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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Coulter hat ihn stinkwütend gemacht. Er will sich Fegan selbst vorknöpfen.«
    Campbell sah Marie an, die ihre Tochter fest an die Brust gedrückt hatte. »Und was wird aus der Frau und dem Kind? Wenn alles vorbei ist, meine ich?«
    Er hätte schwören können, dass er McGintys Atem an seinem Ohr spürte. »Keine Ahnung. Das sehen wir, wenn wir so weit sind.«
    »In Ordnung. Es wird ein paar Stunden dauern, bis wir in Middletown sind. Ich rufe an und frage nach dem Weg, wenn wir in der Nähe sind.«
    Campbell klappte sein Mobiltelefon zu.
    »Und?«, fragte Coyle.
    Campbell steckte das Telefon zurück in die Tasche. »Wir haben eine lange Fahrt vor uns. Ich gehe jetzt erst mal pinkeln und versuche, einen klaren Kopf zu bekommen. Pass auf sie auf.«
    Campbell drehte sich um und humpelte in den Schatten des Waldes hinein. Immer weiter zwängte er sich durch das Geäst. Als er sicher war, dass Coyle ihn nicht hören konnte, holte er das Telefon aus der Tasche. Er zögerte noch einen Moment, dann wählte er die Nummer seines Kontaktmannes.
    »Hallo?«
    »Ich bin’s«, sagte Campbell.
    »Sind Sie wahnsinnig, mich von diesem Telefon aus anzurufen?«
    Campbell drehte sich ein paar Mal im Kreis und spähte durch die Bäume, um sicherzugehen, dass Coyle ihm auch wirklich nicht gefolgt war. »Ich hatte keine andere Wahl. Ich muss sofort mit Ihnen sprechen.«
    »Was ist los?«
    »Wir haben die Frau und die Kleine. Sie sagt, Fegan ist irgendwo in Belfast. Wo genau, weiß sie nicht.«
    »Was soll das heißen? Haltet ihr die beiden als Geiseln?«
    »War McGintys Idee.«
    Campbell berichtete vom Plan des Politikers.
    »Mein Gott«, entfuhr es dem Kontaktmann. »Ihnen bleibt wohl nichts anderes übrig, als mitzuspielen. Solange Fegan aus dem Weg geschafft wird und sie ihren eigenen Dreck wegräumen, gut. Sehen Sie nur zu, dass es nicht noch mehr aus dem Ruder läuft.«
    »Aber was ist mit der Frau und dem Kind? McGinty wird sie nicht einfach gehen lassen, wenn die Sache vorbei ist, da bin ich mir sicher. Irgendetwas hat er gegen sie, und nicht nur, dass sie mit einem Bullen gevögelt hat.«
    »Die beiden gehen uns nichts an. Wie ich schon sagte, Hauptsache ist, dass McGinty seinen eigenen Dreck beseitigt.«
    Campbell schloss die Augen und stieß dampfenden Atem aus. »Es gibt noch eine Möglichkeit«, sagte er.
    »Und welche?«
    »Denken Sie doch mal nach. Paul McGinty und Bull O’Kane werden zur selben Zeit am selben Ort sein, und sie halten Geiseln. Wenn Sie im richtigen Moment zuschlagen und kurz nachdem Fegan beseitigt wurde eine Razzia durchführen, könnten Sie beide am Tatort eines Mordes festnageln. Selbst wenn McGinty am Ende nicht angeklagt wird, ist er damit erledigt. Denken Sie nur an die ganzen Leute, die ihn immer schon baumeln sehen wollten. Aber er war immer aalglatt und zu gerissen. Wir können es schaffen. Wir können ihn fertigmachen.«
    Der Kontaktmann seufzte. »Lieber Himmel, Sie kapieren wohl wirklich nicht, worum es hier geht, was? »Und worum?«
    »Na schön, nehmen wir mal an, wir drehen McGinty und diesem alten Mistkerl O’Kane einen Strick. Und was dann? Ganz gleich, wie sehr die Parteiführung sich bemüht, sich davon zu distanzieren, die Unionisten werden auf die Barrikaden gehen. Liebe Güte, selbst die Moderaten werden mitmarschieren. Im Stormont wird sich überhaupt nichts mehr bewegen. Wir können uns nicht noch zwei Jahre Verhandlungen leisten, nur um wieder an den Punkt zu kommen, an dem wir jetzt schon sind. Die ganzen politischen Bemühungen, das ganze Geld, die ganze Arbeit - alles wäre im Eimer. Nein. Und diese Anweisung kommt von ganz oben, mein Junge. Der Stormont arbeitet weiter, egal um welchen Preis. Zugegeben, ich selbst und eine Menge anderer in meinem Beruf würden McGinty nur zu gerne an die Wand stellen, aber das kommt nicht in Frage. Und jetzt seien Sie ein braver Junge und tun Sie, was man Ihnen sagt.«
    Campbell lehnte seine Stirn an einen Baumstamm und spürte das Kratzen der Rinde auf der Haut.
    »In Ordnung«, sagte er schließlich und klappte sein Telefon zu.
    Er humpelte zurück zur Lichtung. Alle möglichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er hatte in seinem Leben schon schlimmere Dinge getan, das hier würde er auch noch durchstehen. Kaum erkannte er durch die Äste den rotlackierten Lieferwagen, als er auch schon Eddy Coyles schwache Schreie hörte.
    »Davy! Davy!«
    Humpelnd lief Campbell los und ignorierte den brennenden Schmerz auf seinen Rippen. Er stürzte

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