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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Finger für Finger zu fotografieren.
    Unten im Graben blitzte es wieder auf, und Winter staunte, dass die Blitzlichter so grell waren, obwohl es doch bereits tagte.
    »Ich glaube, sie ist hergebracht worden«, sagte Pia Erikson Fröberg. »Der Körper hat nicht lange hier gelegen.«
    Winter nickte. Es war sinnlos, jetzt mehr zu fragen. Pia würde im Östra-Krankenhaus die weißen Flecken am Körper untersuchen. Trotzdem war es äußerst wichtig, hier alle Spuren zu sichern. Für den Augenblick würden sie aber voraussetzen, dass die Frau woanders getötet und dann an diesen Ort gebracht worden war. Irgendjemand war hier gewesen.
    Die Tote war namenlos. Und es war kein Zufall, dass ihr die Ausweispapiere fehlten. Winter wusste es, spürte es: Das hatte etwas zu bedeuten. Allein das war eine unheimliche Mitteilung. Sie würden lange nach ihrer Identität forschen müssen. Wieder fror ihn. Die Kälte breitete sich bis in seinen Kopf aus.
    »Was ist das für ein Zeichen dort an der Kiefer?«, fragte er Beier.
    »Weiß ich nicht.«
    »Ist das von der Forstwirtschaft?«
    »Keine Ahnung, aber da hat jemand was auf die Rinde gemalt.«
    »Scheint rote Farbe zu sein?«
    »Sieht so aus. Aber das Licht... «
    »Da steht was. Aber was?«, fragte Winter mehr sich selbst.
    Er versuchte zu erkennen, was für ein Zeichen oder Wort oder Buchstabe es sein könnte, aber vergebens.
    »Wir prüfen es nach«, meinte Beier.
    »Ich nehme mir die Häuserverwaltung AssiDomän und das Kreisamt vor oder wer sonst in den Wäldern hier zuständig ist«, sagte Winter. »Kann ich auf dem Pfad weitergehen?«
    Beier blickte einen der Männer von der Spurensicherung fragend an.
    »Du siehst doch den Weg«, erklärte dieser. »Halt dich in der Mitte.«
    Winter ging den Strand entlang weiter. Der Graben zur Linken endete nach einigen Metern. Er kam an mehreren Kiefern vorbei, aber soviel er sehen konnte, war an keiner ein Zeichen. Das hat eine Bedeutung, dachte er. Ich mag keine Mörder, die auf Wände oder Bäume malen.
    Er erreichte die kleine Lichtung mit der einzeln stehenden, eigenartig verkrüppelten Kiefer. Sie schien einmal abgeknickt zu sein, in jungen Jahren beschädigt, und war mit dieser lebenslangen Behinderung weiter gewachsen.
    Winter blickte über das Wasser. Er sah keine Bewegung und hörte auch keine Wasservögel mehr. Gab es hier nicht sonst zu jeder Tages- und Nachtzeit Sportangler? War nicht jemand vorbeigerudert? Oder war der Mörder selbst mit dem Boot hergekommen, hatte sein Opfer liegen gelassen und war wieder davongeglitten?
    »Sucht den ganzen Strand ab«, ordnete er an, als er an den Fundort zurückkam. »Vielleicht ist sie mit einem Boot hergebracht worden.«
    Beier nickte. »Da könntest du Recht haben.«
    Winter machte sich auf den Weg zurück zum Parkplatz. Am hinteren Zaun hing ein Schild von den Sportanglern im Regierungsbezirk Göteborg och Bohus mit dem Hinweis, dass für den Fischfang im Stora Delsjön der gelbe Anglerschein erforderlich war. Sie würden alle überprüfen müssen, die einen Schein besaßen.
    Links waren weitere Anschläge und Karten des Naturschutzgebiets. Winter fiel auf, dass der Verkehr oben auf der Schnellstraße dichter geworden war. Er blickte hinüber und sah die Autos oben vorbeirauschen. Vorsichtig lief er zum Abfluss des Sees und fand ein Schild, das vor dünnem Eis warnte.
    Nach zwei Stunden waren die Einsatzkräfte mit der vorläufigen Arbeit fertig. Es war noch früh am Morgen. Die Leute von der Spurensicherung bedeckten den ganzen Körper der Toten mit einer durchsichtigen Klebefolie und warteten auf den Leichenwagen. Als das Auto ankam, legten sie den Körper in einem Plastiksack auf die Bahre und transportierten ihn in die Pathologie des Östra-Krankenhauses. Bald würde das neue Gebäude der gerichtsmedizinischen Abteilung auf dem Medicinarberg fertig sein, aber vorerst war noch das Östra zuständig, wenn Verdacht auf ein Verbrechen bestand.
    Die Frauenleiche lag nun auf einem rostfreien Tisch. Die Lampen ersetzten das Morgenlicht, das Winter geblendet hatte, während er hinter dem Leichenwagen hergefahren war.
    Hier drinnen schien der Tod endgültig besiegelt. Im hellen Kunstlicht war es, als stürbe die Frau einen zweiten Tod. In dem verdammten Graben draußen, dachte Winter, gab es sie noch, aber jetzt ist es endgültig vorbei. Das Gesicht der Toten schien obszön zu leuchten, und die Haut war gespannt, schimmerte durchsichtig.
    Pia Erikson Fröberg und zwei Assistenten, Jonas

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