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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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Dokumentenkästen; aber der silberne Stifthalter war wie ein Drache geformt, der mit den Stoßzähnen aus Ebenholz, die ihm aus dem Kiefer ragten, ziemlich wunderlich aussah. Ein ähnlicher Gegensatz war auch in den Buchkisten aus Mahagoni erkennbar, die sich an der Wand aufreihten. Die verschiedensten Erinnerungsstücke aus entfernten Weltgegenden ließen die glatten Kisten mit den harten Kanten weicher erscheinen - Kosakendolche, Saraszenenschwerter, afrikanische Masken, etruskische Kunstwerke. Auf der Anrichte fanden sich Portweine und Sherrys, deren gesättigte Farben in der Glut des Kaminfeuers funkelten.
    In der Erscheinung des Marquis spiegelte sich die Zwanglosigkeit der Einrichtung wider. Den Kragen seines Hemdes trug er offen, die Ärmel waren bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, die Füße steckten in marokkanischen Slippern. Er trat über einen Stapel Dokumente, der auf dem Fußboden herumlag, setzte sich in einen ledernen Armsessel am Kamin und bedeutete Osborne mit einer Handbewegung, es ihm gleichzutun.
    »Schenken Sie sich selbst einen Drink ein, wenn Sie möchten.« Lynsleys Stimme gab keinerlei Überraschung oder Verdrießlichkeit darüber zu erkennen, dass in seinem privaten Rückzugsort eingedrungen wurde.
    Gibt es eigentlich gar nichts, was diesen verfluchten Kerl in seiner Kaltblütigkeit aufstören konnte?
    »Nein. Vielen Dank.« Osborne blieb stehen.
    »Irgendetwas nicht in Ordnung?« Zu seiner Verwirrung schnappte der Marquis sich einen Stapel Notizen und begann, durch die Seiten zu blättern.
    »Außer der Tatsache, dass die Contessa eine Juwelendiebin ist?«, schoss Osborne sarkastisch zurück. »Und dass vier Straßenräuber ihr in der vergangenen Nacht beinahe die Kehle aufgeschlitzt hätten?«
    Der Marquis schaute nicht auf. »Wie ich bereits erwähnte: Die Lady ist eine unabhängige Frau. Weder Sie noch ich haben das Recht, über sie zu urteilen. An Ihrer Stelle würde ich mich nicht in ihr Privatleben einmischen. Es sieht so aus, als könne sie sehr gut selbst auf sich aufpassen.«
    »Auf Ihre Belehrungen sollten Sie lieber verzichten! Ich bin kein dummer Schuljunge.« Osborne ging zum Kamin und stemmte einen Stiefel auf den Rost. »Ihr kleiner Vortrag wird mich nicht aus dem Haus treiben.«
    »Dann lassen Sie es mich ein wenig anders formulieren«, meinte Lynsley. »Sie haben getan, worum Sie gebeten worden sind. Und jetzt lassen Sie die Lady bitte allein.«
    »Ich habe die Nase gestrichen voll davon, mich ständig von Ihnen benutzen zu lassen! Und von ihr.« Er war kurz davor, den Marquis anzubrüllen. »Ich verlange Antworten, Lynsley!«
    Seufzen. »Und wie lauten Ihre Fragen?«
    »Erzählen Sie mir mehr über eine Gruppe von Frauen, die einen schwarzen Falken über der linken Brust tätowiert haben. Wer sind diese Frauen?«
    Lynsley legte die Papiere beiseite und trank einen Schluck Sherry.
    Plötzlich riss Osborne der Geduldsfaden. Er schnappte nach einer kleinen Jadeschnitzerei auf dem Kaminsims und schleuderte sie auf den leeren Sessel. »Verdammt noch mal, Mann! Arbeiten die Frauen für Sie?«
    »Setzen Sie sich, Osborne.« Inzwischen wirkte der Marquis längst nicht mehr so leutselig.
    Osbornes Gesichtszüge hatten sich verhärtet. Aber nachdem er tief durchgeatmet hatte, folgte er der Aufforderung.
    »Und bitte platzieren Sie Ihren Allerwertesten nicht auf meinen Buddha!«, fügte Lynsley hinzu. »Es handelt sich um ein seltenes Stück aus der Ming-Dynastie. Gewiss ein teures Stück, aber davon abgesehen rührt es auch einige Erinnerungen auf.«
    Kleinlaut stellte Osborne die Statue auf den Lampentisch an seinem Ellbogen.
    »Darf ich nun darauf vertrauen, dass die tiefe Ruhe des großen Meisters auch ein wenig auf Sie abgefärbt ist?«
    Osborne faltete die Hände im Schoß. »Ich bin bereit, mich aufklären zu lassen.«
    In Lynsleys Augen blitzte es amüsiert auf. »Ich bedaure sehr, dass ich nicht so frei bin, mehr als nur ein Quäntchen des Geheimnisses zu lüften. Nun, ich möchte Sie bitten, sich mit meinem Wort zufriedenzugeben, dass es eine Angelegenheit äußerster Dringlichkeit ist, Lady Sofia allein zu lassen.«
    Obwohl die Abweisung schon viel sanfter klang, traf sie ihn immer noch hart. »Sie halten mich also für einen oberflächlichen Salonlöwen, für einen kohlköpfigen eitlen Stutzer, dem man keinerlei Geheimnisse anvertrauen darf?«
    »Ganz im Gegenteil. Nur wegen Ihrer Intelligenz und Vertrauenswürdigkeit habe ich mich überhaupt entschieden, Sie um Hilfe zu

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