Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
Vergangenheit hatte ihn gelehrt, daß nicht alle Menschen friedlich waren. So hatte er jedem Jäger im Dorf befohlen, zugleich auch Krieger zu sein.
    Die jungen Burschen folgten dem Befehl nur zu gern. Und immer, wenn sich eine Gelegenheit bot, übten sie sich mit Eifer in der Handhabung der Waffen.
    »Ich glaube nicht«, hatte der Häuptling Baluba gesagt, »daß wir hier für immer von den Bluthunden verschont bleiben. Sie werden wiederkommen; denn die Küste ist nicht weit. Die Ruhe in unserem Land scheint zu sterben. Wir müssen bereit sein, uns unserer Haut zu wehren.« »Laß sie nur kommen«, sagte Unogi zu seiner jungen Frau Zapa, »ich werde Dutzende von ihnen zu den Geistern schicken. Sie sollen sterben wie die Wasserpferde, schnaufend und pustend.« Unogi war nicht älter als fünfzehn Jahre und Zapa nicht älter als zwölf. Aber sie mußten leben wie vollgültige Männer; denn die mittleren Generationen waren irgendwo in der Welt und leisteten Frondienste für die, die sie gekauft hatten.
    »Ich hoffe, sie finden uns nicht«, seufzte Zapa. »Denn sie werden uns trotz deines Bogens überlegen sein. Wir können nichts gegen sie ausrichten. Vielleicht fangen sie uns zusammen, so daß ich immer bei dir bleiben kann.«
    »Sprich nicht so«, empörte sich Unogi. »Sieh die Spitzen meiner Pfeile an. Sie sind scharf wie Fischgräten. Wem sie sich ins Herz bohren, der ist verloren.« Sie nickte nur.
    Der Regen prasselte auf die Schilfblätter. Die gedrückte Stimmung Zapas war durchaus verständlich. Bei diesem Wetter fühlt sich ein empfindsamer Mensch hilflos und verloren. Und Zapa war empfindsam. Sie war der Stolz des ganzen Dorfes; denn ihre Schönheit gab es nur alle hundert Jahre einmal. Ihre Hautfarbe war heller als die der anderen Frauen. Ihr Lippen waren schmal und nicht aufgeworfen.
    Man munkelte, daß ihr Vater einer der Sklavenjäger gewesen sei. Aber niemand wußte es genau. Sie hielt mitten in der Arbeit inne und stutzte. Lauschend neigte sie den Kopf. »Was hast du?« fragte Unogi. »Mir war, als sei draußen ein fremdes Geräusch gewesen.«
    Auch Unogi lauschte; aber er vernahm nichts als das eintönige Trommeln des Regens.
»Es ist nichts«, meinte er. »Bei diesem Wetter kann man auch andere Geräusche gar nicht
unterscheiden.«
»Ich fürchte mich«, sagte Zapa.
    »Aber ich bin doch bei dir. Die bösen Geister kommen nicht«, meinte er im Brustton der Überzeugung.
    »Ich fürchte mich nicht vor den Geistern. Es ist etwas anderes. Ich spüre, daß es etwas anderes ist.«
    Er zuckte die Schultern. Er war ein Mann. Und ein Mann durfte sich nicht von der Angst einer Frau anstekken lassen. Sicher, er hätte nach draußen gehen können, um nachzusehen, ob es tatsächlich etwas gab. Aber es war Mittag, und der Regen war naß. Er widmete sich wieder dem Schnitzen von Pfeilen.
    Eine Weile verging. Zapa kroch immer mehr in sich zusammen. Plötzlich fuhr sie auf.
»Da — da ist es wieder! — Hörst du nichts?«
»Nein!«
»Doch — doch — jetzt!«
    In ihr letztes Wort hinein knallte ein Schuß. Dann schien mit einemmal die Hölle loszubrechen. Rings um das Dorf erhob sich Geschrei.
    Die Bewohner kamen grau vor Schrecken aus den Schilfhütten. Zuerst glaubten sie nicht, was sie sahen.
    Bärtige Männer stürmten auf sie zu, ergriffen sie, betrachteten sie, und wenn sie ihnen nicht gefielen, stießen sie ihnen ein Messer ins Herz, ließen sie liegen und wandten sich lachend dem oder der nächsten zu, um dort genauso zu verfahren oder ihn vor sich herzustoßen, in die Arme von anderen Männern. Die arabischen Sklavenjäger waren da.
    Die zweijährige Ruhe war dahin. Wieder war das Dorf zum Ziel einer Sklavenkarawane geworden.

    31

    Zapa drückte sich zitternd an Unogi.
    »Siehst du«, flüsterte sie, »ich habe es gesagt! Ich habe solche Angst!«
    Unogi konnte darauf nicht viel sagen; denn in ihm sah es ähnlich aus. Da hatten sich die Männer des Dorfes im Waffenhandwerk geübt und waren zu Kriegern geworden! Und nun wurden sie ahnungslos in den Hütten, am häuslichen Herd, gefangengenommen oder ermordet. Es war nicht zu fassen. Der böse Geist wollte die schwarzen Kinder der Erde vernichten. Aber warum — warum?
    Diese Frage legten sich im Augenblick auch die Menschen in den anderen Hütten vor. Anstatt zu handeln saßen sie da, fassungslos, und fragten nach dem Warum.
    Unogi hatte eine Hand um seine kleine Frau gelegt. Die andere hielt Pfeil und Bogen. Wenn einer in die Hütte kam, würde er

Weitere Kostenlose Bücher