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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Fluttor.
    Die Scheinwerferfinger huschten über Häuserwände mit dicht geschlossenen Rollläden. Das Dorf lag wie tot unter einer Glocke scharfen Brandgeruchs.
    «Hier rechts», sagte Toppe. «Vorsicht, es ist sehr eng.»
    Aber sie kamen nicht weit, ein roter Spritzenwagen blockierte die Straße.
    Van Gemmern fluchte. Sie stiegen aus, und Toppe zog die Taschenlampe aus dem Mantel.
    Ein Mann trat aus der Finsternis vor dem Haus, in dem Jens Molenkamp wohnte – der Feuerwehrmann, der als Brandwache zurückgelassen worden war. Toppe wechselte nur einen kurzen Gruß, aber van Gemmern spannte den Mann sofort ein. «Ich muss Licht bauen. Bist du so freundlich und packst mal mit an?»
    Toppe stapfte durch Wasserlachen – anscheinend fror es nicht mehr –, er hatte wieder einmal seine Gummistiefel vergessen.
    Der alte Schuppen neben Rose Wetterborns Haus. Das Dach und die Wände hatte das Feuer zerstört, nur die Stützbalken waren verschont geblieben. Toppes Lampenstrahl fuhr über die schuppig verkohlte Oberfläche des schwarzen Holzes. Alles war mit schmierigem Ruß bedeckt und troff vor Nässe. Ein ausgeglühter Gartenstuhl lag umgekippt, die Sitzfläche fehlte, man erkannte Klumpen von zerschmortem Plastik. Daneben die Leiche.
    Hinter ihm platschende Schritte, van Gemmern war gekommen. Er legte Stative ab, dann richtete er sich auf, drehte den Kopf und schnupperte. «Benzin», sagte er. «Riechst du das nicht?»
    «Du meinst …»
    «Wir werden sehen.»
    Die Leiche lag halb auf der Seite, die Beine angewinkelt, die Arme hinter dem Rücken grotesk verkrampft. Sie war zu einem großen Teil skelettiert, das Feuer war heiß gewesen, hatte aber offensichtlich nicht lange genug gebrannt, um alles Fleisch zu verkochen, teilweise hing noch versengtes Gewebe an den Knochen. Die Lippen hatten die Flammen gefressen, sodass die Zähne frei lagen, der Schmelz dunkel und gesprungen. Auch die Nase war verbrannt, ebenso das Haar und die Kopfhaut, die Augäpfel lagen zu schrumpeligen Kugeln verkocht in zu großen Höhlen. An den Beinen war kein Gewebe mehr, die Füße, ebenso wie die Hände, schwarze Stümpfe. Nur am Gesäß und an der Hüfte konnten sie Reste von Kleidung entdecken, ein dunkler Stoff, der mit blasigem Plastik und gekochtem Fleisch verschmolzen war.
    Unmöglich zu sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte, ob der Mensch jung oder alt gewesen war.
    Toppe trat zur Seite, als van Gemmern anfing zu fotografieren, und schaute sich um. Da waren drei weitere Stühle, aufeinander gestapelt, ausgeglüht und verschmort, gut zwei Meter vom umgekippten Stuhl und dem Opfer entfernt, ansonsten war der Schuppen anscheinend leer gewesen.
    Er stieg über verkohlte Bretter und eine Schlammpfütze hinweg und ging hinüber zum Feuerwehrmann. Ihm war übel.
    «Haben Sie jemanden aus dem Dorf gesehen?»
    «Nein, aber ein paar Mal hab ich gedacht, ich hätte was gehört. Waren aber vielleicht bloß Katzen. Bin echt froh, dass ihr da seid, ist verdammt gruselig.»
    Toppe zündete sich eine Zigarette an und ging die wenigen Schritte bis zur Hauptgasse. Nichts, nur bleierne Stille. Was sollte er tun? Sollte er eine Hundertschaft anrücken und jedes Haus stürmen lassen? Wer war die Leiche? Es musste jemand aus dem Dorf sein. Wohin waren die Leute evakuiert worden?
    «Helmut, kommst du mal?»
    Van Gemmern zeigte auf die Fußstümpfe der Leiche und drückte ihm eine Lupe in die Hand. «Direkt über den Knöcheln.»
    Toppe entdeckte eine wulstige Linie.
    «An den Handgelenken dasselbe und dann hier am Stuhl.»
    «Fesseln?»
    «Sieht ganz so aus. Der Tote war auf diesen Stuhl gefesselt, dem ersten Anschein nach mit einem Kunststoffband. Dann hat jemand Benzin ausgegossen und in Brand gesetzt.»
    Van Gemmern zog die Gummihandschuhe aus. «Ist nur vorläufig, ich muss noch eine Menge Analysen machen, aber dazu brauche ich Tageslicht und wachere Augen. Mit dem Leichnam kann ich nichts weiter anfangen, da ist jetzt Bonhoeffer gefragt. Ich habe den Bestatter schon angerufen, er ist unterwegs hierher. Auf alle Fälle müssen wir absperren. Und eine Wache brauchen wir auch.»
    Toppe schaute auf die Uhr – zehn vor drei. Ihm war schwindelig vor Müdigkeit.
    «Gut», sagte er, «ich rufe in der Zentrale an. Sie sollen gleich ein paar Leute mehr schicken, die das Dorf an den zentralen Stellen bewachen, damit hier keiner rauskommt … falls noch jemand drin ist.»
    Er brauchte dringend drei, vier Stunden Schlaf, bevor er irgendeinen

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