Die Schattenwelt
Elwood. Sie sagte, dass du ihr erzählt hättest, dein Vater sei in Gefahr. Also …«
Er deutete mit der Hand auf Alain.
»Ich wollte nur überprüfen, ob er atmet. Ich habe noch nie jemanden so im Koma liegen sehen. Möchtest du mir erzählen, was hier vor sich geht, Jonathan?«
Jonathan spürte, dass seine Schultern sich entspannten. Miss Elwood hatte ihn also doch noch verstanden. Sein Vater war in Sicherheit. Sie waren alle in Sicherheit. Plötzlich spürte er wieder den pochendenSchmerz in seinem Arm. Trotzdem begann er zu lachen.
»Das würde ich gerne, aber sie würden mir niemals glauben. Es klingt zu verrückt.«
»Nun, dies ist eine verrückte Welt«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
Jonathan wirbelte herum. Eine Gestalt stand, in Schatten gehüllt, im Gang.
»Ah, Jonathan, das ist mein Vorgesetzter«, erläuterte Inspektor Shaw. »Carter Roberts, Leiter der Spezialeinheit.«
Die Gestalt betrat den Raum und Jonathan hielt den Atem an.
Es war Vendetta.
26
In Jonathans Kopf drehte sich alles. Er schnappte nach Luft, wich einen Schritt zurück und deutete auf Vendetta. Inspektor Shaw stand neben dem Bett und sprach unbeirrt weiter.
»Mister Starling reagiert auf keinerlei Reize, Sir. Die Schwestern sagen, er sei seit einigen Tagen in diesem Zustand. Ich glaube trotzdem nicht, dass er in unmittelbarer Gefahr ist.«
»Es ist der da! Er ist die Gefahr!«, rief Jonathan.
Shaw schmunzelte.
»Na, Jonathan, ich glaube nicht, dass du dir wegen Mister Roberts Sorgen machen musst. Er ist ein hochrangiger Polizeibeamter. Er hat die Untersuchung zu deinem Verschwinden geleitet.«
»Aber er ist hinter mir her! Und er ist gekommen, um meinen Dad umzubringen!«
»Tatsächlich war ich es, der Mister Roberts von deinem Vater erzählt und ihn gebeten hat hierherzukommen. Du musst dich beruhigen, mein Junge. Diese unsinnigen Behauptungen helfen uns nicht weiter.«
Vendetta machte eine beschwichtigende Handbewegung.
»Ist schon gut, Inspektor. Nachdem man mich aus dem Bett gezerrt hat, um einen Komapatienten zu bewachen, freue ich mich darauf, dem Jungen zuzuhören.« Er wandte sich lächelnd Jonathan zu. »Also … warum bin ich hinter dir her ?«
»Sie haben nach Ihrem Dolch gesucht, mit dem Sie die Menschen jagen, und deshalb haben Sie Carnegie nach mir suchen lassen, aber Sie wussten nicht, dass wir Freunde sind.«
Er sprach atemlos und die Worte purzelten nur so aus seinem Mund.
»Und dann haben Sie den Dolch zurückgekriegt und sind hierhergekommen, um meinen Vater zu jagen, aber wir haben das herausgefunden, und ich habe es geschafft, Miss Elwood zu warnen, und jetzt bin ich hier, und Sie können nichts machen …«
Inspektor Shaws befremdeter Gesichtsausdruck brachte ihn zum Schweigen.
»Hör zu, mein Junge«, entgegnete der Polizist freundlich. »Ich weiß, du hast eine Menge durchgemacht, aber …«
»Das ist die Wahrheit!«, schrie Jonathan. »Ich schwöre es! Sie müssen mir glauben! Er ist ein Vampir!«
Schweigen herrschte im Raum. Dann erfüllte Vendettas höhnisches Gelächter die Luft.
»Du hast mich erwischt. Schuldig im Sinne der Anklage. Ich bin ein Vampir. Draculas Urenkel oder so ähnlich.«
»Sir, der Junge hat offensichtlich ein paar schwere Tage hinter sich …«
»Ist schon gut, Shaw. Man hat mir schon viel Schlimmeres an den Kopf geworfen.«
Er streckte die Hand nach Jonathan aus, der entsetzt zurückwich.
»Sieh mal, Jonathan. Du bist übel zugerichtet. Jemand muss sich mal deinen Arm ansehen, sieht aus, als wäre er gebrochen. Wir kümmern uns um dich, und dann kannst du Inspektor Shaw erzählen, warum ich ein Vampir bin. Vielleicht nimmt er deine Aussage sogar zu Protokoll.«
Jonathan wich hinter das Bett seines Vaters zurück.
»Nehmen Sie ihre Finger von mir, Vendetta. Ich gehe nirgendwohin.«
Die zwei Männer tauschten Blicke aus. Inspektor Shaw seufzte und stand auf.
»Komm, Junge. Wir haben keine Zeit für solche Spielchen.«
»Das ist kein Spiel! Das Leben meines Dads ist in Gefahr!«
Shaw umrundete das Bett und näherte sich Jonathan. Er hielt die Hände zu einer friedlichen Geste erhoben.
»Wenn wir dich wieder aufgepäppelt haben und du ausgeruht bist, wirst du dich viel besser fühlen. Ich verspreche dir, bei Tageslicht sieht die Welt ganz anders aus.«
Jonathan sah sich panisch nach irgendetwas um, das er als Waffe benutzen konnte, um sich die Polizisten vom Leib zu halten, aber er entdeckte nichts.
»Komm schon. Lass uns einen Kaffee oder etwas
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