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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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und blickte durch die Autoscheiben. Dreißig Meter weit vor ihm lag ein uniformierter Polizist auf dem Asphalt. Er war es, der schrie oder inzwischen eher rief. Vermutlich war er von einem Schuss getroffen worden, konnte sich anscheinend nicht bewegen. Oder er hielt jetzt absichtlich still. Aber er schrie. Winter konnte kein Blut erkennen, aber der Mann lag in einem eigenartigen Winkel da. Jetzt bewegte er einen Arm, als winke er, und verstummte.
    »Du lieber Gott, das ist Jonne«, rief Sverker, der neben Winter durch die Fenster blickte. »Er ist vorgerückt, als die Schießerei zu Ende schien. Das ist Jonne Stälnacke.«
    »Hast du ein Megafon?«, fragte Winter.
    »Im Auto. Ich hole es.« Vorsichtig öffnete Sverker die Wagentür. »Wir haben es zufällig noch von einem Verkehrsunfall dabei. Das sollte Grundausstattung in den Autos sein.«
    Winter nahm das Megafon entgegen und rief: »HIER
    SPRICHT DIE POLIZEI. WIR HABEN EINEN VERLETZTEN KOLLEGEN, DER SOFORT HILFE BRAUCHT. VIELLEICHT GIBT ES WEITERE VERLETZTE.
    LEGEN SIE SOFORT DIE WAFFEN...« und da krachte es wieder. Winter warf sich so schnell auf die Straße, dass er sich die Hand aufschürfte, in der er das Megafon hielt. Jemand erwiderte den Schuss, irgendwo über ihnen. Er schien von weiter weg zu kommen als der erste Schuss gerade eben. Vielleicht ziehen sie sich zurück, hoffte Winter. Der Feind zieht sich zurück. Oder es war nur einer von mehreren Angreifern. Die hatten ja wohl aufeinander geschossen.
    Er setzte wieder das Megafon an und bemerkte, dass die Knöchel und Finger seiner rechten Hand stark bluteten. »HIER SPRICHT DIE POLIZEI. LEGEN SIE SOFORT DIE WAFFEN
    NIEDER. ES GIBT HIER VERLETZTE. WIR SIND VON DER POLIZEI. LEGEN SIE SOFORT DIE WAFFEN NIEDER. WIR HABEN HIER VERLETZTE, DIE
    VERSORGT WERDEN MÜSSEN. LEGEN SIE SOFORT DIE WAFFEN NIEDER.«
    Er musste sich einfach ausdrücken. Er hätte auch sagen können, wir sind hier in Schweden, und so etwas dulden wir hier nicht in unserem Land, aber er war sich nicht sicher, ob die Botschaft ankäme. Vielleicht waren es gar keine rivalisierenden Banden ausländischer Herkunft, die da aufeinander und auf alle anderen schossen. Es konnten irregeleitete schwedische Staatsangehörige sein, Jugendliche auf Motorrä...
    Das Heulen eines Krankenwagens näherte sich ihnen von hinten, zwei Krankenwagen. Winter drehte sich um. Die Autos hatten in zwanzig Meter Entfernung gehalten. Auf der anderen Seite der Straße hatten sich Menschen versammelt. Tausende, wie es schien. Und um ihn herum lagen Polizisten und Zivilisten, die sich zufällig am falschen Ort zur falschen Zeit befunden hatten. Oder am rechten Ort, aber zur falschen...
    Wieder war ein Schuss zu hören, aber nun so fern wie ein Silvesterkracher in einem anderen Stadtteil. Der verletzte Polizist murmelte etwas. Er steht unter Schock, dachte Winter. Er könnte sterben.
    »Wir müssen Jonne holen«, sagte Sverker. »Es können noch mehr dort liegen.«
    »HIER SPRICHT DIE POLIZEI. LEGEN SIE DIE WAFFEN
    NIEDER. WIR MÜSSEN UNS UM VERLETZTE KÜMMERN. WIR STEHEN JETZT AUF UND GEHEN AUF DEN PLATZ. WIR STEHEN JETZT AUF. HIER SPRICHT
    DIE POLIZEI. LEGEN SIE DIE WAFFEN NIEDER. ES GIBT
    VERLETZTE. WIR WERDEN MIT EINEM KRANKENWAGEN AUF DEN PLATZ KOMMEN. WIR HABEN HIER VERLETZTE.«
    Der Fahrer eines Krankenwagens hinter Winter hupte, als wolle er seine Worte unterstreichen. Die Leute ringsum starrten ihn an und auf die Fläche vor ihm, auf den ovalen Platz, die Dächer, die Ladenschilder. Sverker hielt seine Dienstwaffe in der Hand.
    »Steck sie weg«, befahl Winter.
    Jonne schrie wieder. Kein Schuss war mehr gefallen. Winter versuchte zu erkennen, ob jemand auf einem der Dächer stand, aber die Sonne stach ihm in die Augen. Die Gebäude sahen aus, als würden sie von kreideweißem Licht angenagt.
    »HIER SPRICHT DIE POLIZEI. WIR RÜCKEN JETZT VOR. WIR GEHEN JETZT AUF DEN PLATZ, UND DANN
    FÄHRT EINE AMBULANZ VOR. WIR KOMMEN JETZT.«
    Er stand auf und schritt, das Megafon in der Hand, langsam um das Auto herum. Mutiger Idiot. Er machte ein paar Schritte, als ginge er auf dünnem Eis, vorsichtig auf den verletzten Polizisten zu. John Stälnacke lag still da, doch Winter konnte einen schwachen Ton hören, als murmele er etwas.
    Winter blickte sich um. Menschen lagen auf dem Boden unter den Arkaden, aber er konnte nicht feststellen, ob jemand verletzt war. Er hörte Sverkers Stimme dicht hinter sich und wandte sich um. Der Krankenwagen war vorgefahren, und Ringmar stand

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