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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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gleich stark, mit mächtigen Kiefern und dicken Hälsen. Beide gute, ausgewachsene Rüden, kampferprobt, voller Narben und mit schweren Hoden zwischen den Beinen, aus denen ihre Aggressivität kam. Erstklassige Pitbulls. Gute Tiere. Er liebte gute Tiere, wie jeder Mann, der einen Pfifferling wert war.
    Sie gingen jetzt schon vierzig Minuten aufeinander los. Ihre Schnauzen und mächtigen Brustkörbe waren über und über mit Blut besudelt, die frischen Wunden glänzten im harten Licht. Einer hatte ein Stück seiner Lefzen verloren, der andere eine aufgerissene Schulter, aber keiner zeigte irgendwelche Ermüdungserscheinungen, während ihre Hundeführer sie zu immer neuen Attacken anstachelten. Die Wände des Kampfplatzes waren mit hölzernen Planken ausgekleidet, auf denen in bizarren Bögen und Spritzern altes und neues Blut klebte.
    Der Gestreifte und der Rote ließen voneinander ab und starrten einander an. Der Alte spürte ein Zucken in den Lenden, er ahnte, dass jetzt die letzte Runde kam. Das Gebrüll der Menge erstarb zu einem Raunen. Fast sechzig Männer warteten auf diesen Moment.
    Meine Güte, wie schnell die waren! Sie mochten vielleicht dumpf aussehen, nur grobschlächtige Klötze aus Fleisch und Zähnen, aber wer das glaubte, den hatten sie im nächsten Moment schon. Sie sprangen im selben Moment los, die Pfoten in die Luft gereckt, schlugen sie aufeinander ein und versuchten, den anderen zu Boden zu drücken. Ihre Hinterläufe waren angespannt, während sie aufeinander einprügelten und mit den Zähnen schnappten. Einzelne Rufe wurden in der Menge laut, während die Hunde weiter knurrend umeinander tanzten, jeder wollte die Oberhand gewinnen, den anderen niederdrücken und erledigen. Zuerst schien es, als würde der Rote gewinnen, er hatte sich in der Nackenhaut des anderen verbissen. Dann aber warf sich der Gestreifte mit seinem ganzen Gewicht auf den Roten.
    Im nächsten Moment war es vorbei. Der Gestreifte vergrub sein mächtiges Gebiss im Nacken des Roten, und ein lautes Winseln gellte durch die alte Scheune. Ein tiefes, triumphierendes Knurren entfuhr der Brust des Gestreiften, während er die Schnauze des Roten in den Staub drückte. Der Rote strampelte mit den Läufen, aber er war dem anderen Hund ausgeliefert. Gnade kannte der Gestreifte nicht, und so bündelte er alle Kraft in seinen kräftigen Kiefermuskeln. Instinkt und Zucht sorgten dafür, dass er die Kiefer zusammendrückte.
    »In Ordnung, das reicht!« Bull O’Kane stieg die Tribüne Rang um Rang hinunter, sein massiger Körper ließ die Bänke der Tribüne ächzen. Die Hundeführer sprangen in die Arena, um die Rüden zu trennen. »Aus!«, schrie der Besitzer des Gestreiften, packte sein Ohr und zog daran.
    Der Besitzer des anderen Hundes versuchte mit einer Metallstange, die er sonst benutzte, um sein eigenes Tier damit abzurichten, die Kiefer des Gewinners auseinanderzustemmen. »Verdammter Mist, der bringt ihn ja um!« Der Gestreifte wackelte mit dem Kopf hin und her und biss noch fester zu.
    »Zum Teufel noch mal, aus dem Weg!«, befahl O’Kane.
    Er stieg in die Arena hinab und stieß die beiden Hundebesitzer beiseite. Der empfindliche Hodensack des Gestreiften baumelte ungeschützt zwischen seinen Hinterläufen. Mit einem satten Klatschen traf ihn O’Kanes Stiefel. Der Hund jaulte auf, ließ aber nicht los.
    »Blöder Mistköter!« O’Kane wischte sich den Speichel vom Mund, holte noch einmal aus und trat dem Gestreiften mit dem Stiefel erneut zwischen die Beine. Der Hund taumelte zur Seite, seine Hinterläufe zitterten, doch er ließ mit seinen monströsen Kiefern immer noch nicht los.
    »Jetzt bist du dran, du Töle!« O’Kane war beinahe siebzig, aber trotzdem immer noch der Bulle. Er legte sein ganzes Gewicht in den rechten Fuß, und endlich machte der Hund das Maul auf und reckte die Schnauze zum verrosteten Dach hoch. Er heulte, knurrte und wirbelte herum, um seinen Peiniger anzugreifen.
    O’Kane starrte ihm in die Augen. »Na komm doch.«
    Der Hund duckte sich zum Sprung.
    O’Kane stellte sich breitbeinig hin.
    Der Gestreifte zögerte nicht. Mit gebleckten Zähnen sprang er ihn an. Die Augen in seinem Kopf rollten, blutroter Sabber troff ihm aus den Lefzen.
    Er hatte keine Chance.
    O’Kane ließ ihn kommen und hielt ihm eine schwielige Hand hin. In dem Moment, wo der Hund versuchte, seine Zähne in die rechte Faust zu schlagen, drückte O’Kane ihm die Finger tief in den Rachen und legte ihm den linken Arm um den

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