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Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Titel: Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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du vielleicht, du wirst niemals so stark sein, um es mit Yeshol aufnehmen zu können?
    Diese Worte verfolgten ihn, konfrontierten ihn mit der Wahrheit eines Lebens, in dem er so viel gemordet hatte, ohne dadurch auf den Gipfel zu gelangen. Tatsächlich fühlte er sich nicht stark genug, weshalb er sich auch freiwillig für diesen Auftrag gemeldet hatte. Und den Jungen zu demütigen, war schließlich auch ein Weg, seine eigene Schwäche zu verdrängen. »Das reicht, kneble ihn wieder!«, befahl er Leuca. Der andere gehorchte beflissen.
    Während des Essens, das er mit seinem Kumpan einnahm, hörte Sherva den Jungen die ganze Zeit vor sich hin grummeln. Zwischen den beiden Assassinen jedoch herrschte ein beredtes Schweigen.
    »Und was ist mit dem Gnomen?«, fragte Leuca, als sie fertiggegessen hatten. Blitzartig fiel Sherva die Situation wieder ein. Er hatte keine Ahnung, wer dieser Gnom gewesen war, aber wie er gekämpft und sich mit Leichtigkeit seinem Griff entwunden hatte, war schon außergewöhnlich. Leider war es in dem Gang zu dunkel gewesen, um ihn genauer zu erkennen. »Vielleicht war das nur irgendein Einwohner von Salazar, der zufällig vorbeikam.« »Aber er hat uns gesehen.«
    »Und wenn schon. Ich konnte ja auch nicht viel von ihm erkennen.«
    »Aber, Herr, warum sollte er sich dort zufällig herumgetrieben haben? Jener Teil der Turmstadt war verfallen und so gut wie unbewohnt, und deshalb fürchte ich ...«
    Der Wächter hob die Hand. »Um den kümmern wir uns zu gegebener Zeit. Falls er uns doch noch mal in die Quere kommen sollte.«
    Leuca schwieg, doch Sherva wusste, was dem Kumpan durch den Kopf ging: Der gleiche Gedanke war auch ihm selbst schon gekommen. Ein Gnom, der sich so vortrefflich auf die Kunst des Nahkampfs verstand. Da gab es nur einen, auf den das zutraf: Ido.
    Aber er wollte sich keine weiteren Gedanken darüber machen. Ihm ging es nur darum, ihren Auftrag rasch zu erledigen und den Jungen in den Bau der Gilde zu bringen, wo er dann selbst weiterhin das Haupt beugen würde bis zu dem Tag, da Yeshols Blut floss durch seinen, Shervas Dolch.
    Doch dieser Gedanke, der ihn in den langen Nächten unter der Erde so viele Male schon in Hochstimmung versetzt hatte, brachte ihm jetzt nicht die gewohnte Erleichterung, ließ ihn nicht, wie sonst, friedlich einschlafen. Stattdessen dachte er, dort unter dem Vater des Waldes liegend, an die Welt der Nymphen, die er immer nur von außen betrachtet hatte und von der er immer ausgeschlossen gewesen war. Er war ein Halbblut, die Frucht einer unreinen, verbotenen Liebe. So wie dieser Junge, der dort drüben an den Baum gebunden war. Sherva hörte, wie er die Tränen und Schluchzer unterdrückte. Der Junge konnte nicht schlafen, genauso wenig wie er selbst.
    Ido wartete, bis der Priester kam, um an Tariks Totenbett zu wachen, und machte sich dann auf den Weg. Er durfte nicht länger verweilen, musste den Mördern folgen, solange ihre Spuren noch frisch waren. Aber er hatte einen großen Vorteil: Er wusste, dass sie in das Land der Nacht wollten, und das auf schnellstem Weg.
    So bestieg er sein Pferd und ritt erneut in die Steppe hinein.
    In ihm kochte eine blinde Wut. Dreißig Jahre Kampf hatte er durchgestanden, dreißig Jahre Krieg, in denen er das Blut seiner engsten Freunde und besten Kameraden hatte fließen sehen, und nun drohte dies alles, falls er scheiterte, umsonst gewesen zu sein. Er fletschte die Zähne: Nein, er würde nicht scheitern, er würde den Jungen befreien, um jeden Preis. Dabei war ihm bewusst, dass seine Feinde gewandt und listig waren - die Gilde verstand es, ihre Assassinen auszubilden - und dass es nicht einfach sein würde, sie zu finden. Umso aufmerksamer ließ er nun den Blick umherschweifen: Die Jahre im Untergrund im Land des Feuers hatten sein Jagdgespür verfeinert.
    Schließlich stieß er auf die Hufspuren von zwei Pferden, die Richtung Bannwald getrabt waren. Das mussten sie sein. Aber offenbar rechneten sie nicht damit, verfolgt zu werden. Ido lächelte grimmig.
    So wenig trauen sie mir also zu.
    Vielleicht hatten sie ihn auch einfach nicht erkannt. Auf alle Fälle unterschätzten sie ihn.
    In früheren Zeiten war immer er selbst der Gejagte gewesen. Über viele Jahre hatte er sich im unterirdischen Kanalsystem des Landes des Feuers verborgen gehalten und sich nur für bestimmte Widerstandsaktionen ans Tageslicht ge schlichen. Nun plötzlich aber waren die Rollen vertauscht und er zum Jäger geworden. Ein ungewohnte

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