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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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fragte Francesca besorgt. Ihre Großmutter war kreidebleich im Gesicht.
    »Mir war nur einen Moment lang schwindelig, keine Sorge«, beruhigte Fiorella sie. »Es war nur etwas viel Aufregung in den letzten Tagen.«
    Francesca musterte sie skeptisch.
    »Bist du unter der Marmorplatte im Flur fündig geworden?«,fragte Fiorella hastig. Es war offensichtlich, dass sie das Thema wechseln wollte. »Nach dem donnernden Schlag zu urteilen, hast du dich nicht lange damit aufgehalten, die Platte anzuheben.«
    Verlegen blickte Francesca auf den Vorschlaghammer. »Die Platte war viel zu schwer und da Nyarlath jeden Moment hier auftauchen kann, wollte ich keine Zeit verlieren. Leider hat es sich nicht gelohnt. Die Platte war nur locker, weil sich der Boden darunter abgesenkt hat.«
    »Meinst du, Nyarlath lässt uns lange zappeln?«
    Francesca schüttelte den Kopf. »Das Buch ist ihm zu wichtig. Für ihn steht zu viel auf dem Spiel, als dass er sich Zeit lassen könnte. Aber selbst wenn wir nur noch wenige Minuten haben, müssen wir sie nutzen«, sagte sie und sah sich mit gehetztem Blick um. »Es gibt so viele Stellen, an denen wir noch nicht gesucht haben. Hier könnte ich zum Beispiel die Spiegelwand zerschlagen oder oben im Speicher die Dielen …«
    »Nein!« Fiorella fasste sie an den Schultern und hielt sie fest umklammert. »Es hat keinen Sinn, jetzt kopflos durch den Palazzo zu rennen und wahllos Dinge zu zerstören. Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir vorgehen, wenn er hier ist.«
    Fiorella setzte sich auf einen Stapel Bodenplatten und klopfte mit der Handfläche auffordernd neben sich. Widerstrebend nahm Francesca Platz. Sie war so nervös und aufgewühlt, dass sie kaum still sitzen konnte.
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie den Griff des Vorschlaghammers immer noch umklammert hielt. Es gab ihr einGefühl der Sicherheit, wenn sie ihn bei sich hatte, obwohl sie wusste, dass er als Waffe kaum zu gebrauchen war. Bis sie ihn über den Kopf geschwungen hatte, hätte Nyarlath sie längst außer Gefecht gesetzt.
    »Was willst du tun?«, fragte Fiorella sanft. »Gibst du ihm das Necronomicon oder nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Meine ganze Hoffnung lag auf dem Dolch, aber jetzt …« Ihre Schultern sackten nach unten. »Wenn ich im Taxiboot nicht eingeschlafen wäre, hätten wir noch genug Zeit, nach ihm zu suchen. Ich habe alles vermasselt.« Sie starrte betrübt zu Boden. Wenn sie Nonna heute Morgen nicht zu diesem wahnwitzigen Plan überredet hätte, wären sie nun in Mestre in Sicherheit. Es tat ihr so leid, dass sie ihre Großmutter da hineingezogen hatte.
    »Es tut mir so leid, dass ich dich da hineingezogen habe«, sagte Nonna in diesem Augenblick trübsinnig.
    »Ich habe gerade genau dasselbe gedacht«, gestand ihr Francesca lächelnd.
    »Du?«, fragte Nonna verständnislos. Ihre Augenbrauen zogen sich ärgerlich zusammen. »Du hast überhaupt keinen Grund dazu, dich schuldig zu fühlen, Kind! Ich habe dich doch nach Venedig geholt, dir von dem Fluch erzählt und dich zu Baldini geschickt. Nur meinetwegen bist du in diese schlimme Sache hineingeraten. Ich mache mir solche Vorwürfe.« Sie ballte ihre Hand zur Faust und wandte ihren Kopf verärgert in Richtung des Koffers mit dem Necronomicon, der nicht weit von ihnen entfernt stand. »Das wäre alles nicht so weit gekommen, wenn Alessandro seine Finger von diesem Scheißbuch gelassen hätte!«
    »Nonna, hast du nicht gesagt, wir sollen dieses Wort nicht benutzen?«
    »Was denn – Buch?«, fragte Fiorella unschuldig. »Das stimmt, gegen Bücher war ich schon immer. Aber ich habe ihre Kraft tatsächlich unterschätzt, du hattest von Anfang an recht«, spielte sie auf ihre Diskussion vor einigen Tagen an. »Es gibt tatsächlich mächtige Bücher, die Einfluss auf die Menschen nehmen und das Leben verändern können.« Sie hob belehrend ihren Zeigefinger. »Trotzdem ersetzen Bücher niemals die Menschen in deinem Leben.«
    »Das ist richtig«, gab Francesca gerne zu. »So wichtig wie Menschen sind sie nicht.«
    Fiorella lächelte versonnen. »Weißt du, ich hatte mit deinem Großvater eine Abmachung: Jedes Mal, nachdem er in einem Buch gelesen hatte, nahm er mich in den Arm und gab mir einen Kuss.« Fiorella griff nach ihrer Hand. »Versprichst du mir, dass du das auch machst, wenn wir diese Nacht unbeschadet überstehen? Jedes Mal, wenn du ein Buch gelesen hast, nimm jemanden in den Arm, der dir viel bedeutet!«
    Auch wenn sie Fiorellas Abneigung gegen Bücher

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