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Die Schattenträumerin

Die Schattenträumerin

Titel: Die Schattenträumerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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wiederholte sie leise.
    »Das wollte ich auch nicht«, gab Fiorella in eingeschnapptem Tonfall zurück. »Falls du es vergessen hast, ich kann überhaupt nicht darin lesen.«
    »Lass es geschlossen, bitte! Das Buch ist gefährlich.«
    »Das ist lächerlich«, schnaubte Fiorella und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf ihre Knie. »Ich habe doch keine Angst vor einem Buch! Kannst du mir vielleicht verraten, wie wir ohne den Inhalt des Necronomicons herausfinden sollen, warum dein Großvater es so dringend gesucht hat?«
    »Wir finden einen anderen Weg«, beharrte Francesca. »Vielleicht kann ich in Großvaters Büchersammlung einen Hinweis entdecken. Möglicherweise hat er sich Notizen gemacht,die uns auf die richtige Spur bringen. Ich werde alles dafür tun, um dieses Rätsel zu lösen. Aber das Buch bleibt geschlossen!«
    Erstaunen zeichnete sich auf Fiorellas Gesicht ab. Sie war das Oberhaupt der Familie – selbst Viola und Stella wagten nicht, sich ihren Anweisungen zu widersetzen. Francesca war selbst davon überrascht, mit welcher Heftigkeit sie sich gerade ihrer Großmutter entgegensetzte. Doch sie hatte keine andere Wahl: Wenn Fiorella nicht selbst spürte, welche Gefahr dieses Buch ausstrahlte, musste sie sie davor schützen.
    An Fiorellas gerunzelter Stirn war zu erkennen, dass sie etwas Scharfes erwidern wollte.
    »Nach meinem schrecklichen Erlebnis im Antiquariat und dem Schock über Baldinis Tod, möchte ich mich jetzt nicht auch noch mit einem gefährlichen Zauberbuch beschäftigen müssen«, setzte Francesca mit flehender Stimme hinzu. Es war vielleicht ganz nützlich, Fiorella an ihr schlechtes Gewissen zu erinnern. »Bitte, Nonna, gib dir einen Ruck – mir zuliebe!«
    Fiorella gab sich geschlagen. Sie seufzte auf und zuckte ergeben mit den Schultern. »Also gut, wir können es versuchen«, lenkte sie ein. »Bist du wenigstens damit einverstanden, dass wir bis dahin das Necronomicon zu den anderen Büchern deines Großvaters stellen?«
    »Natürlich«, stimmte Francesca sofort zu. Ein warmes Gefühl der Erleichterung durchströmte sie. Sie hatte nicht erwartet, dass ihre Großmutter sich so schnell umstimmen ließ. »In der verschlossenen Vitrine ist es sicherlich am bestenaufgehoben. Außerdem muss ich Gianna dann nicht erklären, warum ich dieses alte Buch mit mir herumschleppe.«
    Und, so fügte sie in Gedanken hinzu, ich muss mit dem Necronomicon nicht in einem Zimmer schlafen! Nach allem, was sie heute mit diesem Buch erlebt hatte, wollte sie es so weit wie möglich von sich entfernt wissen. Am liebsten hätte sie es im nächstbesten Kanal versenkt. Wenn sie an den Unbekannten dachte, der Baldinis Antiquariat verwüstet hatte, war dies wahrscheinlich gar keine schlechte Idee. Vielleicht hatte er Francesca sogar dabei beobachtet, wie sie das Buch an sich genommen hatte? Francesca fluchte innerlich. Sie war so durcheinander gewesen, dass sie nicht einmal darauf geachtet hatte, ob ihr jemand auf ihrem Heimweg gefolgt war.
    »Möchtest du mir vielleicht auch den Schlüssel abnehmen?«, fragte Fiorella mit spitzem Unterton, nachdem sie das Buch verstaut und die Vitrine wieder verschlossen hatten. »Oder vertraut mir meine Enkelin wenigstens so viel, dass ich ihn behalten darf?«
    Francesca verdrehte die Augen. Auch wenn sie ihren Willen durchgesetzt hatte, so hätte sie sich denken können, dass ihre Großmutter dies nicht kommentarlos hinnahm.
    »Es tut mir leid, dass ich gerade so aufbrausend war«, entschuldigte sie sich. »Bis wir mehr über das Necronomicon wissen, sollten wir einfach vorsichtig sein. Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt.«
    »Nun, wenn du meinetwegen so in Sorge bist, kann ich dir wohl schlecht böse sein. Allerdings scheinst du deinerMutter immer ähnlicher zu werden.« Um den Mund ihrer Großmutter spielte ein nachsichtiges Lächeln. »Wenn sie von einer Sache überzeugt ist, lässt sie sich auch nicht mehr umstimmen.«
    »Kann sein.« Francesca grinste. »Aber vielleicht werde ich auch dir immer ähnlicher.«
    »Mir? Was willst du denn damit sagen?«
    »Nichts, nichts«, gab Francesca unschuldig zurück. »Immerhin bist du für deine diplomatischen Fähigkeiten und deine Kompromissbereitschaft ja in ganz Venedig bekannt.«
    Fiorella hob warnend ihren Zeigefinger. »Nun werde mal nicht frech, sonst bekommst du Ärger mit deiner kompromissbereiten Großmutter!« Sie seufzte gequält auf. »Ich werde zu weich. Das muss das Alter sein. Vor ein paar Jahren hätte ich

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