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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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dass es zehn bis fünfzehn quälende Sekunden dauert. Das ist mehr als genug Zeit, um zu wissen, dass ich auf keinen Fall auch nur einen Moment länger als nötig im Zwischenreich bleiben möchte. Ich hasse es, durch Tore zu gehen, insbesondere ohne Kyol.
    Sobald mich das Eis wieder freigibt, weiß ich, dass wir im Reich sind. Die Luft hier ist anders. Sie ist … knackig, als würde man in einen Apfel beißen, und die Atmosphäre ist dünner. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur schwerer. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich ein Mensch bin. Ich gehöre ebenso wenig in diese Welt wie die Fae in meine Welt. Ich fühle mich groß und plump, als würde ich auffallen. Und das tue ich auch. Hier im Reich senden die Menschen die Chaosschimmer aus, nicht die Fae, und die Blitze sind weiß und nicht blau. Ich werde mich an sie und diese Welt in einer oder zwei Stunden gewöhnt haben, aber im Moment fühle ich mich mehr als unwohl. Ich bin stinksauer.
    Ich drehe mich zu Aren um und hebe die Hand, um die Augenbinde abzunehmen. Er hält mich auf, nimmt meine Hände und drückt sie an die feste Jaedrik -Rüstung, die seine Brust schützt. Wir stehen so dicht voreinander, dass sein Geruch nach Zedern und Zimt in meine Lungen dringt. Meine Gedanken setzen kurz aus, als seine Berührung weitere Blitze auslöst. Sie tanzen durch meine Finger, über meine Handflächen und meine Arme hinauf. Es wäre so leicht, mich selbst in dieser süchtig machenden Empfindung zu verlieren, aber ich habe zehn Jahre Zeit gehabt, um mich gegen die Berührung eines Fae zu stählen, und ich lasse mich nicht ablenken.
    »Zieh mich nie wieder unvorbereitet durch ein Tor!« Ich versuche, ihm meine Hände zu entreißen, als ich die Worte ausspucke. Es gelingt mir natürlich nicht, und ich glaube, hinter dem Grollen eines weiteren torgebundenen Öffnens ein Kichern zu hören.
    »Ich habe dich in einem Stück, ganz, hindurchgebracht.« Er nimmt mir den Ankerstein aus der Hand und gibt ihn mir kurz darauf wieder zurück. Der Stein ist warm vom Aufdruck eines neuen Zielorts. »Halt den Atem an.«
    Schon wieder? , will ich gerade fragen, doch er zieht mich in den Riss, und die Frage kommt mir nicht mehr über die Lippen.
    So schnell bin ich noch nie zuvor gereist. Fae können immer wieder durch Risse hindurchgehen, solange sie sich nicht zu weit von ihrem ursprünglichen Standort entfernen, aber wir haben gerade den Übergang von einer Welt in die andere hinter uns. Selbst wenn wir auf der Erde geblieben wären, hätten die meisten konditionierten Fae zwei bis drei Minuten bis zur zweiten Rissöffnung warten müssen. Kein Wunder, dass es dem Hof nie gelungen war, Aren zu fassen.
    Die Wärme meiner Welt umgibt mich. Ich versuche, in den Pausen zwischen meinen tiefen Atemzügen nach den Stimmen von Menschen oder Fae zu lauschen, nach Verkehrsgeräuschen oder Baulärm. Etwas, irgendetwas, was mir einen Hinweis darauf geben kann, wo ich mich befinde. Die Vögel, die über meinem Kopf zwitschern, helfen mir nicht weiter. Ich könnte überall auf der Erde sein.
    Aren prägt den Ankerstein erneut. »Weiter geht’s.«
    »Noch mal?«, jaule ich, aber dieses Mal halte ich die Luft an, bevor er mich hindurchbringt. Das hilft. Meine Lungen spüren die beißende Kälte nicht, aber ich bin noch nie zuvor innerhalb von einer Stunde durch mehr als zwei Risse hindurchgegangen.
    Wir bleiben in meiner Welt. Inzwischen zittere ich, und das liegt nicht allein an dem Eis, das den Platz meiner Knochen eingenommen zu haben scheint. Das Reisen entzieht Energie. Wenn mich Kyol durch einen Riss führt, absorbiert er den Großteil dieses Entzugs. Vorausgesetzt er ist nicht erschöpft oder verletzt, bin ich auf den meisten Reisen mit Kyol lediglich ein wenig desorientiert. Zweifellos völlig benommen, wenn wir durch drei Risse gehen würden, aber das war bisher nie erforderlich. Außerdem bin ich mir verdammt sicher, dass das, was wir gerade gemacht haben, sehr gefährlich ist.
    Aren lässt meine Hand los und reibt mit den Handflächen meine Arme. Das Prickeln wärmt mich ein wenig, aber ich schubse ihn weg. Da ich noch immer die Augenbinde trage und mein Kopf nach dem K. o. dröhnt, verliere ich das Gleichgewicht. Ich bin mir sicher, dass meine Knie nachgegeben hätten, wenn Aren mich nicht festgehalten hätte, aber ich will seine Hilfe nicht. Sobald meine Benommenheit nachlässt, drehe ich mich auf dem rechten Fuß, ziehe das linke Knie hoch und stoße es ihm in die Leiste. Er

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