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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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überzeugt, dass man drinnen sitzen und von dort aus die Türen des Postamts im Blick behalten konnte.
    Als er das Postamt betrat, gelangte er zunächst in einen ersten Raum mit den Postschließfächern. 257 Stück. Eine kleine Halle. Man musste eine weitere Tür aufstoßen, um zu den Schaltern zu gelangen. Gut, befand Winter. Es dauerte länger, bis man drinnen war, aber auch, bis man wieder herauskam.
    Bis jetzt hatte noch niemand die Miete für Helene Andersens Wohnung bezahlt. Soweit es nicht in der letzten Stunde geschehen war.
    Drei Personen standen über das Schreibpult in der Mitte der Schalterhalle gebeugt und füllten Formulare aus.
    Einer der Drei war Bergenhem. Er hob kurz den Kopf und musterte Winter gleichgültig. Dann blickte er wieder auf sein Formular.
    Ganz hinten im Raum befand sich der Schalter der »Postbank«, ohne die üblichen Schutzscheiben aus bruchsicherem Glas. Dahinter hatte man einen Giebel zu einem roten kleinen Häuschen gebaut.
    In vier Meter Höhe war zwischen dem Schild der Postbank und der Kasse eine Videokamera an die Wand montiert worden. Winter blickte flüchtig hinauf. Sie war gut platziert und bis auf das schwarze Auge, das sich langsam bewegte, in demselben diskreten Grau gehalten wie die Wand.
    Die zweite Kamera war über Kasse 3 angebracht neben einem Plakat mit den Worten »Es kostet nichts, sich Rat zu holen«.
    Winter hatte das Hinweisschild an der Tür vollkommen übersehen, auf dem stand, dass das Amt videoüberwacht wurde. Gut, freute er sich. Wenn ich es nicht beachtet habe, wird es vielleicht auch anderen entgehen.
    Jetzt erst wurden ihm die Stimmen bewusst, die den Raum erfüllten. Sein Körper hatte sich entspannt, und so brandeten die Stimmen an sein Ohr, als hätte er den Lautstärkeregler von Null auf volle Lautstärke aufgedreht. Zwei Kinder sangen etwas, ständig kamen Leute herein oder gingen wieder. Bergenhem verharrte nun vor dem Schreibwarenregal. Er hielt einen DIN-A5-Umschlag in der Hand und wirkte wie einer, der sich seine Umschläge gründlich aussucht. Winter starrte ihn unverwandt an, aber Bergenhem blickte nicht einmal in seine Richtung.
    Winter fiel auf, dass die dicke blaugraue Fußmatte an der Tür in der Mitte eine Falte hatte, und er wusste, dass Bergenhem sie auf diskrete Weise angebracht hatte.
    Alle hatten sie etwas zu erledigen: Zwei Frauen mit Kindern um die Beine schwatzten miteinander, andere schrieben oder blickten geradeaus. Es waren ungefähr ebenso viele Frauen wie Männer im Raum. Keiner der Männer hatte einen Bart oder starrte die Kameras misstrauisch an.
    Vielleicht ist er dennoch gerade hier, stellte Winter sich vor. Vielleicht passiert es genau jetzt. Hält er sich ans Protokoll, ist es erst morgen so weit, aber Gewohnheiten konnten sich ändern.
    Die Postangestellten hinter dem Glas arbeiteten ruhig und professionell. Es waren alles Frauen. Sie trugen postblaue Jacken und schmal gestreifte Blusen. Trotz der Nummernausgabe bildeten sich an allen Kassen Schlangen.
    Die Kassiererinnen hatten eine Notiz mit der Wohnungsnummer erhalten. Wenn sie auf die Zahl stießen... Es hatte früher funktioniert. Alle wussten, worum es sich handelte. Kein Kunde drängelte, verlangte schnelle Bedienung, die ablenken könnte. Sollte dies geschehen, wären sie doppelt aufmerksam.
    Winter lauschte auf die Stimmen ringsum und musste plötzlich wieder an die stumme Helene denken. Wie sie während der Obduktion ausgesehen hatte.
    Winter fuhr Richtung Stadtzentrum an Helenevik vorbei und durch den Tunnel unter der Schnellstraße. Beim Parkplatz bog er ab und stieg aus. Zwei weitere Autos standen da. Er hörte einen Motor über dem Wasser, sah aber kein Boot. Der Himmel spiegelte sich im See. Himmel und Wasser schienen eins zu sein, und das Licht blendete ihn, als er näher trat.
    Sie hatten das Gelände noch einmal nach Gegenständen abgesucht, aber sie fanden nichts, das sie mit dem Mord in Zusammenhang bringen konnten. Auch nach einer weiteren Leiche hatte man gesucht. Niemand hatte laut davon gesprochen, als die Polizisten ausschwärmten, aber alle wussten, was dort versteckt unter den Bäumen liegen konnte.
    Unter den Bäumen oder im Wasser, überlegte Winter. Wir müssen bald mit dem Schleppnetz arbeiten, wenn wir... an Land nichts finden. Dieses Boot, das die Frau angeblich gesehen hat. Maltzer. Das könnte das der Jungen gewesen sein. Daran waren tausend Finge rabdrücke von fünfhundert Menschen. Das Boot war beliebt. Es brachte den Jungen

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