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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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richtiges Alibi hat er jedenfalls nicht. Den Türsteher von der Disco können wir uns schenken. Selbst wenn Unkrig sich dort die halbe Nacht vergnügt hat, kann er am nächsten Tag trotzdem Bouma erschossen haben. Bliebe nur die Mutter.»
    «Un’ die kannste auch knicken. Die hat der längs’ auf Linie getrimmt, un’ die sagt sowieso nix gegen ihren Augenstern.»
    Toppe griff zum Telefon. «Mal sehen, ob van Gemmern Zeit hat. Er kann mit uns zu Unkrigs kommen und sich mal ein bisschen umschauen.»
    «Et is’ vier Wochen her, dat Bouma erschossen worden is’. Meinste, da finden wer noch Spuren?»
    «Deshalb will ich ja van Gemmern dabeihaben.»
    Ackermann raffte Jacke und Schal zusammen. «Na, dann wollen wer uns heut ma’ wieder ’n schönen Tag in einem von de idyllischsten Dörfer am Niederrhein machen, wie et so schön heißt. Un’ wohl au’ no’ morgen un’ übermorgen un’ dat ganze schöne Wochenende.»
     
    Maarten Rijnder war sicher noch keine vierzig, aber sein Haar war fast weiß. Er hatte dunkle, eindringliche Augen, und sein Gesicht verriet, dass er zu viel trank.
    «Du wohnst in einem sehr schönen Haus», sagte er, als Astrid ihm die Hand gab. «Und deine Wegbeschreibung war gut, ich habe es sofort gefunden. Das ist nicht immer so.»
    «Geben Sie mir Ihre Jacke, ich häng sie auf. Und dann kommen Sie mit an den Kamin, da ist es gemütlicher.»
    Sie nahm ihm die Jacke ab und wunderte sich im Stillen, wie nervös sie auf einmal war. «Möchten Sie lieber Kaffee oder Tee? Ich habe beides.»
    Er schob den Pulloverärmel hoch und schaute auf die Uhr. «Kaffee, schwarz bitte, und wenn du hast, einen Genever dazu.»
    «Bitte!» Astrid zeigte ein wenig fahrig auf die Sessel am Kamin. «Setzen Sie sich doch. Ich geh mal nachschauen. Genever? Ich weiß nicht, ob wir den haben, könnt’s auch ein Cognac sein?»
    «Dann lieber Whisky.»
    Sie ging in die Küche, füllte den Kaffee in die Warmhaltekanne, stellte zwei Becher aufs Tablett und ging zum Schrank, in dem sie das Hochprozentige aufbewahrten. «Werd erwachsen», schalt sie sich halblaut. «Er hat ganz normale Augen.»
    «Du brauchst bestimmt Hilfe.»
    Sie fuhr herum.
    Er lächelte träge. «Du hast eine Verletzung, oder?» Er deutete auf die Armschlinge. «Du kannst nichts tragen. Soll ich helfen?»
    «Ich hätte dich sowieso gerufen», antwortete sie, «aber es ist nett, danke. Ich habe auch Genever gefunden.»
    «Gläser?»
    «Oben links.»
    «Zwei?»
    «Eins nur.»
    «Ist es noch zu früh für dich?»
    Sie zuckte die Achseln. «Ich mag keinen Genever.»
    Er schaute auf ihren Mund. «Willst du etwas anderes aus diesem Giftschrank hier?»
    «Nein …» Sie straffte die Schultern. «Kaffee reicht mir einstweilen. Sollen wir uns ans Feuer setzen? Nett, dass du mir helfen willst – nicht nur mit dem Tablett, meine ich.»
    «Vielleicht hilfst du mir.»
    Er trug alles zum kleinen Tisch zwischen den Sesseln, setzte sich, goss sich einen Genever ein und überließ Astrid den Kaffee.
    «Wie meinst du das?», fragte sie vorsichtig.
    «Ich habe bis jetzt nie darüber gesprochen.» Er kippte den Schnaps, streckte die Beine von sich, verschränkte die Arme im Nacken und schloss die Augen.
    Im Kamin fiel ein Holzscheit um, Funken stoben auf, das Feuer zischte.
    «Fang an.» Immer noch geschlossene Augen. «Du hast gesagt, du willst mir Fragen zu Oberst Bouma stellen, also fang an.»
    «Ja, du warst Dolmetscher in Srebrenica, als Mladić’ Truppen den Ort eingenommen haben und die Männer ermordet wurden?»
    «Richtig.»
    «Und Bouma war zu dem Zeitpunkt stellvertretender Kommandant dort?»
    «Verdammt richtig.»
    Sie beobachtete, wie seine Beine sich anspannten.
    «Bouma ist tot», sagte sie, zögerte kurz. «Hattest du Angst vor ihm?»
    Er nahm die Arme herunter und schaute sie an. «Schon möglich, vor dem langen Arm, den diese Menschen haben, vor ihrer Macht. Bouma!»
    Sein ganzer Körper war plötzlich gespannt. «Du willst wissen, was passiert ist in Srebrenica? Was Bouma für einer war?»
    Sie saß still, nickte nur.
    «Was wirklich politisch passiert ist, das weiß ich auch nicht, aber du hast bestimmt dieselben Gerüchte gehört wie ich.»
    «Ja, ich denke, schon.»
    Er rutschte auf die Sesselkante, schaute sie nicht mehr an. «Ich glaube diesen Gerüchten, aber wissen, nein. Aber eines weiß ich, weil ich dabei war.»
    Er quälte sich. Astrid goss noch einen Genever ein und hielt ihm das Glas hin, aber Maarten Rijnder schüttelte den

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