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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hatte. Sollte er es nachholen? Sollte er zu ihrem Haus im Osten der Stadt fahren, ein Stück weit weg parken und versuchen, sie abzupassen, sobald sie das Haus verließ.
    Er würde dort draußen nicht allein sein. Irgendwo würde ein anderes Auto parken oder ein Motorrad, das er vielleicht sogar bemerken würde. Eine Provokation. Von beiden Seiten? Aber die Frau geriete zwischen die Fronten, und was konnte dabei Gutes herauskommen?
    Besser, ich überlasse es Michaela, mit ihr zu reden, beschloss er. Ich mache sonst am Ende alles nur schlimmer.
    »Wir haben noch zwei weitere unaufgeklärte Morde, die uns auf der Seele liegen«, erzählte Jens Bendrup, der sich auf dem Schreibtisch in Winters provisorischem Büro niedergelassen hatte. »Die uns verfolgen wie Gespenster.«
    »Wie bitte?« Winter blickte vom Bildschirm seines Laptops auf.
    »Alte offene Morde«, wiederholte Bendrup. »Gar nicht zu reden von den ungeklärten Raubüberfällen. Bist du dir bewusst, dass die Verjährungsfrist für den Überfall auf Den Danske Bank abgelaufen ist? Die beträgt zwanzig Jahre. Alles, was in Dänemark mit über acht Jahren Gefängnis bestraft würde, hat zwanzig Jahre Verjährungsfrist. Das gilt auch für Mord. Aber vielleicht spielt das keine Rolle mehr, wo wir die Uraltfälle mit einem neuen Fall in Verbindung bringen können.
    »Das hoffe ich«, sagte Winter.
    »Wer einen anderen tötet, ohne Mörder zu sein, wird wegen Totschlags mit Gefängnis nicht unter fünf Jahren und in besonders schweren Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt«, zitierte Bendrup auf Dänisch. »Dänisches Strafgesetzbuch, Paragraph 237.«
    Wer einen anderen tötet, ohne Mörder zu sein, dachte Winter. Das klingt mild, geradezu lyrisch.
    »Das klingt zu schön, was«, sagte Bendrup. »Vermutlich um Verbrecher, die das Gesetzbuch studieren, reinzulegen.« »Was für unaufgeklärte Morde sind das?«, fragte Winter.
    »Der eine ist meiner Meinung nach auch ein Bikermord«, berichtete Bendrup, »aber wie gewöhnlich ist es unmöglich, die Tatverdächtigen auf Grund der Beweislage zu überführen.«
    »Was ist passiert?«
    »Eine vierundzwanzigjährige Frau wurde mit durchgeschnittener Kehle in der Bahnhofstoilette aufgefunden. Sie hatte eine Fahrkarte nach Frederikshavn in der Handtasche. Der Zug sollte eine halbe Stunde später abfahren, aber da saß sie nicht drin. Das war vor vierzehn Jahren. 1984. Am selben Abend haben sie im Fernsehen French Connection gezeigt. Irgendwie habe ich diesen Mord immer mit dem Titel verknüpft.«
    »French Connection«, wiederholte Winter.
    »Wie jetzt«, sagte Bendrup. »Das hier, mit dem wir gerade beschäftigt sind, könnten wir ja Swedish Connection nennen.«
    »Oder Danish Connection«, meinte Winter.
    »Einmal im Jahr nehme ich mir die Ermittlungsunterlagen vor und gehe die Protokolle durch«, fuhr Bendrup fort. »Der Fall Jutte. Die Tote, die im Bahnhof gefunden wurde, hieß Jutte. Das ist mein Fall, ich habe die ganze Akte da. Jetzt kommt sie auch in den Computer. Vielleicht hilft das was. Den Fall vergesse ich nie, der ruht nur. Den vergesse ich nicht.«
    »Keine neuen Spuren?«
    »Doch. Jedes Jahr ein paar Kleinigkeiten, aber nichts Greifbares. Und dann ruft noch Pedersen aus Ringsted regelmäßig an und gesteht den Mord. Er gesteht alles, aber solche Typen werdet ihr bei euch sicher auch haben.«
    »Ja. Die kosten einen ganz schön viel Zeit.« Winter schaltete den Computer aus. »Du glaubst also, dass der Mord an Jutte mit den Rockerbanden in Zusammenhang steht?«
    »Mit den Bandidos«, erklärte Bendrup. »Sie war, was man als passives Mitglied bezeichnen könnte. Ihr Kerl war Mechaniker und ebenfalls nur passives Mitglied. So was akzeptieren die nicht so leicht. Ganz oder gar nicht. Vielleicht war es eine Art Warnung für andere. Ihr Kerl war jedenfalls nicht der Täter.«
    »Andere Verdächtige?«
    »Nicht wirklich«, sagte Bendrup. »Die heißeste Spur war der Brief eines Selbstmörders, in dem der Unglückliche den Mord an der Frau gestand, aber es gelang uns nicht zu beweisen, dass er den Brief selbst geschrieben hatte. Du weißt, wie das ist. Ein Teil unserer Arbeit ist es nun mal, die notwendigen Indizien zusammenzutragen. Zu beweisen, ob so ein Geständnis echt ist!«
    Bendrup verstummte, als müsse er über die Absurdität seiner Arbeit nachsinnen. Draußen goss es in Strömen. Die Tropfen, die an die Fensterscheibe schlugen, sperrten alle anderen Geräusche aus.
    »Du hast noch einen

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