Die Schatzhöhle
Säcke mit den kostbaren Steinen zu entlocken. Mit Vergnügen stellten sie sich vor, wie das Gesicht jenes Mannes ausgesehen haben mochte, als er die Wahrheit erfahren hatte.
Einer von ihnen, Malik el Suwa, Vertrauter des Bej, der des öfteren die Sklavenzüge schon allein geführt hatte, schien mehr zu wissen, als er zuzugeben gedachte.
Je weiter der Zug in das Innere ging, um so klarer wurde es Abu Sef, daß das Land Usamara nicht das eigentliche Ziel des Bej sein konnte. Er enthielt sich jedoch jeder Frage. Dafür beobachtete er scharf.
Als sie zehn Tage so geritten waren, erkannte Abu Sef plötzlich die Gegend wieder. Nicht weit von hier mußte jene Siedlung liegen, die er bei seinem letzten Zug überfallen hatte. Wenn aber die Siedlung der Bantu-Neger in der Nähe lag, so konnte auch die natürliche Lavastraße nicht entfernt sein. Der Weg durch Sumpf und Dschungel war mühselig. Es würde nicht lange währen, so würden sie über einige Steppengebiete traben müssen. Granitfelsen und morastige Flächen würden sich abwechseln.
Abu Sef hielt es für richtig, auf die Lavastraße aufmerksam zu machen, die in der Nähe vorbeiführen mußte. »Und in welcher Richtung geht diese Straße?« fragte Imi Bej. »Soweit ich unterrichtet bin, immer nach Nordwesten.« »Ich danke dir, daß du mich darauf aufmerksam gemacht hast.«
Abu Sef aber dachte gar nicht daran, sich jetzt zurückzuziehen. Er fragte vielmehr:
»Wollen wir sie nicht suchen?«
»Nichts überstürzen, lieber Freund«, lächelte Imi Bej.
»Aber wir schonen unsere Pferde und sparen unsere Kräfte!«
»Ich werde es mir überlegen«, antwortete Imi Bej, und diesmal war sein Ton ziemlich
unfreundlich.
Abu Sef zog sich brummend zurück.
Imi Bej ließ Ugawambi rufen.
»Bist du je in dieser Gegend gewesen?« fragte er.
Ugawambi nickte eifrig.
»So, dann mußt du ja eine sogenannte natürliche Lavastraße kennen. Gibt es eine solche hier?«
»Ja, natürlich gibt es diese hier. Es ist noch nicht sehr lange her, da wurden Abu Sef und seine
Leute auf dieser Straße überfallen.«
»Und wie weit geht diese Straße?«
»Das weiß ich nicht. Ich selbst bin nie auf ihr geritten. Ich habe nur meinen Massa und dessen Freund von ihr sprechen hören.«
Imi Bej wiegte nachdenklich den Kopf im Rhythmus des Trabes. Es war jetzt vielleicht die beste Gelegenheit, dem Schwarzen verständlich zu machen, daß man ihn mitgenommen und an dem Geschäft beteiligt hatte, weil man ein ganz bestimmtes Ziel verfolgte, das nur er kannte. Der Trick mußte gelingen.
»Würdest du es für richtig halten, Ugawambi, der Lavastraße zu folgen?« »Warum nicht? Sie ist sicherlich bequem.«
»Bequem schon; aber die Frage ist, ob wir auf ihr zum Ziel gelangen.« Gespannte Erwartung lag in Imi Bej s lauerndem Blick.
Imi Bej war klug genug gewesen, nie von einem bestimmten Ziel seines Zuges zu sprechen. Und er hatte es verstanden, den langen Schwarzen mit der zerzausten Perücke so einzulullen, daß dieser nie auf die Idee gekommen war, sich danach zu erkundigen. Ugawambis Gedanken drehten sich ausschließlich um den Whisky, den er zur Zeit nicht hatte, dessen Mengen sich aber aus dem zu erwartenden Geschäft noch gar nicht absehen ließen.
Bisher war auf dem ganzen Zug kein Wort über den »Berg der bösen Geister« gefallen. Ugawambi schien plötzlich vergessen zu haben, daß er nicht den Pfeifer führte, sondern Imi Bej. Die vertraute Gegend, die in der Nähe vorbeiführende Lavastraße, das Dorf, in dem sie seinerzeit die erste Rast gemacht hatten, alles das zusammen wirkte so auf ihn, daß er gar nicht auf den Gedanken kam, man könnte eine andere Richtung als die zum Kilimandscharo einschlagen. Und so erwiderte er denn ahnungslos auf Imi Bejs Frage:
»Wir können der Straße bestimmt ein Stück folgen. Später weiß ich dann schon den richtigen Weg. Wir müssen nur sehen, daß wir die nordwestliche Richtung nicht verfehlen.«
Imi Bej jubelte innerlich. Sein Vorhaben war gelungen. Nordwestliche Richtung, dachte er; nun, diese einzuhalten würde nicht allzu schwer sein.Ugawambi bekam plötzlich große Augen. Erschrocken starrte er seinen Geschäftspartner an. Zum Teufel, wie war er nur auf den Gedanken gekommen, von einer ständigen nordwestlichen Richtung zu sprechen? Zwischen ihm und Imi Bej war doch nie die Rede von dem »Berg der bösen Geister« gewesen! Aber genau auf diesen Berg würde man stoßen, wenn man in der angegebenen Richtung weiterzog !
Ugawambi war verwirrt. Das
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