Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
nicht.
»Aber warum hast du denn nicht mit mir Kontakt aufgenommen?« Regis klang wütend und enttäuscht. »Das verstehe ich immer noch nicht!«
Mikhail sah seinen Onkel direkt an, kniff die Augen zusammen und bemühte sich, seinen Zorn zu unterdrücken. »Jedes Mal, wenn ich an dich dachte, überkamen mich … die schlimmsten Selbstzweifel. Ich dachte, ich würde dich enttäuschen, wenn ich um Hilfe bitte. Es kostete mich meine ganze Kraft, Liriel zu rufen, und ich glaube nicht, dass es auf ganz Darkover auch nur einen Menschen gibt, den ich sonst noch hätte fragen können. Nicht einmal Marguerida. Du hast mir nicht einen schlechten Dienst erwiesen, Onkel Regis, weil du mich zum Regenten von Elhalyn ernannt und mich in dieses Haus geschickt hast, sondern weil dir die Umstände nicht ausreichend bekannt waren. Ich glaube nicht, dass du die Sache bis zum Ende durchdacht hattest.« Die Bitterkeit in seiner
Stimme war nicht zu überhören, und innerlich zuckte Mikhail zusammen. Wie kam er dazu, so mit Regis Hastur zu sprechen? Er musste sich anhören, als wollte er die Schuld für sein eigenes Versagen auf andere schieben.
»Genau das habe ich ihm auch schon gesagt«, bemerkte Danilo und goss sich noch einen Becher Glühwein ein.
Mikhail starrte den Friedensmann mit offenem Mund an und spürte eine tiefe Erleichterung. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und er sah, dass er die freie Hand im Schoß ballte. Dann zuckte er mit den Achseln. Vielleicht war es weniger schlimm, als er gedacht hatte.
Regis runzelte die Stirn. »Wenn ich nicht genau wüsste, dass ihr beiden mir treu ergeben seid, könnte ich glauben, ich hätte Nattern an meiner Brust genährt. Aber ich bin klug genug, um zu erkennen, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, und ich bin dankbar, dass die Sache so glimpflich ausgegangen ist. Jetzt erzähl mir bitte noch ein wenig mehr über die Kinder.« Die Angelegenheit war damit erledigt, und Mikhail war nicht sonderlich zufrieden damit. Zumindest aber musste er sich keine Strafpredigt anhören. »Viel kann ich dazu nicht sagen. Alain, der Älteste, ist ein hoffnungsloser Fall. Das Eingreifen des Wächters hat jede Chance zunichte gemacht, dass er sich von den Versäumnissen seiner Erziehung noch erholen könnte. Vincent wurde ebenfalls verletzt, ich kann allerdings nicht abschätzen, wie schwer. Er ist ohnehin kein sehr angenehmer Zeitgenosse; seine Mutter hat ihm allerlei Flausen in den Kopf gesetzt, und er bildet sich ein, einmal den Elhalyn-Thron zu besteigen, den er meiner Meinung nach für mächtiger hält, als er ist. Er neigte schon vor dem Zwischenfall zu Gewalttätigkeit und seelischer Grausamkeit, und obwohl er inzwischen fügsamer ist, hatte er unterwegs ein paar Anfälle, die uns allen einen gehörigen Schrecken eingejagt haben. Die arme Liriel. In einer engen Kutsche mit einem kräftigen Jugendlichen eingesperrt zu sein, der versucht, die Fenster herauszureißen … Ich hätte auch nie vermutet, dass er ein Elhalyn y Elhalyn ist, und habe nicht die geringste Ahnung, wer sein Vater sein könnte, falls Emun Recht hat. Die ganze Situation war … undenkbar.« Mikhail konnte sich nur mit großer Anstrengung auf seinen Bericht konzentrieren, und er spürte seine Müdigkeit mit jedem Augenblick deutlicher.
»Ja, ich weiß. Die Heiler haben sie beide untersucht, und Vincent hat ein irreparables Gehirntrauma erlitten. Aber was ist mit dem Jüngsten, Emun Elhalyn?«
»Das weiß ich nicht. Es würde noch einige Jahre dauern, bis er den Pflichten des Throns nachkommen könnte. Sein Laran ist noch eine unbekannte Größe, und ich hatte bisher keine Gelegenheit, einen der Jungen tatsächlich zu prüfen. Emun ist gerade dabei, sein Laran zu entwickeln, er zeigte erste Symptome der Schwellenkrankheit, aber sie ist nie richtig ausgebrochen. Ich glaube, dass entweder Priscilla oder Emelda es verhindert haben, und welchen Schaden das bei dem Jungen angerichtet hat, kann ich nur raten.«
Mikhail hatte Regis nie verlegener erlebt. Er trank noch einen kleinen Schluck Wein, der seine Zunge lockerte, und fragte sich, ob er fortfahren sollte. In seiner Jugend hatte Mikhail seinem Onkel sehr nahe gestanden. Seine gegenwärtigen Gefühle und die beißende Kritik, die ihm auf der Zunge lag, überraschten ihn selbst. Er sehnte sich einen Augenblick lang nach der Unschuld und dem Vertrauen, die ihre gemeinsame Vergangenheit geprägt hatten. Doch Mikhail war kein kleiner Junge mehr, sondern ein Mann, und er

Weitere Kostenlose Bücher