Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
beschreibt, da verpasst Ido ihm schon einen mächtigen Tritt gegen die Brust. Learco bleibt die Luft weg und er stürzt zu Boden.
Plötzlich ist alles still. Der Prinz hört nur noch seinen eigenen keu chenden Atem. Idos Klinge ist nur noch einen Hauch von seiner Kehle entfernt. Auch der Gnom atmet schwer, und seine Klingenspitze zittert. Der Junge spürt schon, dass sie ihm die Kehle ritzt an der Stelle, wo sein Adamsapfel hervorragt. Er schluckt, schließt die Augen.
Er weiß, dass der Moment gekommen ist, und doch hat er nicht solche Angst, wie er geglaubt hätte. Mit einem Mal verlangsamt sich sein Herzschlag. Er hebt den Kopf und reckt die Kehle vor.
» Wenn du schon zustechen musst, so tue es endlich.«
Ein Satz wie von den hirnlosen Helden, denkt er, von denen die Geschichten handeln, die sein Vater ihn zu lesen zwingt. Und doch spürt er, dass er jetzt passt, dass er das ausdrückt, was er sich im Grund wünscht.
Ido blickt ihn ernst an, ohne das Schwert von Learcos Kehle zu nehmen. »Warum bist du allein? Wo sind die anderen?«
Eine Frage, auf die Learco nicht gefasst ist, sodass er einen Augenblick nachdenken muss, bevor er antwortet. »Die haben sich schon mit den Gefangenen auf den Weg gemacht. Was sie zerstören wollten, haben sie zerstört und geraubt, was sie haben wollten.« »Wen meinst du mit >sie Warst du etwa nicht dabei, als uns diese Mörder überfielen?«, fragt der Gnom mit harter Miene.
Diese Worte treffen Learco mit der Gewalt eines Schwertstreichs. Verlegen wendet er den Blick ab, richtet ihn auf die vom Wind und vom Vulkanrauch abgeschliffene Felswand seitlich hinter Ido.
»Doch, ich war dabei«, sagt er leise.
Ein Geständnis, das ihn heftiger schmerzt als die große Scham, die ihn jedes Mal überkam, wenn er einem Massaker seines Vaters beiwohnen musste.
»Und warum hat man dich hier zurückgelassen. Solltest du auf uns warten? Was wolltest du noch hier?« »Nichts.«
Ido beugt sich über ihn, lässt aber das Schwert an seiner Gurgel ruhen. Learco spürt seinen warmen Atem am Hals. »Versuch nicht, mich hinters Licht zuführen. Ich werde dich nicht eher töten, bis ich von dir erfahren habe, was ich wissen will, und du kannst mir glauben, ich habe so meine speziellen Methoden, um dich zum Sprechen zu bringen. Also sperr dich nicht, sonst nehme ich dich mit, und du wirst es bereuen, diesen Augenblick der Milde meinerseits nicht ausgenutzt zu haben, verstanden?«
Learco lässt sich nicht einschüchtern. Er hat die Angst schon hinter sich gelassen. Was er gerade eingestanden hat, ist schlimmer als jede Furcht.
»Ich habe mir nur angesehen, was ich getan habe, und nach Überlebenden Ausschau gehalten.« »Willst du mich auf den Arm nehmen?«, jährt Ido ihn an.
»Ich verstehe schon, dass du mir nicht glauben kannst, aber das ist mir auch egal. Es ist die Wahrheit.«
Learco spürt, dass ihn diese Selbstsicherheit nicht mehr lange tragen wird, und wünscht sich nur, dass es bald vorbei ist.
»Stich zu«, sagt er mit fester Stimme.
Erwünschtes sich tatsächlich, sehnt den alles beendenden Schwertstoß herbei. Ido verharrt reglos vor ihm, er ist verblüfft, lässt aber das Schwert nicht sinken. Langsam jedoch verändert sich sein Blick. Es fällt ihm schwer, in diesem Jungen noch einen Feind zu sehen. Schließlich seufzt er und zieht das Schwert zurück. »Hau ab\«, fordert er ihn in herrischem Ton auf. Learco blickt ihn nur verwundert an.
»Los, nimm die Beine in die Hand, bevor kh's mir noch anders überlege. «
Der junge Prinz rührt sich nicht, kniet mit den Händen am Boden. Er will nicht fort, will nicht geschont werden. Er hat es nicht verdient. So senkt der den Kopf und beginnt zu weinen. Bis zu diesem Moment ist er stark gewesen, doch nun kann er nicht mehr. Er kommt sich dumm vor und verloren.
Ido steht da und weiß nicht, was er tun soll. »Ich hab doch gesagt, du bist frei, jetzt geh schon.«
Learco erhebt sich, trocknet sich die Tränen. Ein enormer Druck schnürt seine Brust zusammen. »Es tut mir leid. Für alles«, kann er nur sagen.
Dann rennt er davon, vorbei an seinem getöteten Drachen, der noch unter den Klauen des anderen Tieres liegt, läuft und läuft und würde sich am liebsten in Luft auflösen. Er denkt nur an das auf seine Gurgel gerichtete Schwert und an diese Worte, die all dem Schmerz das Tor geöffnet haben.
>Ich war dabei. < Learco seufzte. Das waren unangenehme Erinnerungen. Noch häufig hatte er daran zurückgedacht, aber nie
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