Die Schattenstaffel Kommissar Morry
Kantine mit den Worten:
„Alle Achtung, Madam! — Sie verstehen mit Menschen dieses Schlages umzugehen!"
„Na schön, Sie können recht haben, junger Mann; aber um mir alten Frau Komplimente zu machen, sind Sie doch bestimmt nicht gekommen. Stimmt doch, nicht?"
Sie lächelte.
„So, und was wünschen Sie?"
Cary blickte so erstaunt, daß die Wirtin hinzufügte: „Sie dürfen sich nicht wundern über meine etwas resolute Art. Ich sehe gern klar. Das hat vernünftige Gründe. Nur, um einen Drink zu nehmen, sind Sie wohl kaum hier. Oder —?"
Cary zögerte, gestand dann aber ein:
„Sie haben richtig vermutet."
„Sehen Sie! Sie waren nicht der erste, der sich nach hierher verirrt, um etwas Besonderes in Erfahrung zu bringen. Nur keine unnütze Scheu, junger Mann; mit mir können Sie reden wie mit einer Mutter."
Cary blickte beschämt vor sich hinunter. Und als Madam Fortune fragte:
„Ich glaube, Ihr saloppes Aeußere stimmt kaum mit Ihrem intelligenten Gesicht überein —", warf er entschlossen den Kopf hoch. In seinem Blick spiegelte sich die Lauterkeit seines Wesens. Er sagte:
„Wunderbar, Madame Fortune. Mein Name spielt zwar keine große Rolle, aber ich möchte nicht unhöflich erscheinen und mich vorstellen."
„Gern einverstanden —"
„Mein Name ist Cary Broyders, Madame. Ich bin Reporter bei der ,Exclusiv-Press‘."
Diese Eröffnung löste u verkennbar Unruhe bei der Wirtin aus. Ihre Hände begannen leicht zu zittern, hantierten unnütz und nervös. Eine tiefe Bewegtheit hatte die stolze, couragierte Frau ergriffen. Es war Cary im Moment klar, daß er hier einen Menschen gefunden hatte, der einiges über seinen ermordeten Vorgänger wissen mußte. Und so sagte er:
„Nun können Sie sich wohl denken, warum ich hier bin. Sie haben sicher auch gehört oder gelesen, wie es meinem Vorgänger ergangen ist. dem Mister Browner."
Madame Fortune nickte nur wortlos.
Cary erklärte weiter:
„Wie weit Scotland-Yard jetzt ist, um den Fall aufzuklären, weiß ich nicht, aber eines weiß ich: wir von der ,Exclusiv-Press‘ werden unseren Teil dazu beitragen, um den Mörder zu stellen. Sollten Sie uns womöglich einige Fingerzeige geben können, so tun Sie das bitte."
Die Wirtin war auffällig blaß geworden. Sie stammelte tonlos:
„Unmöglich, Mister Broyders. Ich würde ja . . . ich meine... es ist höchst gefährlich, hier für jeden, über diese Sache Bescheid zu wissen. Gewisse Leute würden sich gräßlich rächen. Sie sind noch jung, und — was schlimmer ist — Sie sind fremd in dieser Gegend. Für Sie wäre es der sichere Tod, wenn Sie sich gegen diese Leute stellten!"
Cary erwiderte beschwörend:
„Das alles ist mir ja bekannt, hinreichend bekannt, Madam, dennoch müssen Sie mir bitte einige Fragen beantworten."
„Sie scheinen ebenso starrsinnig zu sein wie Mister Bowenr", versuchte Madam Fortune seine Wünsche abzuwehren.
„Auch er wollte unbedingt hinter die Schliche des Gangsters kommen, den man hier als. . .“
Sie brach erschrocken ab.
Ihr war zur Besinnung gekommen, daß sie den Namen niemals mehr aussprechen durfte. Cary Broyders hakte unnachsichtig ein:
„Warum sprechen Sie den Namen dieses Schurken denn nicht aus, Madam? Haben Sie Angst vor diesem sogenannten Napoleon? Ich muß wissen, hinter welche Sache mein Kollege Browner gekommen war. Er mußte etwas Bedeutsames entdeckt haben, das ist gewiß. Dafür hatte er ja das Leben lassen müssen. Dieser Mord darf nie und nimmer ungesühnt bleiben, sehen Sie das nicht ein?"
Fragen über Fragen stürmten auf die Wirtin ein. Sie vergewisserte sich, keine Lauscher zu haben, und endlich hauchte sie kaum vernehmbar:
„Nun gut. Sie wollen es nicht anders. Ich will Ihnen sagen, was ich über Mister Browner und seine Pläne weiß. Versprechen Sie sich jedoch nicht allzuviel davon. Vielleicht werden Sie enttäuscht sein. Also: Mister Browner und ich kannten uns schon eine ganze Weile, bevor er eines Abends wieder hier in die Kantine kam und plötzlich mit einigen meiner Gäste Karten zu spielen begann. Das ist nichts Außergewöhnliches. Hier wird tagtäglich Karten gespielt, aber für mich war es klar, daß Mister Browner irgend etwas Besonderes damit bezweckte. Was es war, erfuhr ich erst viel später. Er hatte es natürlich auf einige dunkle Elemente abgesehen. Eines Abends, nun — er hatte wieder mit diesen undurchsichtigen Burschen gespielt, und wie üblich, absichtlich dabei verloren, kamen wir nach Feierabend ins
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