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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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Raum der Qual und des Schmerzes ohne Angst betreten hätte. »Mithilfe deiner Vorfahren habe ich in den letzten Jahrhunderten eure Spezies studiert. Wie du siehst, habe ich mich dabei auch menschlicher Folterinstrumente bedient, siesind sehr amüsant. Doch heute haben wir für so etwas keine Zeit. Es gibt einfachere und schnellere Methoden, um euch Menschen die Wahrheit zu entlocken.«
    Er schleuderte sie auf den Stuhl, doch selbst als sie saß, lockerte er immer noch nicht seinen Griff. Stattdessen legte er ihr nun seine Krallenhände von hinten auf die Schultern. Sie konnte sich keinen Zentimeter rühren.
    »Eines habe ich durch meine Studien gelernt: Je größer der Schmerz ist, umso schneller offenbart ihr die Wahrheit. Bei deinen Vorgängern war diese Eile allerdings nicht notwendig. Ihre Besuche in meinem Palazzo dienten lediglich der …« Er suchte nach dem treffendsten Wort. »Der Motivation . Ich wollte damit sichergehen, dass sie nicht vergessen, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um das Necronomicon zu finden.«
    Aus den Augenwinkeln sah Francesca die Spitze der Pestmaske neben ihrer rechten Schulter auftauchen. Nyarlath beugte sich zu ihr herunter. »Bei dir allerdings sieht die Sache anders aus«, flüsterte er ihr ins Ohr. Sein fauliger Atem streifte über ihre Haut. »Wir müssen uns beeilen. Ich spüre, dass du nicht sehr tief schläfst und dass jemand in deiner Nähe ist, der dich aufwecken könnte.«
    Fiorella!, schoss es Francesca durch den Kopf. Ein Funken Hoffnung glomm in ihr auf.
    »So muss ich dir leider mitteilen, dass du gleich sehr, sehr starke Schmerzen haben wirst«, verkündete Nyarlath genüsslich. »Du hast dich sicherlich gewundert, dass du unter Wasser atmen kannst. Dies liegt nicht etwa daran, dass du träumst, sondern dass ich dir gestatte, zu atmen. Ohne meine Berührung wirst du ertrinken.« Er seufzte theatralisch auf. »Es ist eine wirklichschreckliche Art zu sterben, aber das wirst du schnell selbst feststellen. Abgesehen davon wird sich in diesem Raum gleich der Wasserdruck erhöhen, dadurch wird dein Brustkorb zusammengequetscht und in deiner Lunge entsteht ein Unterdruck. Wie ich gehört habe, ist das alles andere als angenehm.«
    Francesca spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Sie konnte nicht verhindern, dass die Bilder, die Nyarlaths Schilderungen in ihr weckten, ihren Körper vor Entsetzen lähmten.
    Es ist nur ein Traum, versuchte sie sich selbst Mut zu machen, er kann mich nicht wirklich ertrinken lassen!
    Egal, was Nyarlath mit ihr vorhatte, sie durfte ihm nicht die Informationen geben, die er wollte! Fiorella und sie mussten die wenigen Stunden, die ihnen noch bis zum Ablauf des Ultimatums blieben, für die Suche nach dem Dolch nutzen.
    »Nun weißt du, was dich erwartet. Doch ehe wir beginnen, gebe ich dir die Chance, mir sofort die Wahrheit zu sagen. Das würde dir die Schmerzen ersparen«, zischte er. »Hier ist also meine erste Frage: Hast du das Necronomicon gefunden? «
    Francesca schwieg. Nyarlath hatte ihr selbst gesagt, dass sie ihn nicht anlügen konnte, also war es besser, nichts zu sagen.
    »Ich frage dich zum letzten Mal: Hast du das Buch gefunden? Hast du eine Ahnung, wo es ist?«, fragte Nyarlath erneut und die Anspannung in seiner Stimme war unüberhörbar. Es war deutlich, wie wichtig das Necronomicon für ihn war. Seine Existenz hing von Francescas Antwort ab.
    Sie presste eisern die Lippen zusammen.
    »Du scheinst äußerst störrisch zu sein. Das ist wirklich bedauerlich.«
    Nyarlaths Hände lösten sich von ihren Schultern.
    Automatisch hielt Francesca die Luft an.
    Zuerst dachte sie, dass sich überhaupt nichts veränderte, doch dann wurde der Druck auf ihren Ohren von Sekunde zu Sekunde stärker. Anfangs fühlte es sich an wie im Schwimmbad, wenn man bis zur tiefsten Stelle hinabtauchte. Doch dann steigerte sich der Schmerz bis zur Unerträglichkeit. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr ein spitzes Messer die Trommelfelle zerstechen und bis in ihr Gehirn vordringen. Tränen strömten aus ihren Augen und wurden vom Wasser um sie herum verschluckt. Sie wollte schreien, Nyarlath bitten, aufzuhören – doch sie wusste, dass sie damit ihre Qualen nur noch verschlimmert hätte. Dem Drang ihres Körpers, Luft zu holen, konnte sie kaum noch widerstehen. Ihre Rippen schienen sich nach innen zu drücken und ihr Innerstes zu zerquetschen. Sie sackte vornüber. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Schmerzen empfunden. Ihr

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