Die Schattenmatrix - 20
wurde ein gewisser Wächter er
wähnt. Ich weiß noch, dass ich hin und wieder an ihn dachte und mich fragte, wer zum Teufel er wohl sein mochte. Wäre ich schlauer gewesen, hätte sich die Tragödie größtenteils vermeiden lassen. Ich hätte dir besser vor meiner Abreise von der Seance erzählen sollen. Aber ich hatte nun mal mein Wort gegeben!«
»Mir scheint, du hast die Lektion, mit dir selbst Rat zu halten, nur zu gut gelernt, Mikhail.«
»Ich hatte schließlich einen guten Lehrer«, gab Mikhail zurück und funkelte Regis herausfordernd an.
»Jetzt hat er dich aber erwischt«, bemerkte Danilo.
»Du scheinst meine Verlegenheit ja sehr zu genießen«, erwiderte Regis. Obwohl er Danilo anlächelte, konnte er seinen leichten Zorn kaum verbergen.
»Ich habe so selten Gelegenheit dazu«, murmelte der Friedensmann. Diese Bemerkung löste die Spannung wieder, und alle lachten. Als das Gelächter abebbte, sagte Regis: »Fahr mit deiner Geschichte fort
- und lass bitte nichts aus.«
Mikhail holte tief Luft und begann. Er erzählte von den sonderbaren Vorkommnissen und echten Gefahren der vergangenen Monate, bis sein Mund trocken war, und er durchlebte noch einmal die Schrecken der letzten Nacht in Haus Halyn.
Als er geendet hatte, wechselten sein Onkel und Danilo einen Blick, die beiden tauschten etwas aus, das Mikhail nicht deuten konnte. Regis sah traurig und müde aus, er saß reglos da und war völlig in Gedanken versunken. Schließlich fragte er: »Hat diese Emelda nicht sofort dein Misstrauen geweckt?«
»Ja und nein. Ich war ständig geistig benebelt und habe auch wiederholt gedacht, dass sie der Grund dafür sein könnte. Aber dann habe ich es irgendwie jedes Mal vergessen. Das Ganze ging kaum wahrnehmbar vonstatten, und ich bin tage
lang in einer Art Nebel herumgelaufen, obwohl es mir nicht bewusst war. Liriel sagt, ich war von einem Zauber in Bann geschlagen. Jedenfalls weiß ich, dass alles ganz anders ausgegangen wäre, wenn ich meine Gardisten nicht dabeigehabt hätte. Emeldas Fähigkeiten hatten ihre Grenzen, und je größer die Anzahl der anwesenden Personen war, desto beschränkter waren sie. Ich habe noch nie so sehr wegen ihrer Überschattung mit Marguerida gefühlt, wie ich es jetzt tue. Es ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit, jemanden so etwas anzutun.« Er gab nur äußerst widerwillig zu, dass es der kleinen Frau wochenlang gelungen war, ihn zu verwirren. Das vorzügliche Mahl, das er soeben noch genossen hatte, lag ihm plötzlich wie Blei im Magen.
»Und du hattest keine klare Vorstellung davon, was da vor sich ging?«
»Nein. Allerdings war auch meine eigene Sturheit daran schuld. Ich war wild entschlossen, die Aufgabe zu erfüllen, die du mir gestellt hattest, obwohl ich die Regentschaft über die Domäne Elhalyn nie übernehmen wollte. Ich habe mich einfach immer weitergeschleppt, wie ein kompletter Idiot. Marguerida hat einige Bemerkungen über meine geistige Unschärfe gemacht und mich gefragt, ob ich krank sei, aber sie konnte den Nebel nicht durchdringen, hinter dem ich mich verbarg. Es war eine sehr demütigende Erfahrung.« So. Jetzt hatte er sich alles von der Seele geredet. Doch warum empfand er keine Erleichterung? Warum hatte er das unangenehme Gefühl, dass er gerade geprüft wurde - und mit Pauken und Trompeten durchfiel? »Wie war das genau?«
»Das ist schwer zu beschreiben. Wenn mir mal wieder Zweifel kamen - was nicht selten der Fall war -, dann schwollen sie in meinem Kopf an wie ein nasses Fass. Es war, als hätte Emelda die Gabe, alle meine Ängste zu riesigen Monstern
zu vergrößern. Deshalb habe ich wahrscheinlich meine Aufmerksamkeit auf kaputte Fenster und andere greifbare Probleme konzentriert. Das waren zumindest Missstände, die ich beheben konnte.«
Danilo räusperte sich, und sowohl Regis als auch Mikhail sahen ihn an. Sie hatten seine Anwesenheit schon fast vergessen, so ruhig verhielt er sich. »Das war sicher sehr schmerzlich für dich, Mikhail. Und es muss auch sehr heimtückisch gewesen sein, weil es dir nicht bewusst war.« Danilos Stimme klang angespannt, und Mikhail wusste, dass er sich an seine frühen Begegnungen mit dem älteren Dyan Ardais erinnerte, der ihn mittels der Alton-Gabe des Öfteren genötigt hatte, als Danilo bei den Kadetten war.
»Ich habe abwechselnd gedacht, dass ich den Verstand verliere, mir die ganze Sache nur einbilde und zu überhaupt nichts tauge.« Die Spannung war wieder da, und Mikhail hätte sie gern gelöst, traute sich jedoch
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