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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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zweiten Mord erwähnt«, erinnerte ihn Winter.
    »Was? Ja. Der an Frau Bertelsen. Vor vier Jahren. Sie war in ein Wirtshaus eingekehrt, eines von der billigen Sorte, ist alleine von dort weggegangen und - verschwunden. Acht Monate später hat irgendein Haustier auf einem unbebauten Stück Hafengelände ihr Skelett ausgegraben. Wir fanden keine persönliche Habe, nichts. Sie war nackt gewesen, und nun war sie mehr als das. Immerhin war sie als vermisst gemeldet, so dass wir sie anhand der Zähne identifizieren konnten. Aber weiter sind wir nie gekommen.«
    Winter sah Helenes Gesicht und den See vor sich, den schmalen Graben. Wie ein ausgehobenes Grab im Moor. Ein Wasservogel schrie eine Warnung.
    Eine Sache wollte er noch erledigen. Zuerst rief er das Sea-Cat-Büro in Fredrikshavn an und reservierte einen der wenigen noch vorhandenen Plätze auf dem 15.15-Schiff. Er hatte die Hotelrechnung bezahlt. Die Reisetasche lag im Auto, das direkt gegenüber vom Haus der Anonymen Alkoholiker stand. Es war kurz nach zwölf. Winter erhob sich und ging über den Flur zu Michaela Poulsens Zimmer. Die Tür war offen. Er sah sie über den Schreibtisch gebeugt dasitzen. Das Haar fiel ihr auf die Schultern. Winter klopfte an die Tür, und sie blickte hoch und winkte ihn herein.
    »Ich mach mich jetzt auf«, sagte er. »Ja. Was Neues zu Hause?«
    »Vielleicht. Ein Busfahrer hat das Mädchen gesehen. Vielleicht. Und dann sehne ich mich danach, die Unterlagen zum Fall alle noch einmal durchzulesen.«
    »Das hast du gestern schon gesagt.« »Wir hören bald voneinander?«
    »Das hoffe ich«, antwortete sie. »Ich versuche ein Treffen mit Beate M0ller zustande zu bekommen. Als Anfang. Dann spreche ich mit dem Richter über das Haus in Blokhus. Und mit dem jetzigen Besitzer.« Sie blickte auf die Akte vor sich und schüttelte den Kopf. »Wenn ich mich durch diese Brühe gekämpft habe.«
    »Was für Brühe?«
    »Na, so 'ne Suppe in Form von achtzigtausend Liter beschlagnahmtem Schnaps. Wir haben achtzigtausend Liter Schmuggelware auf einem Bauernhof auf halbem Weg nach Fredrikshavn gefunden. Achtzigtausend Liter! Eine ganze Menge!«
    »Und kein Besitzer?«
    »Nicht einmal das Herkunftsland wissen wir«, stöhnte Michaela Poulsen. »So, jetzt hast du auch einen Einblick in unser Alltagsleben. Der Schmuggel von Drogen und vor allem von Alkoholika ist hier an der Tagesordnung. Ware für Schweden und andere Länder. Das meiste allerdings für Norwegen.«
    »Na, prima!«, sagte Winter, winkte Lebewohl und schritt zum letzten Mal über die Flure der Kripo im Aalborger Präsidium. Vierundvierzig Kriminalbeamte kämpften hier mit dem Unbehagen, die Chefs eingeschlossen. Ein Betrugsdezernat und die Drogenfahndung. Dazu dreißig Polizisten, gleichmäßig verteilt auf Diebstahldelikte und Einbruch. Schwere Gewalttaten und Vergewaltigung, Mord. Das Land war ein anderes, aber die Verbrechen waren die gleichen.
    Dann saß Winter allein in einem Zimmer im Erdgeschoss des Gebäudes. In einem Raum mit dem Schild »Avismikrofilm« an der Tür. Er legte die Filmrolle in das Gerät und stand auf, um ein wenig Luft in das muffige Zimmer zu lassen. Durch das Fenster blickte er hinaus auf einen Fußgängerüberweg. Das Ampelmännchen leuchtete rot. Als er das Fenster schräg gestellt hatte, war noch immer rot.
    Er las die Titelseite der Aalborgs Stiftstidende, die in deftigem Ton gehalten war. Die Nachricht vom Bankraub nahm mehr als die halbe Seite ein: »Bankräuber tötet Polizisten«. Der Untertitel berichtete von zwei weiteren Toten.
    Außer dem Leitartikel war dem Vorfall ein zweiseitiger Bericht gewidmet. Jens Bendrup wurde zitiert, und Winter konnte sich ein Schmunzeln über den jungen Bendrup mit langem Haar und merkwürdigen Koteletten nicht verkneifen. Alle Männer, die er auf den Fotos vom 3. Oktober 1972 sah, hatten diese seltsamen Koteletten.
    Bendrup log eine Menge, sagte die Wahrheit nur, wo es notwendig war, und Bendrups Vorgesetzte traten das Wenige breit, was sie wussten. »Man darf sich nie einen Trumpf aus der Hand nehmen lassen«, hatte Bendrup erst am Vormittag noch zu Winter gesagt. In diesem Fall hatten sie es wahrlich getan. Die Frage war nur, ob sie überhaupt einen Trumpf in der Hand hatten.
    Diese Zeitungsartikel sollten die Verbrecher bestimmt bewusst verwirren, spiegeln aber auch den Stand der Ermittlungen wider, überlegte Winter. Das Übliche. Er sah Fotografien des toten Polizisten und des Bankräubers, der noch am Tatort

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