschaltete: «Ende der Vernehmung 11 Uhr 50 – ähm –, vorläufig.»
Dann drehte er sich in aller Ruhe eine Zigarette und zündete sie an. «Tja, dat tut mir jetz’ echt Leid für dich, wo de dir doch so ’ne Mühe gegeben has’ …»
Ingenhaag beäugte ihn misstrauisch. «Wieso?» Auf seiner Oberlippe glitzerte Schweiß.
«Nee, nee, war ’ne feine kleine Märchenstunde, Heinz, ehrlich, bloß dat ich gestern mit dem Molenkamp seinem Urenkel ’n bisken geplaudert hab, mit dem Jens.»
Ingenhaag sagte nichts.
«Un’ wat muss ich hören? Du has’ den Jung auf Boumas Dach geschickt, dat der dem Lumpen innen Schornstein steckt. Am 6. Juni is’ dat gewesen.»
«Was?», brüllte Ingenhaag und sprang auf die Füße. «Ich?»
Ackermann packte ihn bei der Schulter und drückte ihn auf den Stuhl zurück, mit der anderen Hand startete er das Tonband.
«Ich soll das gewesen sein? Das ist ja wohl eine Unverschämtheit sondergleichen!» Der Bauer tobte. «Ich mach ja viel mit, aber jetzt reicht es! Das war Dellmann! Dellmann hat den Molenkamp auf das Dach geschickt. Dellmann war das, ich hab damit gar nichts zu tun. Und Unkrig war das mit dem Hund. Da war ich von Anfang an gegen, aber jetzt mir die ganze Sache in die Schuhe schieben wollen!»
«Du wars’ dabei, Heinz, du bis’ immer dabei gewesen. Un’ dat mit dem Hänger Mist, dat wars’ du, hat mir der Jung’ gesagt.»
«Das kann der gar nicht wissen», brüllte Ingenhaag. «Außerdem war das bloß ein Scherz …»
Ackermann stoppte das Band. «Dat reicht ers’ ma’. Denk ma’ mit dran, dat ich mich bei dem jungen Molenkamp entschuldigen muss. Der hat nämlich gar nix gesagt.»
Ingenhaag wich alle Farbe aus dem Gesicht. «Du verdammtes Dreckschwein!»
«Besser, du hälts’ die Luft an, sons’ kommt bei deine ganze Scherze au’ no’ Beamtenbeleidigung dabei.» Ackermann griff zum Telefon und drückte eine Taste. «Chef? Ich hätt wohl ’n Geständnis vorliegen. Wat is’ dir lieber, Chorgesang, oder sollen die uns dat solo vortragen?»
Ingenhaag saß da wie ein geprügelter Hund, Dellmann schoss mit bitterbösen Blicken um sich, Jörg Unkrig schwankte zwischen eingeschnappt und großmäulig. Sie gaben alle Anschläge zu, konnten sich sogar an die genauen Daten erinnern. Erleichtert wirkte nur Ingenhaag.
Toppe war sehr ernst. «Damit können wir dieses Thema endlich abhaken und zum Eigentlichen kommen, dem Mord an Willem Bouma. Es ist Ihnen hoffentlich klar, dass Sie zu den Hauptverdächtigen gehören.»
«Jetzt ist es aber genug», fauchte Dellmann. Unkrig lachte gepresst.
«Wir müssen uns über Ihre Alibis unterhalten», fuhr Toppe fort.
Cox erhob sich und machte eine einladende Handbewegung. «Wenn Sie uns dann bitte in die einzelnen Vernehmungsräume folgen würden!»
«Warum?», fuhr Dellmann auf. «Ich hab vor niemand was zu verbergen!»
«Wisst er wat?» Ackermann verteilte Zettel und Stifte.
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