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Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Dinge hören. Er wollte zum Beispiel wissen, aus welchem Grund der Pfeifer dazu kam, ein Gewehr zu besitzen, mit dem man ununterbrochen schießen konnte. Und er war kühn genug, eine diesbezügliche Frage zu stellen.
    Michel zögerte mit der Antwort. Sollte er dem Jungen die Wahrheit über den Mechanismus des Gewehrs erklären? Sollte er ihm die Illusion zerstören, daß er mit diesem Gewehr unbesiegbar
    war? Er entschloß sich, dies nicht zu tun; denn er sagte sich mit Recht, daß ein gut Teil seiner
Autorität nur von seinem Gewehr abhing.
Diplomatisch antwortete er:
»Meine Muskete ist zwar ein wunderbares Gewehr; aber auch sie ist von Menschenhand erbaut
worden. Ich schätze mich besonders glücklich, daß mich der Erfinderdieser Waffe für würdig
genug hielt, ein Exemplar davon zu besitzen.«
»Ah, so gibt es noch mehr von dieser Sorte?«
»Sicher wird es noch mehr davon geben«, antwortete Michel. »Aber ich glaube nicht, daß der
Erfinder viele davon aus der Hand gelassen hat.«
»Und warum gerade dir?«
    »Er hielt mich seines Vertrauens für würdig. Er war der festen Überzeugung, daß ich diese fürchterliche Waffe nicht mißbrauchen würde.«
    »Gibt es denn überhaupt Menschen, die ihre Waffen mißbrauchen?«
    »O ja«, antwortete Michel. »Ist nicht jeder Krieg ein Waffenmißbrauch?«
»Habt ihr in Frankistan keine Kriege?«
»Leider, leider nur zu viele.«
    »So! Und wenn ein Soldat auf den ändern schießt, dann ist das Mißbrauch?«
    »Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die meisten Fragen auf der Welt ohne Waffengewalt zu klären sind. Man könnte sich zum Beispiel irgendwo zusammensetzen, um sie zu diskutieren. Für alle Dinge gibt es Lösungen — friedliche Lösungen.«
    »Hieltest du es dann für richtig, wenn alle Waffen auf der Welt verbrannt würden?«
    »Das ließe sich schlecht durchführen; denn es muß ja gejagt werden. Der Jäger braucht sein Gewehr.«
    »Aber solange es überhaupt Waffen gibt, werden die Menschen auch aufeinander schießen !«
Michel nickte ernst.
»Und warum tun sie das?« fragte er dann.
Hassan blickte lange nachdenklich vor sich hin.
    »Ja, warum eigentlich?« fragte er und schwieg. »Siehst du«, sagte Michel, »das ist es, was auch ich nicht weiß. Einen Teil dieses Warums vermag ich zu beantworten. Es ist die Überheblichkeit der Menschen. Du und deine Freunde, zum Beispiel, ihr habt jahrelang andere Menschen gejagt, um sie in die Sklaverei zu verkaufen.« »Das waren doch keine Menschen! Das waren Neger!«
    »Da kommen wir schon zu einem wichtigen Punkt. Wie kommst du dazu, die Neger für
minderwertig zu halten?«
Hassan sah ihn erstaunt an.
    »Wie ich dazu komme, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß sie minderwertig sind.« Michel lachte bitter auf.
    »Solche dumme Vorurteile haben sich durch Generationen in den Menschen festgesetzt. Sie sind nicht herauszubekommen. Nichts ist minderwertig, was lebt, denn sonst würde es nicht leben. Alles, was da ist, erfüllt seinen Zweck. Die Tiere sind nicht minderwertig, weil wir sie erschießen. Wir sind einfach die Stärkeren und brauchen sie zur Nahrung. Ich kann mir nicht vorstellen, daß du zum Beispiel einen Büffel verachtest, nur weil er kein Gewehr handhaben kann.« Hassans Augen blitzten.
    »Ja«, sagte er, »siehst du, genauso ist es mit den Negern. Der Neger kann auch kein Gewehr handhaben, und wir fangen ihn, damit er für uns arbeitet. Das ist doch klar. Das ist logisch.« »Das ist gar nicht logisch. Der Neger hat eine Seele wie du und ich. Er fühlt den Schmerz wie du und ich. Er sorgt im Rahmen seiner Möglichkeiten für die Seinen, wie du für sie sorgst. Der Weiße, der ihm jetzt noch überlegen ist, ihr, die Araber, alle wollen mit dem Sklavenfang verdienen. Ihr verdient, indem ihr sie fangt und verkauft. Der Weiße verdient an ihnen, indem er die gekauften Sklaven als unentgeltliche Arbeitskräfte auf seinen Feldern oder Plantagen einsetzt. Hätte er sie nicht, so müßte er freie Arbeiter bezahlen. Der Unterschied zwischen arm und reich wäre dann nicht so groß, wie er tatsächlich ist, und gäbe nicht Anlaß zu erbitterten Kämpfen. — Sei mir nicht böse, wenn ich das Gespräch für diesmal beende; aber ich glaube es wird gut sein, wenn wir unseren Ritt fortsetzen. Die Pferde sind ausgeruht.«
    Hassan nickte. Er hatte auch kein Bedürfnis, sich länger mit diesem seltsamen Mann zu
unterhalten, dessen Thesen er nur halb verstand. Er würde viel darüber nachzudenken haben, um
das zu verarbeiten,

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