Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
so zugerichtet empfand er sie immer noch als wunderschön. »Erzähl weiter«, forderte sie ihn, den Kopf hebend, auf.
»Nun, ich glaube, aus irgendeinem Grund hatten die Götter beschlossen, mich am Leben zu lassen. Einen ganzen Tag und eine Nacht lag ich dort draußen in der Kälte im Freien. Auf meine Zauberkräfte konnte ich nicht mehr zurückgreifen, weil ich viel zu schwach war. Da war die Ambrosia meine letzte Rettung. Ich gab sie auf die Wunden und versuchte, mich ein paar Tage nur zu erholen. Dabei dachte ich die ganze Zeit über an dich, und was Rekla dir antun würde, falls du überhaupt noch lebtest ... Es war entsetzlich.«
Dubhe schaute ihm so fest in die Augen, dass er den Blick senken musste. Dann begann sie, die Kräutermischung, die sie zubereitet hatte, auf den Wunden zu verteilen. Die Salbe war kühl, ihre Berührungen waren sanft, liebevoll. Lonerin labte sich an diesem Gefühl und dachte bei sich: Das ist doch fast zu schön, um wahr zu sein.
»Dann habe ich mich auf den Weg gemacht, um dich zu suchen.«
»Woher wusste du eigentlich, wo ich war und dass ich überhaupt noch lebte?« Lonerin blickte unwillkürlich auf ihren Oberarm, auf die Stelle, die von den hellen Farben des heimtückischen Symbols verunstaltet wurde. Dabei verspürte er einen Stich in der Brust und das unbändige Bedürfnis, sie an sich zu drücken. »Durch das Siegel.« Dubhe betrachtete es mit fragender Miene.
»Wie alle Magier bin ich in der Lage, dessen Kräfte wahrzunehmen. Solche Siegel sind ja sehr viel mächtiger als irgendwelche anderen Zauber. Und es gibt Formeln, die eigens dazu entwickelt wurden, um die magische Spuren, die sie hinterlassen, aufzuspüren. Solch eine Formel habe ich benutzt, um dich zu finden.«
Dubhe löste ihre Hände von den Wunden und ging sie in der nahen Quelle waschen.
»Was hattest du eigentlich vor, als ich dich fand?«, fragte Lonerin plötzlich. Sie verharrte in der Bewegung, antwortete aber nicht.
»Du bist immer tiefer gesunken, und es sah so aus, als wolltest du gar nicht mehr hochkommen.«
Sie erhob sich und kam zu ihm zurück. »Und was war das für ein Hass in deinen Augen, als uns Rekla und Filla überfallen haben?«
Lonerin war verblüfft. »Das ist doch jetzt egal.«
»Nein, das ist es nicht.«
»Du willst mir bloß ausweichen.«
»Du mir auch.«
Lonerin blickte sie einige Augenblicke lang an und seufzte dann. »Was ist eigentlich geschehen nach meinem Sturz in die Tiefe?«, fragte er.
Dubhe setzte sich neben ihn, schlug die Beine übereinander und begann zu erzählen, knapp und bündig, wie es ihre Art war, und doch hörte Lonerin heraus, wie sehr sie gelitten haben musste. Durch Reklas Misshandlungen, die Gefan genschaft, und dann auf ihrer einsamen Wanderung ohne Hoffnung, ohne klares Ziel.
»Du warst fantastisch«, bemerkte Lonerin, als sie zu Ende erzählt hatte. »Ich wusste doch, dass du nicht aufgeben würdest.«
Sie lächelte ihn zurückhaltend an. »Ach, ich bin doch nur so umhergeirrt, und du hast ja selbst gesehen, dass ich bereits aufgeben wollte.«
Lonerin schüttelte den Kopf. »Die Richtung stimmt schon. Ich habe es mir noch mal auf der Karte angesehen. Ja, ich spüre es, es ist gar nicht mehr so weit.« Sie lächelte wieder, wenig überzeugt, und er nahm sie in den Arm und küsste sie. Sie widersetzte sich nicht, erwiderte den Kuss, doch Lonerin schmeckte darin immer noch etwas von Kälte und Schmerz.
Bald werde ich sie all dem Leid entreißen, werde sie von der Bestie befreien und sie dem Zugriff der Gilde entziehen. Ich werde sie retten, und dann wird sie nur noch mir gehören.
Unter dem Land des Feuers
Ido brachte das Pferd zum Stehen, und San erwachte aus dem leichten Schlaf, in den er gesunken war. Seit der Gnom wieder Herr der Lage war, waren sie ohne Unterlass geritten, und nun waren sie beide vollkommen erschöpft.
Sich die Augen reibend, sah sich der Junge mit erstaunter Miene um: Aus der Wüste mit einigen verdorrten Sträuchern hier und dort ragte mächtig, alles beherrschend der Vulkan Thal auf.
»Steig ab«, forderte Ido ihn auf. »Ohne deine Hilfe komme ich von diesem Gaul nicht runter.«
San gehorchte, ohne lange Fragen zu stellen. Er schien dem Gnomen blind zu vertrauen.
Diverse Flüche murmelnd, landete Ido auf dem Boden, stand dann einige Augenblicke gebückt da und versuchte, zu Atem zu kommen. Als er sich besser fühlte, begann er, sich prüfend umzuschauen.
»Was suchst du denn?«, fragte San.
»Ein Zeichen. Vor
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