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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Vergangenheit. Er versuchte das Gefühl abzuschütteln, aber er wurde die Vorstellung nicht los, dass ein ganzes Leben für ihn vergangen war -ein anderes Leben in einer anderen Zeit. Er blickte auf den Ring an seiner Hand und seufzte. Es würde lange dauern, bis er sich einen Reim auf alles machen konnte. Die Gardisten halfen Mikhail in die Gaststube, schleiften und trugen ihn zum lodernden Kaminfeuer und setzten ihn in einen geräumigen Sessel. Er beobachtete teilnahmslos, wie Lew Marguerida neben ihm absetzte. Ihre Hand hing schlaff über die Stuhllehne, das Metall des Cafenas-Ambands glänzte im Schein des Feuers.
»Ziehen wir ihnen die nassen Sachen aus! Samel!«, rief Lew und erhob sich mit leicht gerötetem Gesicht. »Wir brauchen trockene Kleider - sofort!« Der Gastwirt nickte und eilte davon, um fast augenblicklich mit einigen seiner Bediensteten wieder zu kommen. Mikhail wurde auf die Füße gezerrt, und dann streifte man ihm die triefend nasse Hauskleidung über den Kopf. Aus gedämpften Protestlauten folgerte er, dass man Marguerida ebenfalls entkleidete. Er hörte ein empörtes Kreischen von Samels Frau und dann Lews Befehlston: »Zum Teufel mit der Schamhaftigkeit!«
Mikhail sackte auf seinem Stuhl zusammen, erleichtert, dass er keine Verantwortung mehr übernehmen musste. Als
man ihm einen dickwandigen Becher in die Hand drückte, hob er ihn an den Mund und trank. Es war heißer Apfelwein, so süß, dass seine Zähne schmerzten, und er nahm undeutlich noch ein anderes Aroma wahr. Ein wahrer Energiestoß fuhr durch seinen Körper, und er wusste es, es war Blasenwurz, ein starkes Stimulans. Obwohl sein Körper nach Schlaf schrie, würde er jetzt nicht schlafen können, aber er wusste, dass der Trank ihm half, die Auswirkungen der Kälte zu überwinden.
Wärme sickerte in seinen Körper. Erschöpfung und Abgestumpftheit schwanden, als der Blasenwurz in seinen Blutkreislauf gelangte. Wenn er jetzt nur noch die Kraft hätte, seine eiskalten Schuhe auszuziehen!
Doch bevor er sich dazu aufraffen konnte, kniete Lew vor ihm nieder und zog ihm die Schuhe aus. Mikhail war schockiert und seltsam berührt. Das war gewiss keine Tätigkeit für den Herrn einer Domäne, und doch hielt er sie für richtig. Sein Schwiegervater - der Ausdruck brachte ihn für einen Augenblick ins Wanken - hatte sich noch nie viel um Konventionen geschert.
Mikhail sah zu seiner Frau hinüber. Marguerida trug nun einen dicken blauen Hausmantel. Sie war kalkweiß im Gesicht und zitterte. Eine der Dienerinnen versuchte mit einem Handtuch ihr zerzaustes Haar zu trocknen. Seine Liebste stieß einen leisen Schmerzensschrei aus und schob die Frau mit einer kraftlosen Handbewegung zur Seite.
Der Blasenwurz tat weiterhin seine Wirkung, und Mikhail wünschte fast, es würde aufhören. Er hatte plötzlich eine gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit - als könnte er jede einzelne Faser seiner Kleider spüren. Das Feuer, das er vor wenigen Minuten noch als so angenehm empfunden hatte, schien ihn nun zu versengen. Er fühlte sich, als würden Feuerameisen auf ihm und in ihm herumlaufen, und er glaubte beinahe ihre
trippelnden Füße und die zuschnappenden Kiefer zu spüren. Er wäre mit Freuden aus seiner Haut gefahren.
Das Gefühl dauerte nur einige Minuten, dann war es vorbei. Seine Wangen waren heiß, und er hatte grässliche Kopfschmerzen. Er rieb sich mit der zitternden Hand über die Stirn, und der Schmerz ließ sofort nach. Er hatte, ohne nachzudenken, die Hand mit dem Ring benutzt. Wie sollte er mit diesem Ding nur leben? Wie hatte Varzil es fertig gebracht? Er seufzte, als sich auch noch die verspannten Muskeln in seinem Nacken lockerten.
Ein grauhaariger Kopf tauchte vor seinem Gesicht auf, und ein Löffel bewegte sich auf seinen Mund zu. Der Gastwirt grinste ihn an, und Mikhail öffnete wie ein Kind den Mund und schmeckte Mehlbrei auf der Zunge. Damit fütterte man Kleinkinder nach dem Entwöhnen und sehr kranke und alte Menschen. Das Zeug war schleimig und nicht sehr schmackhaft, aber er schluckte es und ließ sich von Samel weiterfüttern, während Lew Marguerida versorgte. Nach einer Weile schüttelte Mikhail den Kopf. »Ich kann nicht mehr, Samel. Danke.«
»Wie Ihr wollt, vai Dom. Ruft einfach, wenn Ihr noch etwas braucht.«
»Ich hätte gerne einen Tee, Pfefferminztee mit Honig. Mein Hals tut fürchterlich weh.«
»Gewiss, gewiss.« Samel eilte geschäftig davon, und kurz darauf reichte man Mikhail einen zweiten Becher, Bergminze,

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