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Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit

Titel: Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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»Bei manchen jüngeren trifft das zu. Aber ich bin nicht jung, kleines Halbblut, ebenso wenig wie ich einemVampir ähnle, der durch einen Biss zu dem wurde, was er ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hunger schwächt mich nicht, sondern macht mich umso animalischer. Binnen weniger Tage bin ich ungleich stärker als sonst, kann mich dafür aber umso schlechter kontrollieren. Mein Hunger wird mich vollkommen beherrschen und dazu treiben, mir wahllos Nahrung zu suchen. Dann können mich weder Ihre Ketten noch Ihre Kreuze aufhalten.«
    Sie beäugte ihn skeptisch. »Sie lügen! Sie wollen mir Angst machen, damit ich Sie gehen lasse.«
    »Seien Sie nicht dumm!« Als er versuchte, sich aufzurichten, verbrannte ihm das Kreuz die Brust. Knurrend fiel er zurück auf die Pritsche. Eine Hautstelle war versengt, aber nicht schlimm. Er würde Marika umbringen, wenn er musste, aber er wollte nicht auch noch Unschuldige töten.
    »So leicht ängstigt man mich nicht, und ich bin nicht so dumm, Ihnen zu glauben, dass Sie mir die Wahrheit sagen.« Sie nickte zu dem Eintopf. »Das ist alles, was ich Ihnen an Nahrung geben werde,
Monstru

    Sie hatte keine Vorstellung davon, zu was für einem Monstrum er tasächlich werden konnte. Um ihren Stolz zu wahren, war sie bereit, ihn auszuhungern, denn sie wollte partout glauben, er würde dadurch gefügiger. O ja, sie würde ohne Frage eines Tages umkommen!
    Nun ließ sie ihn mit seinem bohrenden Hunger und seiner kochenden Wut allein.
    Nach einer Weile griff er nach dem Eintopf und dem Bier. Er schaffte es sogar, sich in eine halb sitzende Positionzu bringen, um essen zu können. Anschließend legte er sich wieder hin und begann, über seine Fluchtmöglichkeiten nachzudenken.
    Er hoffte, dass die Dorfbewohner über Nacht fort wären, sollte er vor seiner Flucht die Kontrolle verlieren. Allerdings war das mehr als unwahrscheinlich.
    Bisweilen war es nicht sehr angenehm, furchteinflößend zu sein.
     
    Irina Comenescu lebte unweit entfernt in der Stadt Fagaras, nach der die Bergregion benannt war, die Marika als ihr Zuhause betrachtete. Einst wohnte Irina bei Marika und den anderen in einem Dorf, aber ihre Enkelin wollte sie nicht mehr so nahe bei sich haben. Marikas Feinde könnten ihre
Bunica
als Druckmittel gegen sie missbrauchen, und lieber verbrächte Marika die Ewigkeit in der Hölle, als die Frau zu gefährden, die sie aufgezogen hatte.
    Das harte ländliche Leben hatte tiefe Furchen in Irinas Gesicht gegraben. Während der letzten zwanzig Jahre jedoch hatte sie miterlebt, wie Stabilität und Fortschritt aufblühten, wo zuvor nur Unruhe und der Wunsch nach Reformen gewesen waren. Marika wusste wenig von den Nöten und den Kämpfen, die ehedem das Leben ihrer Großmutter beherrscht hatten.
    Die alte Frau hatte einen Sohn verloren, der losgezogen war, um sich mit den Russen gegen das Osmanische Reich zu stellen. Das war ’77 gewesen, drei Jahre nachdem ihre einzige Tochter im Kindbett gestorben und ein Jahr bevor ihr Mann einer schrecklichen Krankheit erlegen war.
    Wollte Marika sehen, was wahre Stärke war, brauchtesie bloß ihre Großmutter zu besuchen, die für sie Mutter und Vater ersetzt hatte.
    Irina bewohnte ein kleines sauberes Häuschen mit rosa Anstrich in einem der besseren Stadtviertel. Marikas Vater hatte nichts mit seiner Tochter zu schaffen haben wollen, bestand aber dennoch auf einer standesgemäßen Erziehung und Unterbringung – wenn sie nicht gerade auf einem der Internate war, auf die er sie geschickt hatte. Sie und ihre
Bunica
hatten ein komfortables Leben geführt, mit Haushälterin und Butler. Zugleich hatte um sie herum bittere Armut geherrscht, und da Marika nie eingeredet worden war, dass sie etwas Besseres wäre als andere, entstammten ihre Freundinnen und Freunde teils Familien, die weit schlechter gestellt waren als sie.
    Dieses kleine rosa Haus blieb bis heute der Ort, den Marika aufsuchte, wenn sie Rat brauchte. Und diesen wiederum brauchte sie jetzt dringend.
    Bishop hatte gesagt, sie wäre zur Hälfte ein Monstrum, dass sie ihren eigenen Maßstäben zufolge den Tod ebenso verdient hatte wie jene, die sie bislang dazu verurteilt hatte. Und sie könnte es leugnen, so viel sie wollte, doch als er es aussprach, war ihr klargeworden, dass sie, sollte sie je einer Kreatur begegnen, die ihr glich und wie sie Jäger war, sie töten würde. Ja, sie brächte sie um, obwohl sie halb menschlich wäre.
    Natürlich täte sie das, denn niemand sollte gezwungen sein,

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