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Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Williams
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Erinnerungen daran, dass die Fae nicht in diese Welt gehören und dass sie wunderschön und faszinierend sind. Mit seinem ruhigen, gesunden Selbstvertrauen ist Kyol faszinierend.
    »Wo soll ich hingehen?«, frage ich, nachdem die Tür zugefallen ist.
    »Zum River Bend, zur Flussbiegung.« Er nimmt meinen Arm und zieht mich hinter sich her. Himmel, er macht sich tatsächlich Sorgen. Wie dicht sind mir die Rebellen denn schon auf den Fersen? Ich sehe den Korridor entlang, aber da ist nur ein einziger Mensch zu sehen: ein Student, der am Boden hockt, mit dem Rücken an der Wand, schlafend, eine Zeitung als Kopfkissen. Ich wäre gern so ahnungslos wie er, aber das ist unmöglich. Wenn die Rebellen mich nicht töten, sobald sie mich entdeckt haben, dann werden sie mich benutzen, um die Offiziere des Hofs einen nach dem anderen zu jagen, genau so, wie ich sie im Laufe der Jahre gejagt habe.
    Meine Haut prickelt erneut. Ich verspanne mich, werde jedoch sofort wieder ruhiger, als drei Fae in der Jaedrik -Rüstung des Hofes zu uns stoßen, indem sie durch Risse treten und rings um mich Position beziehen. Die Flucht wäre kinderleicht, wenn ich durch die schmalen Lichtrisse reisen könnte, aber ich bin bloß ein Mensch. Ich kann einen Riss nur nutzen, wenn er an einem Tor geöffnet ist und Fae mich hindurchgeleiten, ansonsten würde ich die Reise nicht überleben.
    Kyol spricht zu seinen Soldaten in ihrer Sprache. Sie nicken, bestätigen seine Befehle, und wir marschieren den Gang entlang. Ich verdränge meine Sorge und bemühe mich, mit ihrem Tempo Schritt zu halten, während ich mir sage, dass alles gut werden wird, dass sich Kyol um mich kümmern wird. Er kümmert sich immer um mich.
    Draußen lässt ein blasser orange- und rosafarbener Nebel den Horizont verschwimmen. Die Lampen auf dem Campus, die die zunehmende Dunkelheit aktiviert, gehen an und beleuchten die Gesichter der Studenten, die auf Betonbänken sitzen oder alleine oder in Zweier- oder Dreiergruppen unterwegs sind. Selbst nach Einbruch der Dämmerung ist in diesem Teil des Campus immer eine Menge los, weil sich hier die Bibliothek befindet. Das River Bend Gate, das Tor an der Flussbiegung, befindet sich etwa eine Meile weiter nordöstlich, jenseits der Baustelle des neuen Ingenieurgebäudes.
    Ich hebe meinen Rucksack auf die Schulter. Er ist nicht schwer, da ich die meisten Bücher zu Hause gelassen und nur das Wichtigste mitgenommen habe: meine »Englische Literatur«-Notizen, mein Skizzenbuch, mein Handy und den kleinen Zugbeutel mit einer Hand voll geprägter Ankersteine. Letztere brauche ich, um durch das Tor zu kommen, es sei denn, Kyol gibt mir einen neuen Stein.
    Inzwischen muss ich laufen, um mitzuhalten. Als mich immer mehr Studenten anstarren, versuche ich, Kyol meine Hand zu entziehen. Es ist nicht gerade ungewöhnlich, dass jemand über den Campus rennt, aber ich habe eine ziemlich merkwürdige Haltung eingenommen, weil Kyol mich mit sich zieht, daher fragen sich bestimmt alle, was zum Henker ich eigentlich mit meinem Arm mache.
    »Kyol«, flüstere ich.
    Sein Blick schnellt zu den Menschen, die nicht sehen können, dass ich seine Hand halte. Für sie greife ich wild in die Luft. Er spannt sein Gesicht an, doch dann lässt er mich los. »Entschuldige, Kaesha .«
    Ich halte den Atem an. Kaesha . Diesen liebevollen Begriff benutzt er sonst nur, wenn wir beide alleine sind. Ich bezweifle, dass ihm überhaupt bewusst ist, was er da gerade gesagt hat, da er nicht den Bruchteil einer Sekunde stockt und mich weiter über den Hof führt, aber wenn seine Soldaten es gehört haben, sie es dem König melden …
    Ein unnatürlicher Wind durchschneidet die zuvor stille Luft, lässt die Blätter der Bäume rascheln und eine Limodose über den Boden rollen. Die Haare in meinem Nacken stellen sich auf, und ich bekomme am ganzen Körper Gänsehaut. Die Rebellen sind hier. Sie beobachten uns. Sie verstecken sich. Sie …
    Pfeile schwirren durch die Luft. Helles Licht leuchtet rings um mich herum auf, als die königstreuen Fae in ihre Risse entschwinden. Die Pfeile verschwinden ebenfalls, wenn sie das Licht berühren, werden vom Zwischenreich verschluckt. Nur einer trifft sein Ziel, die Schulter eines Fae, der einen Sekundenbruchteil zu spät reagiert hat. Er stöhnt vor Schmerzen auf und flüchtet durch einen Lichtriss, um als Einziger nicht wieder zu erscheinen. Die anderen kommen mit Verstärkung zurück, als die Rebellen ein zweites Sperrfeuer eröffnen.
    »Los!«

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