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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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alles mitgenommen, was in diesem Kellerraum war, und da standen unter anderem zwei Kartons mit Kleidern. In einem davon lagen Kindersachen, und in einem Kleid befand sich eine Tasche, und in der Tasche steckte dieser Zettel.«
    »So?«
    »Ein altes Kleid und ein alter Zettel.« »Weißt du das genau?«
    »Ja, nicht wirklich. Wir haben noch nicht mit den Analysen angefangen. Es steht also nicht fest, wie alt die Sachen sind.«
    »Du hörst dich an wie ein unentschlossener Archäologe.«
    »In diesem Beruf muss man so sein. Aber Altersbestimmungen sind sehr schwer. Also wie ist es? Willst du raufkommen und es dir ansehen? Ich wollte mich bald auf die Socken machen.«
    Winter betrachtete zögernd die Zeichnungen, die er in Stapeln zu sortieren begonnen hatte. Er fühlte sich gestört. »Sollte ich?«
    »Wie du willst. Die Sachen laufen ja nicht weg. Aber... es ist irgendwie eigenartig. Ich spüre hier eine Art Vibration.«
    »Intuition«, half Winter.
    »Ja, eine Eingebung«, bestätigte Beier.
    »Dann komme ich am besten.«
    Winter legte auf und stellte die Musik ab, bevor er das Zimmer verließ. Es war, als hätte er damit auch die Gedanken an die Bilder ausgeschaltet, für den Augenblick.
    »Was hältst du davon?«, fragte Beier.
    »Tja, was soll man da sagen.« Winter starrte auf das Kleid und den Zettel, der daneben auf dem beleuchteten Tisch lag. Das Kleid könnte Jennies sein, aber dafür war es irgendwie... zu altertümlich, gehörte einer anderen Zeit an. Winter konnte nicht sagen, welcher Zeit, aber so etwas ließe sich sicher unschwer feststellen.
    Das Papier maß zehn mal zehn Zentimeter und schien tausendmal gefaltet worden zu sein. Es war vergilbt und wirkte unendlich spröde. So stelle ich mir die Qumran-Rollen vor, vom Toten Meer, ging Winter durch den Kopf.
    »Das sieht aber reichlich alt aus«, sagte er. »Hast du eine Kopie gemacht? «
    Beier reichte sie ihm. »Man kann die Schrift noch erkennen«, erklärte er.
    »Ist das Tinte?«
    »Tusche, glauben wir. Aber frag bitte noch nichts Schwieriges. Wir überprüfen es noch, wie alles andere. Wenn es sinnvoll erscheint.«
    »Ja«, sagte Winter. »Die Leute heben so manches alte Zeug auf. Daran ist ja an und für sich nichts merkwürdig.«
    »Nein.«
    »Dann werden sie ermordet oder verschwinden, und plötzlich stehen wir da, über ihre Habseligkeiten gebeugt.«
    »Und dann kann ein Kinderkleid richtig interessant werden«, stimmte Beier zu. »Oder ein Stück Papier mit einer rätselhaften Botschaft.«
    Wie ein Ruf aus früheren Zeiten, dachte Winter und betrachtete die Kopie in seiner Hand. Da standen die Ziffern »20/5«. In der zweiten Zeile war ein Strich von einem Zentimeter Länge, gefolgt von »16.30«. Die dritte Zeile lautete:
    »4-23?« Danach kam ein Zwischenraum von einigen Zentimetern und dann »L.v - H,T«; das T war eingekreist. Am rechten Rand des Papiers befanden sich Linien, die Winter an eine Karte erinnerten. Neben der Linie, die am weitesten nach links oben verlief, befand sich etwas, das ein Kreuz oder zwei kurze Linien sein konnte.
    »Das könnte eine Karte sein«, meinte er.
    »Die waagerechte Linie beginnt bei diesem T«, sagte Beier.
    »Das könnte ja ein Weg sein«, schlug Winter vor. »Eine Straße oder Landstraße. Oder bloß ein... Strich.«
    »Es kann alles und nichts sein«, resignierte Beier.
    Winter betrachtete die Ziffern und Buchstaben. »Dies hier dürfte eine Uhrzeit sein: 16.30. Das ist eine Uhrzeit.«
    »Und 20/5 ist vielleicht ein Datum«, sagte Beier. »Der zwanzigste Mai.«
    »Der zwanzigste Mai um halb fünf«, setzte Winter die Botschaft zusammen. »Na, was war da, Göran? Erinnerst du dich noch, was du da gemacht hast?« fragte er. Er meinte es ernst.
    »Tja. Das gibt uns Stoff zum Nachdenken. Lässt sich bestimmen, wie alt die sind, das Kleid und das Papier?«
    »Kommt drauf an. Je älter Papier ist, desto leichter ist es, das Alter festzustellen. Aber das hier ist bestimmt keine hundert Jahre alt.« Beier betrachtete den Zettel genauer. »Dann wird es schwieriger. Die Methoden der Papierherstellung haben sich ja nicht mehr viel verändert. Wir müssen die Marke herausbekommen. Die Papierqualität bestimmen.«
    »Aber mehr ist nicht drin?«
    »Hier kommen wir mit chemischen Methoden nicht weiter, wenn du das meinst. Fingerabdrücke, ja. Alter, nein. Sonst müssten wir das Labor in Stockholm hinzuziehen. Die können aber auch nur klären, was zehn, zwanzig oder dreißig Jahre zurückliegt. Es gibt vielleicht

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