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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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das hätte ich schon erklärt.«
    »Haben Sie nicht gehört, dass es an der Tür geläutet hat?«
    »Nein. Da war ich wohl nicht da.«
    »Haben Sie keine Mitteilung von... Haben Sie keine Mitteilung bekommen?«
    »Peter war hier und hat einen Umschlag durch die Tür gesteckt, aber ich habe ihn weggeworfen.«
    »Was hat er Ihnen geschrieben?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe ihn ungeöffnet weggeworfen.« »Wann?«
    »Gestern. Er ist mit der Müllabfuhr abgeholt worden, wenn Sie es genau wissen wollen.«
    Winter nickte. Es war keine Kunst, sich zu verstecken, wenn man wollte. Wenn man von seinem Recht auf Privatsphäre Gebrauch machen wollte.
    »Ich hatte noch ein paar Tage Urlaub.«
    Winter nickte noch einmal. Er wollte weg, aber sie waren noch nicht fertig.
    »Gibt's noch was?«, fragte sie, als weder Winter noch Ringmar etwas sagten.
    »Was haben Sie gesehen, falls Sie was gesehen haben?«, hakte Winter nach.
    »Darüber wollte ich ja in der Küche nachdenken«, meinte sie.
    »Ja, natürlich.«
    Sie stand auf und ging aus dem Zimmer. Winter schaute sich um. Zwei gerahmte Fotografien standen auf einem Schrank aus gebeiztem Holz. Winter erhob sich und ging näher. Auf keinem war Peter von Holten abgebildet. Das eine zeigte ein Brautpaar, vielleicht ihre Eltern. Das Bild sah aus, als wäre es dreißig Jahre zuvor aufgenommen worden. Das Paar trug den klassischen Hochzeitsstaat. Kein Flirt mit der Flower-Power jener Zeit. Die Fotografie roch nach Geld, wie die Wohnung, das Haus, die Straße. Der ganze Stadtteil.
    Das andere Foto war im Freien aufgenommen. Die Schwarzweiß-Aufnahme zeigte ein Haus irgendwo auf den Schären. Das Haus konnte rot sein und stand ein wenig oberhalb der Klippen. Im Vordergrund konnte man unscharf Teile eines Bootsstegs erkennen. Der Fokus lag auf dem Haus und auf einem Ausschnitt des Hintergrunds. Der Himmel hinter dem Haus war wolkenlos. Links auf dem Bild war ein Hinweis zu sehen. Vor Kabeln wird gewarnt. Vom Bootssteg führte eine gemauerte Treppe zum Haus, wie in den Stein gehauen.
    Winter kannte die Stelle. Er hatte dieses Sommerhaus selbst einmal vom Meer aus gesehen, glaubte er. Man konnte die Landzunge mit dem Boot umrunden und dreihundert Meter weiter in einer Bucht anlegen und einen von sturmzerzausten Wacholderbüschen gesäumten Hügel hinaufwandern. Im Windschatten des Hügels stand ein Haus, das seinen Eltern gehört hatte, als er klein war. Er war zwölf gewesen, als sie es verkauften. Seither war er einige Male vorbeigesegelt, aber selten an Land gegangen, worüber er sich jetzt ärgerte.
    Andrea Maltzer war wieder ins Zimmer gekommen und sah ihn vor dem Foto stehen. Sie nannte den Namen der Insel.
    »Ich dachte doch, dass es mir bekannt vorkommt«, begeisterte sich Winter. »Meine Eltern hatten dort ein Haus, aber das ist lange her.«
    »Meine haben es vor ein paar Jahren gekauft.«
    »Deshalb sind wir uns wohl nie begegnet«, sagte Winter und drehte sich um. Sie blickte ihn sonderbar an. Das Tablett hatte sie auf dem Tisch abgestellt und setzte sich nun selbst.
    »Ich meine, damals gab es dort keine kleinen Kinder.«
    Sie lächelte, sagte aber nichts dazu.
    Winter nahm ihr gegenüber Platz. Sie machte eine Geste zum Tablett, und Ringmar begann Kaffee einzuschenken. Winter war plötzlich ungeduldig, rastloser als sonst. Die Fotografie von der Insel war nicht ohne Wirkung auf ihn geblieben. Aber in seinem Kopf war gerade jetzt kein Platz für eigene Erinnerungen. Aber er war hierher geführt worden. Alles hatte schließlich einen Sinn. Er glaubte nicht an Zufälle, hatte es nie getan. Viele Verbrechen wurden mit Hilfe so genannter Zufälle gelöst, aber Winter glaubte nicht daran. Es steckte immer ein Sinn dahinter. Jeder Zufall hatte Sinn.
    »Das ist meine Oase«, erzählte die Frau. »Dort bin ich, wenn ich nicht hier bin. Wie gestern.«
    »Erinnern Sie sich an etwas aus der Nacht, von der wir sprachen?«, fragte Ringmar.
    »Ich erinnere mich, dass ich ein Boot gesehen habe«, sagte sie. »Draußen auf dem See.«
    »Ein Boot«, wiederholte Ringmar.
    »Ein weißes Boot. Hell. Aus Kunststoff, nehme ich an.«
    »Weit weg?«
    »Es war ein Stück weit draußen auf dem See. Es ist mir aufgefallen, als ich aus dem Auto gestiegen bin... Als ich zu dem Schluss gekommen war, dass ich mir Peters Auto zum letzten Mal ausgeliehen hatte.«
    »Beschreiben Sie genau, was Sie gesehen haben«, bat Winter. »So gut Sie können.«
    »Wie ich gesagt habe. Ein Boot weit draußen, das ziemlich

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