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Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen

Titel: Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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öffnete, sah sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte.
    So bleibt doch stehen, Herrin!«
    Rekla achtete nicht auf Fillas Rufen und lief weiter ungerührt mit gebeugtem Rücken, manchmal unsicherem Schritt, vor ihm her durch die Schlucht. Zweimal war sie bereits gestürzt, seit sie zwischen den hohen Felswänden unterwegs waren, und beim zweiten Mal hatte sie sich die Unterlippe aufgerissen. »Herrin!«
    Filla ergriff ihr Handgelenk und hielt sie fest. Dabei spürte er ihre zerbrechlichen Knochen, ihre runzelige Haut, und eine unendliche Traurigkeit überkam ihn. »Fass mich nicht an!«, keifte sie und versuchte, sich loszumachen.
    Reklas Aussehen entsprach nun dem einer über siebzigjährigen Frau, ihrem wahren Lebensalter. Von unten herauf schien das Alter sie zu überfallen zu haben, und es hatte etwas Groteskes und gleichzeitig Tragisches, wie ihr Kopf auf diesem zerfallenden Leib saß. Dabei war ihr Gesicht jetzt nur noch unmerklich jünger, die Falten kletterten bereits den Hals hinauf und ließen ihn runzelig wie einen verschrumpelten Apfel ausschauen, während ihre Haut jeglichen Glanz verloren hatte. Ihre Wangen waren eingefallen, ihr Blick trüb, und ihre Haare waren bloß zur Kopfhaut hin noch blond, an den Spitzen aber schon weiß. Mit Gewalt hielt Filla sie nun fest, indem er mit beiden Händen ihre Hüften umfasste. »Ihr müsst Euch ausruhen, Herrin, oder Ihr werdet keine Kraft mehr haben, wenn es zum Kampf kommt.«
    Obwohl das Alter Rekla so umbarmherzig überfallen hatte, fand Filla sie immer noch faszinierend, und ihr Leid machte sie nur noch begehrenswerter für ihn. Er war ihr Schüler gewesen, war an ihrer Seite groß geworden, ohne sie im Geringsten altern zu sehen, und aus der Bewunderung, die er als Knabe für sie hegte, war mit der Zeit Verehrung geworden. Mehr noch für sie als für Thenaar war er bereit, sein Leben hinzugeben.
    »Niemals wird mir die Kraft fehlen, meinem Gott zu dienen«, erwiderte Rekla zornig.
    Sie versuchte, sich freizumachen, doch Filla ließ es nicht zu. Dabei war sie für ihr Alter immer noch unerwartet stark, wahrscheinlich dank der täglichen Übungen, die sie nie versäumt hatte.
    »Wenn Ihr Euch weiter so verausgabt, bringt Ihr Euch selbst um, noch bevor wir sie gefunden haben. Und wem wäre damit gedient?«
    »Du kannst das nicht verstehen, niemand kann das verstehen«, zischte Rekla mit fiebrigen Augen. »Ich bin anders als alle anderen. Nur Thenaar kennt mich. Für ihn muss ich weiter, für ihn darf ich nicht rasten, und wenn ich sterbe bei dem Bemühen, ihm treu zu dienen, wird das ein guter Tod sein.«
    »Ich verstehe Euer Verlangen und weiß, dass Thenaars Schweigen Euch zu schaffen macht«, sagte Filla, während er ihr in die Augen sah.
    Einen Moment war Rekla sprachlos. Das war noch niemals vorgekommen, dass jemand den wahren Grund ihres Schmerzes erkannte. »Wag es nicht, dich auf meine Stufe zu stellen! Niemals!«, rief sie dann aber empört und versetzte ihm eine Ohrfeige.
    Ohne auch nur einen Schritt zurückzuweichen, blickte er sie weiter an. »Thenaar will Euren Dienst, nicht Euren Tod. Und sein Wohlwollen werdet Ihr nicht zurückerobern, in dem Ihr bei der Verfolgung dieses Mädchens ums Leben kommt. Ihr müsst leben, um ihm dienen zu können.«
    Rekla ballte die Fäuste und senkte den Blick. Schwer atmend stand sie da, und Filla merkte, dass sie am lieben losgeheult hätte, sich vor ihm aber nicht gehen lassen konnte.
    »Lasst mich die Führung übernehmen«, sagte er da, mit unerwartetem Schwung in der Stimme.
    Sie blickte in verwundert an.
    »Ich werde an Eurer Stelle führen, meine Beine werden Eure Beine sein, und ich werde schnell sein, schneller als Ihr es bisher sein konntet. Doch nun rastet, ich flehe Euch an.«
    Für einen Moment leuchtete so etwas wie Dankbarkeit in Reklas blauen Augen auf. Doch gleich darauf verhärteten sich wieder ihre Züge. »Für so schwach hältst du mich also? Für eine müde Greisin, eine Larve, die zu nichts mehr taugt?« In ihrer Verzweiflung hatte Rekla die Worte geschrien, die nun von den steilen Wänden der Schlucht widerhallten. Ein Stein löste sich oben am Kamm, stürzte herab und rollte bis zu ihren Füßen. Keiner der beiden rührte sich. »Ich möchte Euch doch nur helfen. Durch hinterlistigen Betrug seid ihr in diesen Zustand geraten. Mit meinem Körper kann ich es Euch ermöglichen, Euch das zurückzuholen, was Euch genommen wurde.«
    Filla spürte, dass sein Herz raste. Eine Weile, die ihm endlos

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