Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Titel: Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
den Blick nicht abschweifen zu lassen.
    Dubhe fühlte sich in seiner Gegenwart stets ein wenig unbehaglich. Einerseits weil sie sich wie ein bloßer Gegenstand vorkam, der zu untersuchen und an dem herumzuhantieren war, ein Eindruck, den sie immer schon hatte, wenn ein Priester oder Magier sie behandelte oder sich das verfluchte Siegel ansah. Andererseits weil sie nicht mit ihm sprechen und sich nicht bei ihm bedanken konnte. Denn seine Behandlung war tatsächlich fantastisch. Berührte er ihre Wunden, sprach er dabei seltsame Formeln, eine Art Litanei in einer fremden Sprache, die augenblicklich den Schmerz linderten. Seine Hände verströmten eine heilende Wärme, und in der Tat machte ihre Genesung riesige Fortschritte. Die Wunden schlossen sich, wo die Haut fehlte oder zerfetzt war, wuchs sie auf der Stelle nach. Es war ein Wunder. Von Tag zu Tag fühlte sich Dubhe besser, und sogar ihre Hand, die sie in der ersten Zeit wegen der Schmerzen gar nicht bewegen konnte, nahm nun mehr und mehr wieder ihr normales Aussehen an. Schließlich waren die Wunden fast alle verheilt. Und so beschloss Dubhe, sich im Dorf umzusehen. Nach der langen Zeit in dem geschlossenen Raum sehnte sie sich nach frischer Luft, um einen klareren Kopf zu bekommen.
    Man trieb eine Krücke für sie auf, die zwar für ihre Größe entschieden zu kurz war, aber dennoch ausreichte, damit sie sich frei, ohne jemanden um Hilfe bitten zu müssen, bewegen konnte. Sie hatte ein paar Brocken Elfisch gelernt und es damit geschafft, einem der Huye zu erklären, was sie brauchte.
    »Schaffst du das denn allein?«, fragte dieser nun, als er Dubhe die Krücke reichte.
    Sie lächelte. »Nach der langen Zeit auf dem Krankenlager wird mir die Bewegung mit Sicherheit guttun.«
    Ihre Arme ergreifend, half Lonerin ihr auf, und sobald er sicher war, dass sie sich allein auf den Beinen halten konnte, gab er ihr ganz unvermittelt einen Kuss auf den Mund. »Pass gut auf dich auf«, flüsterte er ihr dann ins Ohr. Sie lächelte verlegen.
    Mit zitternden Beinen verließ sie den Raum. Trotz der erzwungenen Erholungspause war sie immer noch sehr schwach.
    Das Tageslicht blendete sie, und sie schauderte ein wenig in der frischen Morgenluft. Als sie die Augen wieder öffnen konnte, staunte sie nicht schlecht. Vor ihr wand sich eine schmale Hängebrücke aus Brettern und Seilen zu einigen Hütten, die dicht gedrängt an einem Felshang klebten. Wie Schwalbennester sahen sie aus, waren aber von unterschiedlicher Größe und durch weitere, ganz ähnlich konstruierte Hängebrücken miteinander verbunden, während kleine, frei hängende Leitern die verschiedenen Ebenen des Dorfes verbanden. Und sogar an jene Dorfbewohner, die wie sie selbst nicht gut auf den Beinen waren, hatten die erfindungsreichen Huye gedacht: Kleine Kabinen schwebten zwischen den Ebenen hin und her, die von emsigen Helfern je nach Bedarf hinauf- oder hinuntergezogen wurden.
    »Und viel Spaß beim Spaziergang«, fügte Lonerin noch mit einem Lächeln hinzu, während er an ihr vorbeiging und über die Brücke entschwand.
    In aller Ruhe durchstreifte Dubhe das gesamte Dorf und stellte dabei fest, wie klein es eigentlich war. Nicht mehr als vielleicht zwanzig Hütten aus dunklem Holz, das sich lebhaft von der hellen Felswand dahinter abhob, mit Dächern aus breiten, miteinander verflochtenen Blättern.
    Der Fleiß dieses Völkchens war beeindruckend. Alles war genau bedacht und berechnet. Es gab Kanäle, durch die Wasser in eine große Zisterne geleitet wurde, und ein System von Zugbrücken, die es im Fall eines Angriffs ermöglichten, die einzelnen Hütten voneinander zu trennen. Alles war mit ein fächern Material aus dem nahen Wald gefertigt worden, aber der Erfindungsreichtum und die Sorgfalt, die in jedem einzelnen Werk steckten, waren so groß, dass man einfach davon begeistert sein musste. Nicht zuletzt weil diese bestechende Funktionalität auch mit einer ganz eigenen Ästhetik einherging: Überall sah Dubhe Schnitzereien, Ornamente und Verzierungen, die die große Meisterschaft dieser Künstler bezeugten. Vielfach handelte es sich um Darstellungen der Drachen dieses Landes, die wahrscheinlich wie Götter verehrt wurden. Dem Mädchen fiel auf, dass die Huye als Reittiere eine besonders kleine und zahme Drachenrasse einsetzten. Einmal beobachtete sie, wie ein Grüppchen von Jägern auf den Rücken solcher Drachen ins Tal hinunterritt.
    Anfangs dachte sie noch, dieses Volk müsse vor allem von der Jagd

Weitere Kostenlose Bücher