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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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grauenhaft.«
    »Ja.«
    »Erst dieser Mord. Dann diese Schießerei. Und dann noch Kidnapping!«
    »Das ist kein Kidnapping.«
    »Nicht? Ich dachte, da hätte einer den Jungen... «
    »Das sind Vater und Sohn«, sagte Winter.
    »Vater und Sohn? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
    »Nein.«
    »Vater und Sohn? Wie entsetzlich.«
    Winter antwortete nicht. Er war in seinem Büro angelangt. Auf dem Schreibtisch läutete das Telefon.
    »Augenblick mal, Mutter«, sagte er, nahm den Telefonhörer ab und legte das Handy auf den Schreibtisch. »Winter«, meldete er sich.
    »Janne hier. Wir haben mehrere Anrufe und Briefe als Reaktion auf deinen Aushang bekommen. Willst du Kopien haben oder kommst du her?«
    Winter blickte nachdenklich auf seinen Bürostuhl. Er sollte besser eine Weile dort sitzen und versuchen, sich auf die Mordermittlung zu konzentrieren. Möllerström sollte ihm ein hübsches Päckchen von allen Aussagen machen.
    »Schick alles rauf«, bat er, legte den Hörer auf und griff zum Handy. »Ich bin wieder da«, sagte er zu seiner Mutter, die in einem Haus in Marbella saß. Sein Vater war im Hintergrund nicht zu hören, aber Winter vermutete, dass er in der Nähe war, mit einem Glas in der Hand, einen müden Blick auf die staubigen Palmen warf, die sich im fremden Wind wiegten. Abgesehen von den Fotografien, die seine Mutter geschickt und die er sich nur flüchtig angeschaut hatte, wusste Winter nicht, wie es dort aussah. Das Haus war weiß, eins von mehreren im selben Stil. Auf einem der Fotos saß seine Mutter auf einer Veranda, die mit weißen Steinplatten bedeckt war. Sie wirkte einsam. Die Sonne hinter ihr war auf dem Weg, sich langsam ins Meer zu stürzen, aber noch war der Himmel so blau, dass er schwarz wirkte gegen das Weiß der Fliesen. Das Bild konnte sein Vater gemacht haben. Seine Mutter blickte suchend in die Kamera. Sie lächelte, aber er hatte das Foto lange genug betrachtet, um zu wissen, dass es kein glückliches Lächeln war. Sie schaute drein wie jemand, der sein Ziel erreicht hat, und feststellen muss, dass ihn eine Enttäuschung erwartet. Winter war ein Mann eingefallen, an dem er einmal in der Stadt vorbeigegangen war und der traurig ausgesehen hatte, obwohl er ein gut gearbeitetes Toupet trug, das fast wie echtes Haar aussah. Dieser Mann hatte neue Haare bekommen und war trotzdem nicht glücklich gewesen. Seine Mutter saß im Paradies, aber ihr Lächeln erhellte nicht die Veranda.
    »Ich habe von Lotta gehört, dass du sie besucht hast«, sagte seine Mutter gerade. »Ich war so froh darüber. Und sie auch, musst du wissen.«
    »Ja.«
    »Das ist ihr so wichtig. Sie ist einsamer, als du glaubst.« Warum kommt ihr dann nicht nach Hause?, dachte er. »Sie will uns im Oktober besuchen, zusammen mit den Mädchen.« »Das wird ihr gut tun.«
    »Denk nur, bald ist ihr vierzigster Geburtstag.« »Ein großer Tag.« »Deine große Schwester.« »Mutter, ich... «
    »Ich wage ja schon nicht mehr, dich zu bitten herzukommen. Es ist eine Schande, Erik. Wir möchten so gern, dass du kommst. Besonders Vater.«
    Er antwortete nicht. Er meinte eine Stimme gehört zu haben, hinter ihr, aber es konnte auch der spanische Wind gewesen sein oder ein spanischer Wasservogel.
    »Ich weiß nicht, was ich noch tun soll«, fuhr seine Mutter fort.
    »Nichts.«
    »Ich möchte aber gerne.« »Fang nicht wieder damit an.«
    »Kannst du nicht auch mal wieder anrufen? An den Feiertagen?«
    »Ich versuche es.«
    »Du rufst nie an. Ich weiß, es hat keinen Sinn, dich zu bitten. Aber ich tu's ja doch. Wie geht es mit Angela?«
    Die Frage kam plötzlich. Winter wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Ihr... trefft euch noch?« »Ja.«
    »Wie schön, wenn ich sie mal kennen lernen könnte.«
    Ester Bergman stand vor dem Laden und blickte auf das große Infobrett. Sie hatten es erst vor kurzem angebracht. Es war das einzige, das sie in der Gegend gesehen hatte.
    Ihre Tasche war schwer, weil sie für mehrere Tage eingekauft hatte. Es war schwieriger geworden, etwas im Laden zu finden, wo jetzt so viele neue Waren dazugekommen waren, die Leute aus anderen Ländern kauften. Eigenartige Gemüse und Konserven. Sie aß ohnehin nicht so viel Gemüse, aber manche Sorten sahen aus, als hätten sie weder ein Vorn noch ein Hinten. Wie sollte man sie aufschneiden und kochen?
    Sie versuchte sich auf die neuen Zettel am Brett zu konzentrieren. Die Gemeinde veranstaltete eine Singstunde. Sie würde hingehen und zuhören, falls sie Zeit hätte.

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