Die Schatzhöhle
stolperte in seine Kabine, wo er erschöpft aufs Bett fiel.
Als Ojo etwas Luft hatte, suchte er den Pfeifer vergeblich. Es lagen genug zerfetzte Leiber an Deck herum. Und es war durchaus möglich, daß sich sein geliebter Señor Doktor unter ihnen befand. Eine unbändige Wut stieg in dem treuen Spanier auf. Mit Riesenschritten rannte er zu Señor Virgen.
»Der Señor Doktor ist tot ! Ihr habt ihn auf dem Gewissen! Ihr und die Hunde, die da immer noch von See her feuern. Los, so nehmt jetzt Kurs aufs offene Meer, wenn Ihr nicht wollt, daß ich Euch an Ort und Stelle erwürge!«
Virgen versuchte den Rasenden zu beschwichtigen; aber er stand schon wieder draußen und
donnerte :
»Enter auf. Alle Segel setzen!«
Soweit die Leinwand an den Rahen noch vorhanden war, nahm sie den Wind auf. Virgen
manövrierte zitternd an der brennenden »Dimanche« und an der auf Grund gesackten »Mapeika«
vorbei.
Vorerst schwiegen die Kanonen.
Dann fuhren sie um die Biegung des Flusses und sahen im Mondlicht das Schiff Hassans. Ojo stand ganz vorn am Bugspriet und starrte auf den
Gegner. Die Kanoniere hockten hinter den Buggeschützen und warteten auf den Feuerbefehl. Er kam.
Mit diesem plötzlichen Überfall hatte man drüben nicht mehr gerechnet. Hassan, der sich an Bord befand, war so erschrocken, daß er zunächst stumm in die feindlichen Mündungsfeuer blickte.
Und die Kugeln der »Trueno« saßen haargenau. Man zielte gar nicht erst auf die Aufbauten. Niemand hatte Lust, den Gegner auf Piratenweise zu entern. Jeder war begierig darauf, ihn so schnell wie möglich in den Grund zu bohren.
Fünf-, sechsmal schoß Hassans Schiff noch. Dann stieg Geschrei auf und Ojo sah, wie es sich
zur Seite neigte.
Ein paar Minuten später war es versunken.
Auch diesmal hatte die »Trueno« gesiegt.
15
Als Hassan von See aus die Schlacht eröffnet hatte, richtete sich naturgemäß die
Aufmerksamkeit aller auf diesen Überfall. Nicht ein einziger hatte sich um den kranken Fernando und Taitscha, die Tochter des Inselkönigs, gekümmert.
Der erste Schuß zauberte ein freudiges Erschrecken auf das Gesicht des schönen Mädchens. Jetzt begann die große Abrechnung. Und jetzt begann auch Taitscha zu leben.
Als die ersten Aufbauten zusammenstürzten, als das Durcheinander begann, zerrte die Eingeborene mit kräftigen Armen Fernando von seinem Lager. Er wehrte sich nicht. Er schien sogar die Lage zu erfassen. Seine brennenden Blicke hingen an ihr. Aber es stand keine Frage darin, nur eine große Verwunderung.
Taitscha riß ihn aus der Kabine in den Gang. Abwartend blieb sie für Sekunden stehen und horchte. Durch den Lärm vernahm sie das Knarren und Quietschen des Ankerspiels. Sie wußte zwar nicht, was das war, witterte aber instinktiv, daß etwas geschah, was ihr die Flucht von Bord vielleicht abschneiden konnte.
So sprang sie, den willenlosen Fernando immer mit sich ziehend, die Stiege empor und erreichte das Oberdeck.
Sie sah das Mündungsfeuer der Landgeschütze. Auf dieser Seite war es zu hell.
So zog sie Fernando nach drüben, stieß ihn, ohne viel Federlesens über Bord und sprang sofort hinterher. Immer in enger Verbindung mit ihm, erreichte sie das jenseitige Ufer, zog sich und ihn empor und suchte Deckung hinter einem Gebüsch. Trotz der Nässe ertrug sie die kühle Nachtluft, ohne zu frieren.
Fernandos Zähne schlugen im Frost aufeinander. Er lag im Gras neben ihr wie ein hilfloses,
krankes Baby neben seiner Mutter.
Taitscha wartete ab, wie sich die Schlacht entwickelte.
Sie unterdrückte einen Triumphschrei, als die »Mapeika« auf Grund ging. Heftig zuckten ihre Lippen, und freudige Erregung stand in ihren Augen, als die Pulverkammer auf der »Dimanche« explodierte und das Schiff wie eine riesige lodernde Fackel auf dem Fluß stand. Das war ein grandioses Feuerwerk!
Sie wartete voller Ungeduld auf das Ende des dritten Schiffes. Deutliche Enttäuschung malte sich auf ihrem Gesicht, als dieses über die Kanonen an Land Sieger blieb.
Aber nun lief es aus. Draußen war Tuan Hassan. Er würde auch ihm den Rest geben.
Das Mädchen spürte jetzt die Wärme der Feuersbrunst von der »Dimanche« bis zu sich herüber.
Sorgend schob sie den ohnmächtigen Geliebten in die Nähe des brennenden Schiffes, damit auch
er sich wärmen könne.
Das Mondlicht wurde immer heller.
16
Tunatatschi hatte noch vor dem Transport der Kanonen seine treuesten Krieger um sich versammelt. Lange sprach er mit seiner gutturalen Stimme zu
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