Die Schattenmatrix - 20
Man hätte mich besser informieren müssen, aber ich versuche immer, die Leitung der Türme den Leroni zu überlassen. Und Mestra Natasha hielt es offensichtlich nicht für notwendig, mich zu unterrichten. Es beunruhigt mich sehr, wenn ich daran denke, dass womöglich noch weitere nicht ausgebildete Telepathen auf Darkover herumlaufen. Laran ist zwar selten, aber so selten nun auch wieder nicht, und in letzter Zeit taucht es plötzlich an den unwahrscheinlichsten Orten auf.«
Mikhail nickte. »Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft die Männer der Domänen ihre Gunst wirklich jeder hübschen Frau erweisen, die sie verführen können.«
»Ich meine es ernst, Mikhail.«
Mikhail schnaubte. »Wenn ich dir nicht ernst genug bin, dann solltest du einmal mit meiner Base Marguerida über dieses Thema diskutieren. Sie wird dir mehr über die Übel männlicher … wie nennt sie es noch … Privilegien erzählen, als du
hören möchtest. Ich habe mich am Ende fast geschämt, ein Mann zu sein. Aber ich warne dich: Du musst darauf gefasst sein, den Streit zu verlieren, denn sie liebt scharfe Debatten.«
Danilo wandte sich ab, und Mikhail sah, wie seine Schultern vor Lachen bebten. »Das scheint mir kaum ein geeignetes Thema für eine Unterhaltung zwischen dir und Marguerida zu sein«, antwortete Regis und bemühte sich um einen ernsten Blick, was ihm jedoch nicht gelang.
»Wir reden über alles, und das ist auch einer der Gründe, warum ich sie so schätze, Onkel Regis. Sie hat nicht die geringste Scheu davor, die heikelsten Tabus anzupacken, sie zu zerlegen, die Teile zu sortieren und ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Ich glaube, unter anderen Umständen wäre meine Mutter wahrscheinlich genauso geworden, und möglicherweise mag sie Marguerida deshalb nicht, weil sie sich so ähnlich sind.«
»Stimmt, Javanne war schon immer sehr gescheit.« Regis verstummte und trank nachdenklich von seinem Wein. »Erzähl mir noch mehr von Emelda«, sagte er schließlich, um nicht weiter von seiner Schwester oder Marguerida Alton reden zu müssen. »Bei meiner Ankunft war sie gekleidet wie eine Leronis so gut sie es jedenfalls fertig brachte. Der Stoff war wohl mehr aus Verlegenheit rot als in Wirklichkeit und schlecht gefärbt dazu. Das kam mir sehr seltsam vor, da Haus-Leroni nicht mehr üblich sind. Aber in Priscillas Haushalt war einfach alles sonderbar! Emeldas Kleidung war nebensächlich, und ich musste mich um wichtigere Probleme kümmern - zerbrochene Fenster, Schornsteine, die nicht zogen, reparaturbedürftige Ställe. Ich weiß nicht, ob die Kinder einen weiteren Winter dort überlebt hätten - aber nachdem die Domna sie sowieso mitnehmen wollte, hat sie darüber wahrscheinlich gar nicht mehr nachgedacht.«
»Mitnehmen? Wohin wollte sie denn?« Regis beugte sich in seinem Sessel vor, und Mikhail war klar, dass Liriel ihm noch keine Einzelheiten erzählt hatte.
»Als Dyan Ardais und ich vor etwa vier Jahren einmal zum Spaß nach Burg Elhalyn ritten, lebten außer ein paar älteren Dienern und den Kindern auch noch ein Knochendeuter und ein Medium aus den Trockenstädten bei Priscilla.« Mikhail hielt inne und dachte an den Eid, den er Priscilla damals geschworen hatte. Sie war tot, genau wie Ysaba, und er war sich unschlüssig, wie bindend ein Eid sein mochte, den man einem Geist gegeben hat. Dennoch war es ihm unangenehm, von dem Vorfall zu reden. »Wir haben sogar einer Seance beigewohnt, bei der Derik Elhalyns Geist anwesend war oder auch nicht.«
»Das hast du mir nie erzählt!«
»Dyan und ich hatten damals Geheimhaltung gelobt, und ich halte mein Wort! Außerdem wusste niemand von unserem Besuch auf Elhalyn, und ich dachte, ich bekomme vielleicht Schwierigkeiten, wenn ich unseren Ausflug erwähne. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass wir beide die ganze Sache schnell wieder vergessen wollten. Es war … beunruhigend.«
»Aber du hättest…»
»Ich breche mein Wort nicht, Onkel Regis.« Mikhail war überrascht, wie ruhig seine Worte klangen und zugleich bestürzt über den bedrohlichen Unterton in seiner Stimme.
»Ich verstehe.« Regis wirkte nachdenklich - und auch ein wenig besorgt.
»Damals hielt ich das Ganze für die harmlose Verschrobenheit einer einsamen Frau. Ich führte es auf das eigentümliche Wesen der Elhalyn-Linie zurück, da ich nicht an Geister glaube - nicht einmal an die in Armida.« Mikhail lächelte über sich selbst, weil er merkte, dass er sich gerade selbst widersprochen hatte. »Doch bei dieser Seance
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