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Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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er sie um, trat ihnen in den Hintern und brüllte mit donnernder Stimme:
    »An die Arbeit, ihr Faulpelze ! Und wehe, ich erwische euch beim Nichtstun!«
    Die beiden trollten sich, und auch in die anderen kam auf einmal Leben. Sie spürten, daß es auch
nach der Katastrophe, zu deren Überlebenden sie gehörten, doch noch eine feste Hand gab, die
sie zu führen vermochte.
»Wo ist eigentlich die Señorita?« fragte Jardín.
Ojos Augenbrauen zogen sich finster zusammen.
»Hoffentlich hat sie der Teufel geholt!«
»Wie kannst du so etwas sagen, Diaz.«
»Demonio, sie allein ist schuld daran, daß wir den Pfeifer verloren haben und daß die Schlacht
verlustreich für uns ausgegangen ist!«
»Hast du sie nicht mehr gesehen?«
»Doch. Bis zum Schluß stand sie auf der Brücke.«
»So wird sie in ihrer Kabine sein.«
»Da soll sie am besten bleiben.«
Sie schwiegen.
    Erst als die Männer mit Leinentüchern wiederkamen und die Leichen darin einnähten, brach Jardín das Schweigen.
    »Einige von uns sollten doch einmal an Land gehen, um nach unseren Freunden zu sehen. Ich
glaube nicht, daß sie alle gefallen sind. Der Fluß ist nicht so breit, als daß sie sich nicht ans
jenseitige Ufer hätten retten können.«
Ojo nickte.
    »Es wird Zeit, daß sich die Gräfin sehen läßt, wenn der Teufel versäumt hat, sie zu holen. Du siehst, wie knurrig unsere Burschen sind. Irgend jemand muß jetzt den Oberbefehl übernehmen.« »Tu du's«, bat Jardín.
    »Werde mich hüten. Wenn sie dann doch noch erscheint, hetzt sie die Leute womöglich gegen
mich. Wo ist Virgen?«
Sie sahen, daß das Steuerrad festgelascht war.
»Der wird schlafen«, meinte Jardín.
»Zum Teufel, alle schlafen! Jeder pennt, und niemand denkt daran, wie es weitergehen soll ! Ich
habe noch kein Auge zu getan!«
»Dann wird es Zeit«, sagte eine helle Stimme hinter ihnen.
Sie fuhren herum und blickten Marina gerade ins Angesicht.
Da stand sie, schlank, frisch und schön wie immer.
»Guten Morgen«, meinte sie. »Ziemlich viel Tote, was?«
»Kein Wunder bei Eurer Führung«, brummte Ojo.
»Ihr seid schlecht gelaunt, wie?«
    »Schlecht gelaunt ist nicht genug. Ich platze fast vor Wut, wenn ich mir vorstelle, daß mein Señor Doktor Euretwegen nicht mehr lebt!«
    Marinas Augen wurden riesengroß. Alles Blut wich aus ihrem Gesicht. Ihre soeben noch roten
Lippen wurden bleich und zitterten.
»Was sagt Ihr? Miguel ist tot? Wo — wo ist er?«
»Ich habe ihn nicht identifizieren können. Viele Leichen sind bis zur Unkenntnis verstümmelt«,
antwortete Ojo mit belegter Stimme.
»Nein«, schrie Marina auf, »nein, nein, nein!«
    Mit irrem Ausdruck wanderten ihre Augen über Deck, dorthin, wo die Toten eingenäht wurden.
    Plötzlich ließ sie die beiden stehen und stürmte zu den Piraten. Sie starrte jedem Toten ins Gesicht oder das, was davon noch übrig war. Das Grauen schüttelte sie. So — so also hatte Miguel geendet?
    Sie schwankte. Sie mußte sich an der Reling festhalten, um nicht zu fallen. Sie spürte das Meer auf sich zukommen, streckte beide Hände vor, spreizte die Finger und schrie angstvoll auf. Dann schlug sie auf die Planken, und eine Ohnmacht nahm sie gefangen.
    »Verrücktes Weib«, knurrte Ojo. »Erst hetzt sie ihn in den Tod, und dann kriegt sie einen Schlaganfall !« »Sie muß ihn sehr geliebt haben«, sagte Jardín ehrfürchtig.
    »Unsinn«, entgegnete Ojo. »Bleib mir doch mit einer solchen Liebe vom Leibe! Da kann ja ein vernünftiger Mensch nicht mehr herausfinden, was Liebe und was Haß ist!«
    »Das ist vielleicht auch nicht immer ganz leicht«, philosophierte Jardín.
    »Ich danke schön. Wollte auch mal immer heiraten. Aber wenn ich sowas sehe, dann lasse ich lieber die Finger davon. Ich stelle mir vor: ein kleines Haus, ich steh in der Küche und turtele mit meiner Alten, weil mir der Bratenduft in die Nase steigt. Da dreht sie sich um, haut mir die Pfanne über den Kopf und behauptet hinterher, das wäre Liebe. Nein, vielen Dank.«
    Sie hörten einen ungleichmäßigen Schritt im Rücken. Es war, als humpelte jemand. Sie wandten sich um. Ojo stieß einen Schrei aus. »Señor Doktor — Señor Doktor! Ihr lebt? Ihr seid nicht tot?« Der Pfeifer stand da, auf sein Gewehr gestützt, und lächelte.
    »Ich bin es wirklich, amigo. Ich habe ein wenig geschlafen. Nur mein rechtes Bein hat etwas abbekommen. Wahrscheinlich ist mir irgendein herumfliegendes Holzstück dagegen gefallen.« »Die Rahe«, sagte Ojo, »die Rahe. Fast hätte sie Euch erschlagen.

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